TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/21 92/08/0203

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Veröffentlicht am 21.09.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;
ASVG §67 Abs10;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 18. August 1992, betreffend Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse, Klara-Pölt-Weg 2, 6020 Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- und der Tiroler Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. April 1991 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zur Zahlung von S 294.225,26 innerhalb von acht Tagen nach der Zustellung dieses Bescheides verpflichtet sei.

Begründend führte die mitbeteiligte Partei in diesem Bescheid aus, daß die "G Gesellschaft m.b.H." K, Hinterstadt 13, ihr die Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit von Mai 1990 bis September 1990 zuzüglich einer Nachrechnung aufgrund einer Beitragsprüfung in der Höhe von S 294.225,26 samt Nebengebühren schulde. Die Einbringlichmachung dieser Forderung sei nicht möglich gewesen, weil ein am 4. Dezember 1990 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachter Konkursantrag mangels hinreichenden Vermögens mit 17. Dezember 1990 zu S 109/90 abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer sei als Geschäftsführer zur Vertretung des Beitragsschuldners und auch zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Obliegenheiten des Dienstgebers der Gebietskrankenkasse gegenüber berufen. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG hafteten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Das Verschulden sei im gegenständlichen Fall dadurch gegeben, daß es der Beschwerdeführer trotz Kenntnis der tristen Vermögens- und Ertragslage unterlassen habe, rechtzeitig den Konkursantrag zu stellen. Bereits mit Schreiben vom 31. Mai 1990 habe er die Mitbeteiligte über die schlechte Ertragsleistung der Firma informiert. Trotzdem habe er den Betrieb bis 5. September 1990 weitergeführt. Erst mit Schriftsatz vom 8. Oktober 1990, eingelangt am 4. Dezember 1990 beim Landesgericht Innsbruck, habe er die Eröffnung des Konkurses über die Firma beantragt. Durch diese fahrlässige Vorgangsweise seien der Mitbeteiligten weitere Beitragsschulden angefallen, die bei entsprechender Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht vermeidbar gewesen wären. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß die Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida Ermittlungen eingeleitet habe, was auf ein schuldhaftes Verhalten hindeute.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wandte der Beschwerdeführer ein, daß ihn kein schuldhaftes Verhalten treffe. Da es sich um einen gepachteten Betrieb handle, könne eine Verbesserung nur durch ein Weiterbestehen erfolgen. Er habe bis zuletzt Übernahmeverhandlungen mit der Firma W geführt; weiters auch Ausgleichverhandlungen mit dem Verpächter bis zu dessen Räumung. Es könne daher von keiner schuldhaften Pflichtverletzung die Rede sein, die eine Uneinbringlichkeit zur Folge gehabt habe. Vielmehr sei es seine Pflicht gewesen, die Interessen aller Gläubiger zu wahren und eine Gesamtlösung anzustreben, die aber leider durch die Räumung nicht zustande gekommen sei.

In ihrer Stellungnahme zum Einspruch vertrat die Mitbeteiligte in Wiederholung eines Teiles der Bescheidbegründung die Auffassung, der Beschwerdeführer habe es trotz Kenntnis der schlechten Vermögens- und Ertragslage unterlassen, rechtzeitig einen Konkursantrag zu stellen. Durch diese Vorgangsweise, welche zweifellos als fahrlässig zu betrachten sei, seien bei der Mitbeteiligten weitere Beitragsschulden angefallen, die bei rechtzeitiger Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht vermeidbar gewesen wären.

Die belangte Behörde übermittelte diese Stellungnahme dem Beschwerdeführer mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme und Gegenäußerung innerhalb von drei Wochen. Der Beschwerdeführer führte in dieser Gegenäußerung vom 5. Juli 1991 aus:

"Gegenäußerung:

1. Im Mai 1990 habe ich lediglich eine schlechte Ertragsleistung (Umsatz) (siehe Schreiben an TGK vom 31.5.1991 Stundung) zur Information für die TGK angeführt. Ich habe die Außenstände der GmbH mit einer Bankgarantie besichern können und sie auch beglichen.

