TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/16 93/01/0761

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Veröffentlicht am 16.09.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Juni 1993, Zl. 4.279.228/3-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides kann von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden:

Der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger ungarischer Nationalität, der am 17. Juli 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist - hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. November 1990, mit dem festgestellt worden war, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 14. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG, gestützt auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, zurück.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. ist einem Flüchtling dann kein Asyl zu gewähren, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Der Beschwerdeführer hatte bei seiner niederschriftlichen Befragung am 27. Juli 1989 angegeben, daß er sich von Ende Juli 1988 bis 17. Juli 1989 in Ungarn aufgehalten habe. Sein Aufenthalt sei den ungarischen Behörden bekannt gewesen und von diesen geduldet worden, da sich der Beschwerdeführer bei der Budapester Polizei als Flüchtling gemeldet habe. Des weiteren sei ihm von den ungarischen Behörden auf Antrag ein Reisedokument ausgestellt worden. Im Hinblick auf die Angaben des Beschwerdeführers ging die belangte Behörde davon aus, daß für den Beschwerdeführer in Ungarn Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vorgelegen sei. Er habe daher nicht befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe nach Rumänien abgeschoben zu werden, weshalb die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft nicht weiter prüfte.

Daß aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich sei, welchen "Bescheid der Sicherheitsdirektion" die Behörde überprüft habe, stellt im Hinblick auf die im hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1992, Zl. 92/01/00834, näher angeführten Gründe, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers dar, da zwar die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides fehlt, sich dieser aber eindeutig aus der Bescheidbegründung ergibt. Auch die Beschwerde zeigt, daß für den Beschwerdeführer kein Zweifel bestand, daß mit dem angefochtenen Bescheid über die angeführte Berufung entschieden wurde.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die Behörde ihre Entscheidung auf seinen Aufenthalt in Ungarn gestützt habe, ohne zu überprüfen, weshalb er sich in dieser Zeit in Ungarn aufgehalten habe, und ohne ihn darüber zu befragen, ob er tatsächlich vor Verfolgung sicher gewesen sei bzw. Asylschutz genossen habe. Hätte man ihn dazu befragt, hätte er darauf hinweisen können, wieso ihm damals eine Weiterfahrt nach Österreich nicht möglich gewesen sei und warum er in Ungarn nicht um politisches Asyl angesucht habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) ist Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgestz 1991 anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (siehe RV 270 Blg. Nr. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den ungarischen Behörden bekannt und von diesen geduldet war, war doch die demnach anzunehmende Verfolgungssicherheit ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er sein Heimatland verlassen hatte. Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargetan, welche Gründe ihn gehindert hätten, in Ungarn allenfalls länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen. Die aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers bei der Ersteinvernahme gezogene Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß Verfolgungssicherheit für den Beschwerdeführer in Ungarn bestanden habe, kann nicht als unschlüssig angesehen werden. Das Kriterium der Verfolgungssicherheit im § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 verlangt nicht, daß dem Asylwerber in dem anderen Staat Asyl gewährt wurde.

Zur Auffassung des Beschwerdeführers, daß Ungarn die Genfer Flüchtlingskonvention erst Ende Oktober 1989 ratifiziert habe, ist klarzustellen, daß die Genfer Flüchtlingskonvention gemäß Art. 43 für jeden Staat, der nach Hinterlegung der 6. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde diese ratifiziert hat oder dieser beigetreten ist, am 90. Tag nach dem Tag der Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde durch diesen Staat in Kaft tritt. Nachdem Ungarn am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde der Konvention hinterlegt hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992), ist dieses Abkommen für Ungarn am 12. Juni 1989 in Kraft getreten, also noch zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat.

Sofern sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß er sich wegen der zahlreichen in Ungarn befindlichen Rumänen, insbesondere "Securitateangehörigen", nicht sicher gefühlt habe und es zu zahlreichen "unliebsamen Vorfällen, die bewirkten, daß politisch verfolgte Personen auch in Ungarn vor den Geheimdienstaktivitäten nicht sicher waren", gekommen sei, kommt diesem Vorbringen schon deshalb keine Berechtigung zu, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, von einem solchen Vorfall konkret betroffen gewesen zu sein. Auf die Frage, ob es in einem anderen Staat im Sinne von § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 überhaupt eine als Grund im Sinne der Flüchtlingskonvention relevante Verfolgung durch den Heimatstaat geben kann, war daher nicht einzugehen.

Auch der Behauptung, die belangte Behörde habe einzig aus dem Umstand, daß sich der Beschwerdeführer in einem anderen Staat aufgehalten habe, abgeleitet, daß Sicherheit vor Verfolgung vorliege, genügt es im Lichte der bisherigen Ausführungen darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer - wie bereits dargelegt - keinerlei konkrete Umstände vorträgt, wonach er in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen wäre.

Da sohin der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010761.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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