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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des P in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. Juli 1992, Zl. III-4609/91, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042, verwiesen.
Der Beschwerdeführer, ein Immobilienhändler, beantragte am 17. April 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft B neuerlich, nach Abweisung seines seinerzeitigen Ansuchens im vorangegangenen Verfahren, die Ausstellung eines Waffenpasses und brachte zur Begründung insbesondere vor, er transportiere des öfteren Waffen, Munition und größere Geldbeträge. Gleichzeitig legte er eine Bestätigung der Fa. X in B, vor, wonach er des öfteren aushilfsweise beim Transport von Waffen und Munition bei diesem Unternehmen tätig sei.
Die Bezirkshauptmannschaft B als Behörde erster Instanz versagte mit Bescheid vom 8. Oktober 1991 dem Beschwerdeführer die Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 WaffG 1986, BGBl. Nr. 443/1986.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid.
Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, vom Vorliegen besonderer Gefahren i.S. der §§ 17 Abs. 2, 18 WaffG könne nur dann die Rede sein, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich überstiegen. Wenn in diesem Zusammenhang an das Kriterium der Erheblichkeit auch kein überspitzter Beurteilungsmaßstab anzulegen sei, so müsse für die Annahme eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf die Erteilung eines Waffenpasses im Sinne des § 17 Abs. 2 erster Satz des Waffengesetzes doch das Vorhandensein der Gefahrenlage gefordert werden, die sich von dem Sicherheitsrisiko, dem jeder außerhalb des Wohn- und Betriebsbereiches ausgesetzt sei, in deutlich erkennbarer Weise abhebe. Zudem setze die Bejahung der Bedarfsfrage im Sinne der zuletzt zitierten Gesetzesstelle auch voraus, daß die Gefahr eine solche sei, der unter Berücksichtigung aller im Einzelfall maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten nur mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet werden könne.
Die Berufungsbehörde gehe davon aus, daß der Beschwerdeführer ein- bis zweimal in der Woche M X beim Waffentransport von seinem Geschäft in B zum Schießstand in B, behilflich sei. Dabei werde jeweils eine unterschiedliche Anzahl diverser Schußwaffen transportiert. Der Berufungswerber fühle sich seinem Freund M X gegenüber sittlich verpflichtet, ihm behilflich zu sein, zumal dieser über keinen Angestellten verfüge, der diese Aufgabe übernehmen könnte. Der Berufungswerber führe somit keine Waffentransporte alleine durch, sondern sei jeweils nur Begleiter des M X. Dieser sei im Besitz eines Waffenpasses. Der niederschriftlichen Aussage des M X könne entnommen werden, daß er selbst im Zusammenhang mit den Beförderungen KEINE besondere Gefährdung erblicke. Es sei nicht zu erkennen, daß X und, erst recht nicht, der Beschwerdeführer einer besonderen Gefahr ausgesetzt seien. Zum einen sei notorisch, daß zumindest in den letzten 20 Jahren in Vorarlberg keine Überfälle oder ähnliche Zwischenfälle auf Waffentransporte stattgefunden hätten, zum anderen handle es sich bei dem zu durchfahrenden Gebiet keineswegs um ein solches mit erhöhter Kriminalitätsrate. Überdies könne eine Gefahrenlage dadurch abgewendet werden, daß die Waffentransporte zur Tageszeit durchgeführt werden. Zur Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens gemäß § 17 Abs. 2 WaffG sehe sich die belangte Behörde nach Interessenabwägung nicht veranlaßt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 2 WaffG 1986 hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen.
Nach § 18 WaffG 1986 ist ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 WaffG 1986 insbesondere dann als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.
Die Umschreibung des Bedarfsbegriffes in § 18 WaffG ist - worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat - zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur dann die Rede sein kann, wenn die Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Wenngleich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Beurteilung der Erheblichkeit kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen ist, so muß für die Annahme des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für den Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses immerhin das Vorhandensein einer Gefahrenlage gefordert werden, die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann außerhalb seines Wohn- und Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt (vgl. etwa hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/01/0197).
Zudem setzt die Bejahung der Bedarfsfrage auch voraus, daß die Gefahr eine solche ist, der unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, d.h. mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen, wirksam begegnet werden kann (vgl. u.a. hg. Erkenntnis vom 7. Juni 1977, Zl. 398/77, und das bereits zitierte Erkenntnis vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/01/0197).
Der Beschwerdeführer hat das Vorliegen eines besonderen Bedarfes i.S. des § 18 WaffG damit begründet, daß er - aufgrund eines Dienstverhältnisses - dazu verpflichtet sei, mit dem Inhaber eines Waffengeschäftes Waffen, Munition und größere Geldbeträge zu transportieren; er gehe davon aus, daß die Bewaffnung eines Transporteurs die Sicherheit zumindest für die von ihm beförderten Waffen erhöhe und die Ausstellung eines Waffenpasses daher geeignet sei, die letztlich auch für die Allgemeinheit Gefahr, daß Waffen geraubt werden, zu vermindern.
Entgegen seiner Darstellung ist aber die belangte Behörde in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Angaben des M X NICHT davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer in einem (wie immer gearteten) Dienstverhältnis zu diesem stehe, welches ihm gestatte, die zugunsten befugter Gewerbetreibender (§ 131 GewO 1973) vorgesehene Ausnahmebestimmung (§ 31 WaffG 1986) in Anspruch zu nehmen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich im Bereich des Schießstandes tatsächlich "Gesindel" herumtreibt, reichen doch bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derartig verdichten, daß sich schlüssig eine KONKRETE Gefährdung ergibt (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/01/0197). Für den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2 iVm § 18 WaffG ergibt sich in Einschränkung des ansonsten im Bereich des Verwaltungsverfahrens allgemein geltenden Offizialprinzips, daß es Sache des Beschwerdeführers ist, das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen bzw. die gemäß § 18 WaffG geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen darzutun, woraus konkret für seine Person eine besondere Gefahrenlage abzuleiten sei, und daß es sich hiebei um eine solche Gefahr handle, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe zu begegnen sei (vgl. Erkenntnisse vom 22. Mai 1985, Zl. 83/01/0330, und vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0394).
Der Gerichtshof vermag bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage auch keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende unrichtige Anwendung des § 17 Abs. 2 zweiter Satz in Verbindung mit § 18 WaffG 1986 zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010797.X00Im RIS seit
25.04.2001Zuletzt aktualisiert am
18.03.2009