2. Der Betrag von S 294.255,26 setzt sich aus S 189.163,39 aus einer Beitragsprüfung vom 6.11.1990 und ca. S 95.000,-- von nicht ausgezahlten Löhnen und Gehältern, die daher auch nicht abzuführen waren. Der Rest von ca. S 10.000,-- sind Zinsen und Kosten (gegen die Beitragsnachrechnung wurde am 23.11.1990 telefonisch bei Herrn B Einspruch erhoben).

3. Der Konkursantrag erfolgte nur aufgrund einer bevorstehenden Räumung durch den Verpächter, erst dadurch trat Zahlungsunfähigkeit ein.

4. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck können sicher auf kein schuldhaftes Verhalten schließen lassen

Ich bitte daher, das Verfahren gemäß § 67 Abs. 10 ASVG einzustellen..."

Die belangte Behörde richtete darauf den Auftrag an den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Februar 1992 mit dem Inhalt:

"...Im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren nach § 67 Abs. 10 ASVG ist es Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers, darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Beitragsschulden rechtzeitig entrichtet wurden und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten.

Sie werden aufgefordert, Ihr Vorbringen im Einspruch bzw. in der Gegenäußerung näher zu präzisieren und konkretisieren und entsprechende Beweise anzubieten."

Nach Urgenz am 29. April 1992 langte bei der belangten Behörde das Schreiben des Beschwerdeführers vom 18. Mai 1992 ein, womit er auf eine beiliegende Aufstellung der nicht ausbezahlten Löhne und Gehälter hinwies. Aus dieser resultiere, daß keine Haftungsschuld bestehen könne. Als Beweis für diese "Nichtauszahlung können Sie das Kassabuch heranziehen, das im Finanzamt Kitzbühel im Akt sein muß".

Die Mitbeteiligte wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 26. Februar 1992 zur Übermittlung des Beitragsprüfungsaktes und des im Bescheid erwähnten Schreibens des Beschwerdeführers vom 31. Mai 1990 aufgefordert. Das von der Mitbeteiligten vorgelegte Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. Mai 1990 lautet: "...Aufgrund unserer schlechten Ertragsleistung in der vergangenen Wintersaison, stellen wir Ihnen höflich ein Ansuchen um Stundung der offenen Beträge. Nach der Sommersaison garantieren wir Ihnen die Begleichung der Außenstände. Wir bitten Sie, diesem Ansuchen stattzugeben und verbleiben in der Hoffnung eines positiven Bescheides." Mit Schreiben vom 18. Juni 1990 lehnte die Mitbeteiligte dieses Ansuchen um Stundung bis Ende der Sommersaison ab.

Bei dieser Sachlage erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 18. August 1992, mit welchem dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der beeinspruchte Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung des § 67 Abs. 10 ASVG - aus, daß Voraussetzung für die Haftung des Geschäftsführers der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden beim Beitragsschuldner sowie eine schuldhafte und rechtswidrige Verletzung von sozialversicherungsrechtlichen Pflichten des Geschäftsführers seien. Die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Gesellschaft sei durch die Abweisung des Konkursantrages mangels eines hinreichenden Vermögens zweifelsfrei erbracht. Eine rechtswidrige Pflichtverletzung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften des Beschwerdeführers als Geschäftsführer sei darin zu erblicken, daß er die Beitragsschulden namens der Gesellschaft nicht entrichtet habe. Zur Haftung werde der Beschwerdeführer herangezogen, weil er die ihm auferlegte Pflicht schuldhaft verletzt habe. Leichte Fahrlässigkeit - eine solche genüge - des Geschäftsführers sei schon dann anzunehmen, wenn er keine Gründe anzugeben vermöge, wonach ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich gewesen sei. Im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren sei es somit Sache des Geschäftsführers darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, daß die Beitragsschulden entrichtet wurden und dafür entsprechende Beweise anzubieten. Der Beschwerdeführer sei ausdrücklich aufgefordert worden, sein Vorbringen im Einspruch näher zu präzisieren und zu konkretisieren sowie entsprechende Beweise anzubieten. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen, sodaß die belangte Behörde berechtigterweise annehme, daß der Beschwerdeführer seiner Pflicht, die Beitragsschulden zu entrichten, schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Die vorgelegte Aufstellung über nicht ausgezahlte Löhne und Gehälter stelle keinen Beweis dar, daß die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers nicht schuldhaft gewesen sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe durch Verhandlungen eine Übernahme und den Fortbestand des Betriebes sichern wollen, sei gleichfalls nicht geeignet, ihn aus der Haftung zu entlassen. Hinsichtlich des Haftungsbetrages aus einer Beitragsnachrechnung habe der Beschwerdeführer nicht dargetan, aus welchen Gründen diese Nachrechnung zu Unrecht erfolgt sei. Die bloße Nichtanerkennung dieser Beitragsnachrechnung könne eine Inanspruchnahme seiner Haftung nicht verhindern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und erklärt, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 67 Abs. 10 ASVG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 48. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 642/1989) lautet:

