TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/21 93/04/0003

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Veröffentlicht am 21.09.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §13 Abs4;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der G in A, vertreten durch DDr. M, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. November 1992, Zl. 314.477/11-III/4/92, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in der gegenständlichen Verwaltungssache im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Ausübung des Buch-, Kunst- und Musikalienhandels, beschränkt auf den Einzelhandel mit Kunstbildern, im Standort A, R-Straße, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 entzogen.

Dieser Bescheid ist aufgrund einer seitens der nunmehrigen Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1992, Zl. 92/04/0019, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden, wobei hinsichtlich der hiefür maßgebenden Verfahrenslage zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses hingewiesen wird. In den Entscheidungsgründen wurde nach Darlegung der Rechtslage ausgeführt, der belangten Behörde hätte es im Rahmen ihrer amtswegigen Erhebungspflicht oblegen, die ihr zumindest aufgrund der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie des Beweisvorbringens der Beschwerdeführerin möglichen Feststellungen im Zusammenhalt mit den konkursgerichtlichen Beschlüssen in Ansehung der damaligen wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin zu treffen, da erst dann eine zureichende Beurteilung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der eingangs zitierten Gesetzesstellen vorgenommen hätte werden können bzw. die Entbehrlichkeit weiterer Beweisdurchführungen hätte schlüssig begründet werden können.

Mit dem nunmehr ergangenen Ersatzbescheid vom 18. November 1992 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wie in seinem obengenannten Bescheid vom 4. Dezember 1991. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, schon während des vorinstanzlichen Verfahrens habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, daß die am 25. November 1986 vor dem Kreisgericht A erfolgte Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen zu Zl. 20 Nc nnn/86 auf den zu Zl. S mm/86 vor dem Kreisgericht A eröffneten Konkurs über das Vermögen ihres Gatten zurückzuführen sei. Die von ihr betriebene Galerie sei nämlich vom Masseverwalter in die Konkursmasse ihres Gatten miteinbezogen worden, obschon es sich um völlig getrennte Unternehmungen gehandelt habe. Der Umfang der Konkursmasse sei eine vom Konkursgericht zu beantwortende Rechtsfrage. Da nach Mitteilung des Masseverwalters eine "räumliche oder organisatorische Trennung in personeller Hinsicht zwischen dem Versicherungsbüro und der Galerie nicht festgestellt werden könne" und darüberhinaus beide Unternehmen im Mezzanin des Hauses R-Straße betrieben würden, sich überdies aus dem Pfändungsprotokoll weiters ergeben habe, daß wiederholt Kunstgegenstände auch für Schulden des Gemeinschuldners (Gatten der Berufungswerberin) gepfändet worden seien, sei das Konkursgericht als zur Lösung dieser Rechtsfrage zuständige Behörde zum Schluß gekommen, daß die Galerie pfändbares Vermögen des Gemeinschuldners (Gatten der Beschwerdeführerin) im Sinne des § 1 KO und somit als Bestandteil der Konkursmasse anzusehen sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Beschluß des Kreisgerichtes A vom 3. Dezember 1986, GZ. S mm/86-10, mit welchem der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Aussonderung der Galerie aus der Konkursmasse abgewiesen worden sei, als rechtskräftige Lösung der Rechtsfrage, welche für die nunmehr erkennende Verwaltungsbehörde (lediglich) eine Vorfrage darstelle, anzusehen, sodaß diese Rechtsfrage von der belangten Behörde nicht neuerlich bzw. anders gelöst werden könne. Im Strafverfahren des