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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des N in I, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 14. Februar 1992, Zl. 121.670/7-7/91, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (mP: 1) E in A, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, 2) Tiroler Gebietskrankenkasse, 3) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Salzburg, 4) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das auf Ersatz der Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die zweitmitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat mit Bescheid vom 18. April 1990 festgestellt, die Erstmitbeteiligte, E sei in der Zeit vom 1. Mai 1988 bis 15. Jänner 1989 als Grafikerin beim Beschwerdeführer sozialversicherungs- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Einspruch, in dem er vorbrachte, die erstmitbeteiligte E sei für ihn nur im Rahmen eines Werkvertrages tätig gewesen, was sich aus ihrer Weisungsunabhängigkeit, der Möglichkeit der eigenen Arbeitszeiteinteilung bzw. der fehlenden Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung ergebe.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. Jänner 1991 wurde dieser Einspruch als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die Vollversicherungspflicht trete bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (mit hier nicht interessierenden Ausnahmen) kraft Gesetzes ein. Sie könne weder
bei Fehlen der Voraussetzung durch Parteiwillen begründet, noch
bei Vorliegen der Voraussetzung durch Parteiwillen ausgeschlossen werden. Es sei auch unerheblich, welche Bezeichnung die Vertragspartner für ihr Rechtsverhältnis wählten. Aus diesem Grunde habe sich auch die zeugenschaftliche Vernehmung des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Steuerberaters, J, zur Frage darüber, ob sich die Erstmitbeteiligte damit einverstanden erklärt habe, einen Werkvertrag abschließen zu wollen, erübrigt. Es sei für die Beurteilung des vorliegenden Vertragsverhältnisses auch unerheblich, inwieweit darüber eine Einigung erzielt worden sei, daß der gegenständliche Vertrag einen Werkvertrag darstelle. Zu prüfen sei lediglich das Vorliegen der Merkmale für ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, wobei als solche Merkmale in erster Linie in Betracht kämen etwa die Gewährung einer festen Vergütung, die Vereinbarung einer Kündigungsfrist, die Gebundenheit des Beschäftigten hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsfolge, das Verbot für Dritte tätig zu sein, die Überwachung der Tätigkeit des Beschäftigten, seine persönliche Leistungspflicht und seine Einordnung in den fremden Betrieb und die Weisungsunterworfenheit des Beschäftigten. Die Gewährung eines Entgeltes von S 4.000,-- netto für den "Probemonat" und die weitere Bezahlung von etwa S 12.000,-- netto pro Monat sowie die Gewährung eines Weihnachtsgeldes von ebenfalls S 12.000,--, seien unbestritten geblieben. Der Beschwerdeführer habe nur geltend gemacht, daß es sich dabei um erfolgsorientierte Honorare bzw. Akontozahlungen gehandelt habe. Dies entspreche etwa auch der Darstellung der Erstmitbeteiligten gegenüber der Zweitmitbeteiligten, wo sie von einem Stundenlohn von S 100,-- netto gesprochen, aber eingeschränkt habe, der Beschwerdeführer habe "ab einer gewissen Stundenanzahl einfach mehrere Stunden gestrichen und auch nicht ausbezahlt". Mit dieser Limitierung der gezahlten Stunden sei im Ergebnis sogar eine feste Vergütung pro Monat erzielt worden, wobei allerdings darauf hinzuweisen sei, daß auch bei einer stundenweisen Entlohnung angesichts der vorliegenden Regelmäßigkeit der Arbeitsstunden von einer festen Vergütung gesprochen werden müsse. Die teilweise Bezeichnung der monatlichen Auszahlungsbeträge als Akontozahlungen und die Art der Rechnungslegung zuzüglich Mehrwertsteuer stelle einen untauglichen Versuch dar, allenfalls einvernehmlich Sozialversicherungsbeiträge und sonstige Umlagen zu sparen, um höhere Auszahlungsbeträge für den Dienstnehmer bzw. geringere Aufwendungen für den Dienstgeber zu bewirken. Die weitgehende Gebundenheit der Erstmitbeteiligten hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsfolge sei angesichts der weitgehend durch die Blockarbeitszeit fixierten Dienstzeit sowie durch die Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes und von Arbeitsgeräten im Büro des Beschwerdeführers erwiesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Erstmitbeteiligte mehrere Tage allenfalls nicht an ihrem Arbeitsplatz erschienen und auch nicht erreichbar gewesen sei. Gerade dieser Hinweis zeige deutlich, daß