"(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Haftung des Geschäftsführers im Sinne dieser Gesetzesstelle ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung, für deren Beurteilung die von der Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können, kann darin liegen, daß der Geschäftsführer die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen des Sozialversicherungsträgers Sorge trägt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1993, Zl. 93/08/0011, vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250, und vom 13. März 1990, Zlen. 89/08/0217, AW 89/08/0044). Es kommt daher auf die im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beitragsschuld gegebene Liquiditätslage und die vom Beschwerdeführer daraus gezogenen Konsequenzen an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100 mwN).

Den zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber auch die Verpflichtung darzulegen, aus welchen Gründen er die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat, widrigenfalls angenommen werden kann, daß er seine Pflichten schuldhaft verletzt hat (vgl. das Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 93/08/0011 mwN). Allerdings darf diese besondere Behauptungs- und Beweislast einerseits nicht überspannt, andererseits nicht so aufgefaßt werden, daß die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Hat der Geschäftsführer nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, so hat ihn die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - ermöglichen zu beurteilen, ob der Geschäftsführer ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Gleichbehandlungspflicht vorgegangen ist und ob und in welchem Ausmaß ihn deshalb eine Haftung trifft. Kommt der haftungspflichtige Geschäftsführer dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur oben angeführten Annahme berechtigt, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250).

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, er habe im Laufe des "erstinstanzlichen" Verfahrens glaubhaft vorgebracht, daß er stets bestrebt gewesen sei, das durch ihn vertretene Unternehmen zu entlasten. Zu diesem Zwecke habe er umfangreiche Verhandlungen mit der Firma W zwecks einer allfälligen Übernahme geführt. Darüberhinaus sei er im Besitze einer Bankgarantie gewesen, die die Tilgung der offenstehenden Forderungen gewährleistet hätte. Allein die Nichteinigung mit dem Verpächter des Unternehmens habe letztlich zur Konkursreife geführt. Die belangte Behörde habe ihn im Laufe des "erstinstanzlichen" Verfahrens aufgefordert, dieses sein Vorbringen näher zu präzisieren, ohne allerdings darzutun, hinsichtlich welcher Sachverhalte es (gemeint wohl "sie") eine nähere oder ausführlichere Präzisierung wünschte bzw. welche Beweise es (gemeint wohl "sie") für notwendig erachtete, um von einer "Unschuld" des Beschwerdeführers ausgehen zu können. Dadurch habe sich die belangte Behörde die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens zur Gänze erspart. Die dem Beschwerdeführer gesetzte Frist zur Stellungnahme (drei Wochen) habe bei weitem nicht ausgereicht, zur Ermittlung der materiellen Wahrheit Entsprechendes beizutragen, da hiezu umfangreiche Erhebungen in den Geschäftsbüchern, Konkurs- und Finanzakten notwendig gewesen wären. Dadurch hätte er beweisen können, daß er bemüht gewesen sei, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln alle vorhandenen Gläubiger im gleichen Verhältnis zu befriedigen. Jedenfalls habe er seine Beitragsschuld im Verhältnis nicht schlechter behandelt als andere Verbindlichkeiten. Dem Beschwerdeführer ist zu entgegnen, daß weder sein Einspruch noch seine Gegenäußerung (zur Stellungnahme der Mitbeteiligten zu seinem Einspruch) einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen dazu enthalten, aus welchen Gründen er die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat. Die Ausführungen im Einspruch können dahingehend zusammengefaßt werden, daß der Beschwerdeführer (lediglich) ein ihn treffendes schuldhaftes Verhalten am wirtschaftlichen Mißerfolg der Gesellschaft in Abrede stellt. Für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG ist diese Frage ohne Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100).