Kreisgerichtes A gegen den Ehegatten der Beschwerdeführerin habe der Sachverständige Dr. E in seinem Gutachten ausgeführt "G war Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, beschränkt auf den Einzelhandel mit Kunstbildern ...; auch gegen G wurden ab 1983 mangels Zahlung Fahrnisexekutionen beantragt". ... "zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung (Zl. S mm/86 des Kreisgerichtes A) betrugen die Bank- und Lieferverbindlichkeiten der Galerie über S 1,8 Millionen; diesem Fremdkapital stand ein Umlaufvermögen von lediglich S 320.000,-- gegenüber; im Jahr 1984 beantragten Gläubiger 16, im Jahr 1985 17 Exekutionen gegen G mangels Zahlung der fälligen Verbindlichkeiten; im Jahr 1986 erhöhten sich die Anträge auf 54. Bei Berücksichtigung dieser Fakten war auch die Galerie spätestens Ende 1985 zahlungsunfähig und dies mußte dem Beschuldigten sowie seiner Ehegattin auch bekannt sein". Daraus ergebe sich eindeutig, daß die Zahlungsunfähigkeit der Galerie jedenfalls vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gatten der Beschwerdeführerin am 11. November 1986 eingetreten sei, sodaß diese Konkurseröffnung nicht ursächlich für die Stellung des Konkursantrages über ihr Vermögen gewesen sein könne. Das in der Stellungnahme vom 27. Juli 1992 von der Beschwerdeführerin ebenfalls unter dem Titel des qualifizierten Drittverschuldens im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 nunmehr erstattete Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei durch (gemeint offensichtlich strafgesetzwidrige) Handlungen ihres Gatten, welcher als künstlerisch und kaufmännisch Verantwortlicher die Galerie geleitet habe, geschädigt worden, sei unter dem Blickwinkel erstattet worden, daß der Gatte der Beschwerdeführerin offensichtlich als deren Bevollmächtigter tätig geworden sei. Die Tathandlungen des Ehegatten der Beschwerdeführerin hätten im wesentlichen darin bestanden, daß er kommissionsweise zum Verkauf übernommene Bilder veräußert und den Veräußerungsgewinn nicht an die Einbringer dieser Bilder abgeführt habe. Bei wirtschaftlicher Betrachtung zeige sich, daß durch diese Vorgangsweise vorerst die Einbringer dieser Bilder geschädigt worden seien. Bei zivilrechtlich korrekter Vorgangsweise hätte der Ehegatte der Beschwerdeführerin den Veräußerungsgewinn mit Ausnahme der Kommissionsgebühren an die Einbringer der Bilder abliefern müssen, es wären somit nur "jene Kommissionsgewinne" in der Galerie verblieben. Durch die vom Ehegatten der Beschwerdeführerin gewählte Vorgangsweise (die vereinnahmten Gelder zu veruntreuen) blieben jedoch nicht nur die Kommissionsgebühren, sondern vielmehr der gesamte Veräußerungserlös in der Galerie. Durch dieses Vorgehen sei somit nicht etwa eine Schädigung, sondern vielmehr eine Bereicherung auf seiten der Galerie eingetreten. In weiterer Folge hätten die Einbringer der Bilder den Verkaufserlös, mithin jene Summe, welche ungerechtfertigt im Betrieb verblieben sei, geltend gemacht; eine Schädigung der Beschwerdeführerin sei dadurch nicht ersichtlich und sei von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme auch nicht näher dargelegt worden. Eine unmittelbare Schädigung im Vermögen der Beschwerdeführerin habe durch die Veruntreuung eines Betrages, der die Kommissionsgebühren überstiegen habe, nicht eintreten können, da anstelle der reinen Kommissionsgebühren der Gesamterlös im Betrieb verblieben sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe von den seit dem Jahre 1983 gegen sie eingeleiteten Exekutionsverfahren keine Kenntnis gehabt, sei unglaubwürdig, weil sowohl eine Klage als auch ein Exekutionsbewilligungsbeschluß eigenhändig zugestellt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe daher von den laufenden Exekutionsverfahren sehr wohl Kenntnis haben müssen. In der Unterlassung der Abberufung ihres Gatten von der ihm eingeräumten Vertrauensstellung, liege