auch nach Ansicht des Beschwerdeführers der Arbeitsort der Dienstnehmerin sein Büro gewesen sei. Die Einordnung in den Betrieb sei mit ihrer weitgehenden Gebundenheit an Arbeitszeit und Arbeitsort sowie mit ihrer weitgehenden projektbezogenen Terminisierung jedenfalls zu bejahen. Unbestritten sei auch die persönliche Leistungspflicht der Erstmitbeteiligten. Mit der Gewährung der Vergütung entsprechend der geleisteten Arbeitszeit und nicht etwa für die einzeln ausgearbeiteten Entwürfe oder gelieferten Reinzeichnungen verbliebe auch das Risiko einzig und allein beim Beschwerdeführer. Gegenüber diesen erfüllten Kriterien der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit trete das Fehlen der übrigen Kriterien in den Hintergrund, umso mehr als beispielsweise in Dienstverträgen häufig keine Kündigungsfrist ausdrücklich vereinbart und in diesem Punkt wie im Anlaßfall auf die allgemein gesetzlichen Vorschriften zurückgegriffen werde. Auch das Verbot für Dritte tätig zu sein, werde im allgemeinen nur bei mit Produktionsgeheimnissen verbundenen Tätigkeiten vereinbart. Die Überwachung der Tätigkeit des Beschäftigten und seine Weisungsunterworfenheit trete bei höher qualifizierten Dienstnehmern generell in den Hintergrund. Schließlich sei auf § 4 Abs. 2 ASVG 2. Halbsatz ausdrücklich zu verweisen, wonach zur Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht alle Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in gleicher Weise erfüllt sein müßten, sondern der Gesetzgeber ausdrücklich die Sozialversicherungspflicht bereits an ein Überwiegen dieser Merkmale gebunden habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im wesentlichen neuerlich seinen Standpunkt vertrat, die Erstmitbeteiligte sei im Rahmen eines Werkvertrages für ihn tätig gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol aus dessen zutreffenden Gründen mit der Maßgabe, daß die Versicherungspflicht vom 2. Mai 1988 bis 15. Jänner 1989 bestanden habe.
Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:
Nach Abschluß der Grafikerschule sei die Erstmitbeteiligte für den Beschwerdeführer vom 2. Mai 1988 bis 15. Jänner 1989 als Grafikerin tätig gewesen. Die Kontaktaufnahme sei mittels eines Inserates in der Fachzeitschrift "Ziele und Informationen" (Herausgeber: Kammer der gewerblichen Wirtschaft, Fachgruppe Werbung), in der die Erstmitbeteiligte eine geeignete Stelle, AUCH als freie Mitarbeiterin, gesucht habe, erfolgt. Für den Beschwerdeführer habe sie folgende Arbeiten verrichtet: Vorentwurf, Entwurf und Reinzeichnungen sowie Fahrten zu Druckereien und Satzanstalten in Innsbruck zur Ablieferung von Druckunterlagen. Der erste Monat sei als Probemonat vereinbart worden. Die Erstmitbeteiligte habe Stundenaufzeichnungen geführt, die von H, der zu diesem Zeitpunkt als freier Mitarbeiter beim Beschwerdeführer beschäftigt gewesen sei, in Bezug auf den Arbeitsaufwand eines fertigen Grafikers für einen derartigen Auftrag überprüft worden seien. Im Rahmen solcher Überprüfungen sei es vorgekommen, daß der Erstmitbeteiligten eine gewisse Stundenanzahl gestrichen worden sei. Die Abrechnung selbst sei mit dem Beschwerdeführer erfolgt. H habe der Erstmitbeteiligten die Aufträge erteilt, mit ihr die Arbeiten besprochen und hinsichtlich der Arbeitsabwicklung und der fertigen Arbeit ihr gegenüber eine Kontrollfunktion ausgeübt. Auch zwischendurch habe er laufend ihre Arbeiten und deren Fortschritt kontrolliert und auf Termineinhaltung und ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten geachtet. Als Artdirektor habe er die Berechtigung gehabt, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann er der Erstmitbeteiligten einen Auftrag erteilen bzw. eine Arbeit mit ihr besprechen habe wollen. Zu diesen Zwecken habe für die Erstmitbeteiligte die Verpflichtung bestanden, in den Büroräumlichkeiten der S Werbung (Betrieb des Beschwerdeführers) anwesend zu sein. Eine fixe Arbeitszeit habe sie nicht einzuhalten gehabt. Sie habe ihre Arbeit im Regelfall in den Büroräumen des Beschwerdeführers verrichtet, der ihr ebenfalls hinsichtlich der Auftragsgestaltungen Weisungen erteilt habe. Die Erstmitbeteiligte sei auch zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Bei der Ausführung der ihr zugewiesenen Arbeit habe sie die Betriebsmittel des Beschwerdeführers (etwa Reprokameras und Vergrößerungsgeräte, Atelier- und Zeichentisch) benützt. Die Erstmitbeteiligte habe für den Probemonat S 4.000,-- netto erhalten, eine Weihnachtsremuneration in Höhe von S 12.000,--, der sonstige Monatslohn sei nach Stunden abgerechnet worden, wobei sie pro Stunde S 100,-- netto erhalten habe.