In der im Einspruchsverfahren erstatteten Gegenäußerung (Punkt 1.) führte der Beschwerdeführer aus, die Außenstände der Ges.m.b.H. im Mai 1990 mit einer Bankgarantie besichert und beglichen zu haben. Die Mitbeteiligte habe er mit Schreiben vom 31. Mai 1991 (Stundung) über die schlechte Ertragsleistung informiert.

Daraus und aus dem Schreiben vom 31. Mai 1990 (Stundungsansuchen) ergibt sich, daß die im Mai fällige Beitragsschuld nicht bezahlt wurde und daher nicht zu den genannten (besicherten und beglichenen) Außenständen gehörte. Dies wird durch das Antwortschreiben der Mitbeteiligten vom 18. Juni 1990 unterstrichen.

Im Punkt 2. der Gegenäußerung schlüsselt der Beschwerdeführer die Beitragsschuld auf und verweist darauf, daß S 95.000,-- auf nicht ausgezahlte Löhne und Gehälter entfallen und daher nicht abzuführen waren.

Sowohl die Ausführungen in diesen Punkten als auch in den Punkten 3. (Konkursantrag) und 4. (Ermittlungen der Staatsanwaltschaft) stellen jedoch keine sachbezogenen Behauptungen im zuvor dargelegten Sinne zu der Frage der (zumindest) anteiligen Befriedigung der Beitragsforderung dar. Bei dieser Verfahrenslage war die belangte Behörde (die den Beschwerdeführer am 26. Februar 1992 ausdrücklich zur Präzisierung und Konkretisierung aufgefordert hat) nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer ein weiteres Mal zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, sondern konnte seine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen. Auf den weiteren Einwand, die für die Gegenäußerung gesetzte Frist von drei Wochen habe zur Stellungnahme zum Vorlagebericht bei weitem nicht ausgereicht, ist daher nicht einzugehen. Lediglich angemerkt sei, daß eine solche Frist in der Aufforderung vom 26. Februar 1992 gar nicht gesetzt wurde.

Im Rahmen der Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde sehe ein Verschulden offensichtlich darin, daß er (Beschwerdeführer) einen konkursreifen Betrieb weitergeführt bzw. die Konkurseröffnung nicht rechtzeitig beantragt habe.

Diese Ausführungen des Beschwerdeführers finden im angefochtenen Bescheid jedoch keine Deckung. Die belangte Behörde stützt die Annahme der schuldhaften Pflichtverletzung ausdrücklich (und zutreffend) darauf, daß der Beschwerdeführer der Aufforderung, sein Vorbringen im Einspruch näher zu präzisieren und konkretisieren, nicht nachgekommen sei.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, daß er gerade dadurch pflichtgemäß gehandelt habe, indem er bestrebt gewesen sei, die Forderungen seiner Gläubiger zur Gänze oder zumindest anteilsmäßig zu befriedigen. Hätte er sämtliche, ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge verwendet, so hätte ihm unter Umständen die Begünstigung eines Gläubigers gemäß § 158 StGB vorgeworfen werden können und wäre er Gefahr gelaufen, sich Anfechtungsklagen gemäß § 30 KO auszusetzen.

Der Beschwerdeführer ist wiederum darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde seine schuldhafte Pflichtverletzung nur deswegen angenommen hat, weil er es unterlassen hat, darzulegen, aus welchen Gründen er die ihm obliegenden Pflichten (einer zumindest anteiligen Befriedigung der Beitragsschulden) nicht erfüllt habe. Ein Vorwurf, nicht sämtliche Mittel zur Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge verwendet zu haben, wird in keiner Weise erhoben.

Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine Verletzung seiner Rechte durch den angefochtenen Bescheid aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992080203.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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