ein zumindest grob fahrlässiges Verschulden der Beschwerdeführerin. Es müsse daher das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 verneint werden. Die weitere Gewerbeausübung liege auch nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger. Im Jahre 1989 seien beim Bezirksgericht A zumindest 17 Exekutionsverfahren wegen insgesamt S 338.064,-- s.A. in das Vermögen der Beschwerdeführerin bewilligt worden; in einem Verfahren (wegen S 2.155,-- s.A.) sei es zur Zahlung gekommen, in weiteren vier Verfahren sei eine pfandweise Beschreibung von Fahrnissen erfolgt. Der am 31. Oktober 1990 vor dem Bezirksgericht A abgelegte Offenbarungseid habe mit Ausnahme eines monatlichen Nettoeinkommens in der Höhe von S 600,-- völlige Vermögenlosigkeit der Beschwerdeführerin ergeben. Zum 19. Juni 1992 habe ein Beitragsrückstand bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in der Höhe von S 55.141,62 bestanden; die letzte Zahlung der Beschwerdeführerin sei 1986 erfolgt. Seit 1. Juli 1991 seien gegen die Beschwerdeführerin sieben weitere Exekutionsverfahren zur Hereinbringung von Forderungen in der Höhe von S 757.991,-- s. A. bewilligt worden. Nur in einem dieser Verfahren (wegen S 61.047,13 s.A.) sei es zu einer pfandweisen Beschreibung von Fahrnissen gekommen; in den übrigen Verfahren hätten sich die Forderungen als uneinbringlich herausgestellt. In ihrer Stellungnahme vom 27. Juli 1992 habe die Beschwerdeführerin Zahlung nicht einmal behauptet. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin nunmehr derart beschaffen wäre, daß erwartet werden könne, daß sie (auch) den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft werde nachkommen können (Hinweis auf hg. Erkenntnis vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0335).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin "in den durch die §§ 87 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1997 (gemeint offensichtlich 1973) gewährleisteten Rechten, daß entgegen diesen Bestimmungen keine Gewerbeberechtigung entzogen wird", verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, es liege keine gerichtliche Entscheidung über die Vorfrage vor, ob die "betreffende Konkursabweisung" durch den Konkurs über das Vermögen ihres Gatten verursacht worden sei, sodaß die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht des Vorliegens einer Bindungswirkung und die darauf aufbauende Begründung über die Ablehnung einer eigenen Entscheidung nach Durchführung eines Beweisverfahrens und Feststellung des Sachverhaltes verfehlt sei und überdies mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch stehe. Es komme nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht darauf an, daß die eigene Insolvenzsituation durch rechtswidrige Einbeziehung bzw. Vermengung mit einem anderen Konkurs erfolgt sei, sondern vielmehr nur auf die tatsächliche Verursachung; auf ein Verschulden sei nicht abzustellen. Die Gewerbeordnung knüpfe an die jeweiligen gerichtlichen Entscheidungen bzw. Verfahren als Tatbestandsmerkmale an, auf das Vorliegen von materiellen Konkurseröffnungsgründen werde nicht abgestellt. Es sei daher zu überprüfen, ob dann, wenn man sich die Konkurseröffnung über das Vermögen ihres Gatten und die damit verbundene Einbeziehung ihres Vermögens wegdenke, auch der Beschluß des Kreisgerichtes A vom 25. November 1986 wegfiele; dies sei zu bejahen. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. E sei zur Beurteilung dieser Frage allein nicht ausreichend, da bei Gegenüberstellung der Verbindlichkeiten mit dem Umlaufvermögen ihre Vermögenssituation ebenso völlig außer Betracht gelassen worden sei wie die Zukunftsprognose aufgrund des Geschäftsganges der Galerie. Wäre die Galerie nicht in das Konkursverfahren über das Vermögen ihres Gatten miteinbezogen worden, hätte sie eine außergerichtliche Regelung treffen können; dies sei jedoch durch das Dazwischentreten des Masseverwalters nicht möglich gewesen, da sie keinerlei geschäftliche Dispositionen mehr treffen habe können. Die sie betreffende Insolvenz sei jedoch nicht nur durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen ihres Gatten, sondern auch durch dessen strafgesetzwidrige Handlungen verursacht worden, welche (auch) Gegenstand des gerichtlichen Strafverfahrens 14 EVr WWW/87, 14 EHv 99/89 KG A gewesen seien. Da der die Einleitung des ihr Vermögen betreffenden Insolvenzverfahrens betreibende Gläubiger, auf dessen Initiative auch das gegenständliche Gewerbeberechtigungsentziehungsverfahren eingeleitet worden sei, durch eine strafbare Handlung (Veruntreuung) ihres Gatten geschädigt worden sei (Hinweis auf Punkt A III des Urteilsspruches des rechtskräftigen Urteiles des Kreisgerichtes A vom 31. Oktober 1989) wäre das sie betreffende Insolvenzverfahren jedenfalls unterblieben, wenn dieser Gläubiger sein Entgelt pflichtgemäß erhalten hätte, weil diesfalls das Konkursverfahren von ihm nicht mehr beantragt worden wäre. Die gesamten finanziellen Probleme der Galerie seien im übrigen ausschließlich durch ihren Gatten und dessen strafbare Handlungen verursacht worden. Mit dem vorzitierten rechtskräftigen Urteil des KG A sei ihr Gatte wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB in sieben Fakten sowie wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB verurteilt worden, wobei hiezu im Spruch u.a. ausgesprochen worden sei, daß von ihm in der Zeit von spätestens 3. April 1980 bis 31. Dezember 1985 die Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeigeführt worden sei, daß er unverhältnismäßig Kredit benutzt und übermäßigen Aufwand betrieben habe. Der Urteilsspruch lege ihrem Gatten ausdrücklich zur Last, daß er bei seinen Straftaten als Inhaber eines Versicherungsbüros sowie als künstlerisch und kaufmännisch Verantwortlicher der Galerie G in A, R-Straße, gehandelt habe; allein die Veruntreuungsfakten im Ausmaß von mehr als S 441.000,-- s.A. beträfen die Galerie. Nach den unbedenklichen Beweisergebnissen des Strafverfahrens habe sich ausschließlich ihr Gatte um die künstlerischen und kaufmännischen Belange der Galerie gekümmert und sie selbst sei an diesen Straftaten weder beteiligt gewesen, noch habe sie davon Kenntnis gehabt. Aus diesem Grunde sei das Verfahren gegen sie mangels Tatverdacht ohne Durchführung einer Hauptverhandlung eingestellt worden. Aus dem Strafverfahren ergebe sich auch, daß weder sie selbst noch die Galerie von dem ihrem Gatten zur Last gelegten Verhalten in irgendeiner Weise profitiert hätte. Ohne die strafbaren Handlungen ihres Gatten und bei ordnungsgemäßer Führung der Galerie durch diesen wäre die Insolvenzsituation keinesfalls eingetreten. Die belangte Behörde lasse den Tatbestand der fahrlässigen Krida völlig außer Betracht; entgegen den vorliegenden Beweisergebnissen und ohne jeglichen Anhaltspunkt gehe die belangte Behörde davon aus, daß die veruntreuten Beträge in irgendeiner Form der Galerie bzw. der Beschwerdeführerin zugute gekommen wären. Nach den Ergebnissen des Strafverfahrens könne keinesfalls gesagt werden, daß die veruntreuten Beträge im Rahmen der Galerie zur Abdeckung anderer Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Die Malversationen ihres Gatten seien daher für das hier verfahrensgegenständliche Insolvenzverfahren ursächlich gewesen, weshalb die belangte Behörde eine Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht vornehmen hätte dürfen. Sie bemühe sich derzeit um den Abbau der "Altverbindlichkeiten", wozu jedenfalls ihre Gewerbeausübung erforderlich sei. In den letzten Jahren sei eine geordnete finanzielle Gebarung erfolgt. Die weitere Gewerbeausübung liege daher auch im überwiegenden Interesse der Gläubiger. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften führte die Beschwerdeführerin weiters aus, der angefochtene Bescheid enthalte keine klare Gliederung in die von der Behörde getroffenen Feststellungen, die Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes, sodaß nicht eindeutig beurteilt werden könne, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgehe, und könne daher auch nicht endgültig mit Sicherheit beurteilt werden, ob der Sachverhalt ergänzt werden müsse. Unklar bleibe auch, ob der gesamte Strafakt als Beweismittel herangezogen worden sei oder lediglich das Buchsachverständigengutachten. Auch die Unterlassung der Einvernahme der beantragten Zeugen werde als Verfahrensmangel gerügt. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Begründung, weshalb die Einvernahme dieser Zeugen entbehrlich gewesen sein soll.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in der hier zur Anwendung gelangenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, ist von der Behörde die Gewerbeberechtigung u. a. zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen; ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Nach Abs. 4 ist die Bestimmung des Abs. 3 auch anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/04/0019 unter Berufung auf die frühere hg. Rechtsprechung dargelegt, daß auch im Falle der Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines die Kosten des Konkursverfahrens deckenden Vermögens ein Ausschluß von der Gewerbeausübung und damit auch eine Entziehung der Gewerbeberechtigung dann nicht in Frage kommt, wenn die Zahlungsunfähigkeit durch den Konkurs, das Ausgleichsverfahren oder die strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht wurde. Dies ergibt sich schon aus dem grammatikalischen Zusammenhang, da Abs. 4 den (ganzen) Abs. 3 - und somit auch den zweiten Satz dieses Absatzes - auf diesen Fall anwendbar erklärt.

Für die Beantwortung der Frage, ob der Konkurs über das Vermögen des Ehegatten der Beschwerdeführerin Ursache für die Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen mangels kostendeckenden Vermögens war, ist nicht entscheidungswesentlich, welche Vermögensbestandteile in die Masse des den Gatten der Beschwerdeführerin betreffenden Konkursverfahrens vom Konkursgericht einbezogen wurden, sondern - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/04/0019, bereits ausführte - wie sich die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der in Rede stehenden konkursgerichtlichen Beschlüsse darstellte. Diesbezüglich hat nunmehr die belangte Behörde hinreichende Feststellungen getroffen und eine derartige "Ausschlußmöglichkeit" der Gewerbeentziehung mangels Vorliegens des erforderlichen normativen "Verursachungszusammenhanges" der beiden in Rede stehenden konkursgerichtlichen Beschlüsse schlüssig begründet verneint. Der von der Beschwerdeführerin betriebene Gewerbebetrieb war spätestens Ende 1985 zahlungsunfähig. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin dauernd und nicht nur vorübergehend außerstande, fällige Geldschulden regelmäßig zu erfüllen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Bankverbindlichkeiten der Beschwerdeführerin durch ihre Eigentumswohnung sichergestellt waren - wie dies in der Beschwerde behauptet wird -, weil für die Zahlungsunfähigkeit das Nichtvorliegen bereiter (parater) Zahlungsmittel gegeben sein muß. Da über das Vermögen des Ehegatten der Beschwerdeführerin mit Beschluß vom 3. Dezember 1986 der Konkurs eröffnet wurde, ist hinreichend festgestellt, daß auf Grund der wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin ein gerichtliches Insolvenzverfahren zwangsläufig auch ohne Konkurs ihres Ehegatten eingeleitet worden wäre. Die eingeschränkte geschäftliche Dispositionsfähigkeit der Beschwerdeführerin durch die Einleitung des Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Gatten hat die bereits bestandene Zahlungsunfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht mehr entscheidungsrelevant berührt.

In ihrer über Auftrag der belangten Behörde erstatteten Stellungnahme zu den bisherigen Beweisergebnissen vom 27. Juli 1992 führte die Beschwerdeführerin erstmals aus, nicht nur das Insolvenzverfahren ihres Gatten, sondern auch dessen strafbare Handlungen, die Gegenstand des vor dem KG A geführten Strafverfahrens 14 EVr WWW/87, 14 EHv 99/89 gewesen seien, hätten das gegen sie beantragte und mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesene Insolvenzverfahren verursacht. Mit rechtskräftigem Urteil des KG A vom 31. Oktober 1989 sei E G wegen Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2, 1. Fall StGB in sieben Fakten sowie wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB verurteilt worden, wobei hiezu im Spruch u.a. ausgesprochen worden sei, daß von ihm in der Zeit von spätestens 3. April 1980 bis 31. Dezember 1985 seine Zahlungsunfähigkeit insbesonders dadurch herbeigeführt worden sei, daß er unverhältnismäßig Kredit benutzt und übermäßig Aufwand getrieben habe. Ausdrücklich sei E G zur Last gelegt worden, daß er bei seinen Straftaten als Inhaber eines Versicherungsbüros sowie als künstlerisch und kaufmännisch Verantwortlicher der Galerie G gehandelt habe. Die Beschwerdeführerin habe ihrem künstlerisch veranlagten Gatten vollstes Vertrauen bei der Abwicklung der Geschäfte und Vorhaben der Galerie geschenkt und habe keinen Anlaß gehabt, an der Redlichkeit seiner Gebahrung zu zweifeln. Von den Malversationen ihres Gatten habe sie keinerlei Kenntnis gehabt, zumal er sämtliche Belange im Zusammenhang mit gerichtlichen Verfahren bzw. Exekutionen weitestgehend von ihr ferngehalten habe. Bei Unterbleiben der strafbaren Handlungen wären die finanziellen Schwierigkeiten in ihrem Betrieb nicht eingetreten. Dieses Vorbringen bietet jedoch hinreichend Anhaltspunkte, die rechtliche Schlußfolgerung der belangten Behörde, das in diesem Zusammenhang erfolgte Behauptungsvorbringen der Beschwerdeführerin könne nicht als geeignet angesehen werden, den Tatbestand der "Verursachung" durch das behauptete strafgesetzwidrige Verhalten des E G als erfüllt annehmen zu lassen, in Zweifel zu ziehen. Ohne die strafgesetzwidrigen Handlungen des Ehegatten der Beschwerdeführerin konkret festzustellen, geht die belangte Behörde davon aus, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin "im wesentlichen" kommissionsweise zum Verkauf übernommene Bilder veräußert und den Veräußerungsgewinn nicht an die Einbringer dieser Bilder abgeführt habe. Ausgehend von der vordargestellten Rechtslage und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin wäre es aber der belangten Behörde im Rahmen ihrer amtswegigen Erhebungspflicht oblegen, die ihr zumindest auf Grund der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens, des Strafgerichtsaktes sowie des Beweisvorbringens der Beschwerdeführerin möglichen Feststellungen in Ansehung des strafgesetzwidrigen Verhaltens des E G - worunter nicht nur (rechtskräftige) strafgerichtliche Verurteilungen zu verstehen sind - soweit es die wirtschaftliche Situation des gegenständlichen Gewerbebetriebes der Beschwerdeführerin berührte, zu treffen, da erst dann eine zureichende Beurteilung dahingehend vorgenommen werden kann, ob diese strafgesetzwidrigen Handlungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Antrag auf Konkurseröffnung stehen. Nach Durchführung dieser Erhebungen wird abschließend allenfalls noch zu klären sein, ob die Beschwerdeführerin bei entsprechender Aufmerksamkeit und Organisation den durch das Verhalten ihres Gatten verursachten wirtschaftlichen Verfall des Gewerbebetriebes hintanhalten hätte können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1958, Zl. 1216/56).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis einer Erörterung des Beschwerdevorbringens zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 ergab.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993040003.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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