Nach eingehender Beweiswürdigung führte die belangte Behörde rechtlich aus, die Beantwortung der Frage, ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwögen, hänge davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages, eines freien Dienstvertrages oder einer familienrechtlichen oder familienhaften Mitarbeit) - nur beschränkt sei. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung seien nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzliche) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände, wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließe. Die Erstmitbeteiligte sei nicht zur Erbringung eines bestimmten Arbeitserfolges verpflichtet gewesen. Sie habe bloße Arbeitsleistungen unter Anweisung von H zu erbringen gehabt. Schon aufgrund der Qualifikation der Erstmitbeteiligten (es war ihr erstes Arbeitsverhältnis) sei es nicht möglich gewesen, sie zu einem Arbeitserfolg zu verpflichten, daher sei das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Erstmitbeteiligten als Dienstverhältnis zu beurteilen. Sie sei gegenüber H und dem Beschwerdeführer weisungsgebunden gewesen, dem Ersteren gegenüber sei sie auch disziplinär verantwortlich gewesen (er habe aufgezeichnete Stunden gestrichen, wenn sie in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand eines Grafikers gestanden seien). Die Erstmitbeteiligte sei auch verpflichtet gewesen, persönlich die Arbeitsleistung zu erbringen. Der Beschwerdeführer habe von vornherein mit der Arbeitskraft der Mitbeteiligten rechnen können. Bezüglich der fehlenden Gebundenheit an fixe Arbeitszeiten sei zu bemerken, daß dem isolierten Moment der Einflußnahme des Beschäftigten auf seine Arbeitszeit keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Die für die persönliche Abhängigkeit charakteristische weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit durch die Beschäftigung, möge sie auch durch einen geringen Teil der einer Person an sich zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch nehmen, könne auch dann vorliegen, wenn der Beschäftigte aufgrund einer Vereinbarung oder der Betriebsübung oder der Art der Beschäftigung zum Teil Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen könne.Die Erstmitbeteiligte sei an die Büroräumlichkeiten des Beschwerdeführers gebunden gewesen und habe zur Arbeitserbringung dessen Betriebsmittel verwendet. Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz ASVG sei als Tag des Beginns der Beschäftigung der tatsächliche Antritt (die Aufnahme) der Beschäftigung anzusehen, weshalb es nicht auf den vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses ankomme. Aus diesem Grunde sei der Beginn der Versicherungspflicht mit dem 2. Mai 1988 festzustellen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.
Die Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch ebenso wie die Dritt- und Viertmitbeteiligte von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Beurteilung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis (das ist das dienstliche Verhältnis in bezug auf eine bestimmte andere Person, nämlich den Dienstgeber; vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A, und die Erkenntnisse vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0153, vom 2. Juli 1991, Zl. 89/08/0310, und vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, ist nicht primär der Vertrag (die Vereinbarung) maßgebend, aufgrund dessen die Beschäftigung ausgeübt wird, vielmehr sind die "wahren Verhältnisse" entscheidend (vgl. das Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 85/08/0099, mit weiteren Judikaturhinweisen), d.h. ob bei der tatsächlichen (und nicht bloß vereinbarten) Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Wird - wie im Beschwerdefall - eine Arbeitsleistung aufgrund eines mündlichen Vertrages erbracht, kommt der tatsächlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses als sichtbarem Ausdruck des Parteiwillens gesteigerte Bedeutung zu. Zutreffend ist daher die belangte Behörde nicht von der - im übrigen ja bestrittenen - Benennung des vorliegenden Vertragsverhältnisses als Werkvertrag oder einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffenen Vereinbarung über Benennung und steuerliche Behandlung dieses Arbeitsverhältnisses ausgegangen, sondern von den Umständen der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung, können doch bei Vorliegen der übrigen die Annahme persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit begründenden Kriterien von den Parteien die dann von Gesetzes wegen geltenden arbeits- und sozialversicherungsrichtlichen Bestimmungen nicht durch Parteienvereinbarung ausgeschlossen werden (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 10. November 1988, Zl. 85/08/0171, vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047, und vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077). Der Ausschluß zwingender arbeitsrechtlicher bzw. sozialrechtlicher Bestimmungen ist für den Fall des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses bzw. Beschäftigungsverhältnisses wirkungslos, für den Fall des Nichtvorliegens eines solchen aber überflüssig.
Der Beschwerdeführer greift in diesem Zusammenhang in seiner Beschwerde zwei Feststellungen der belangten Behörde auf, die als unterscheidungskräftige Kriterien für die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten vom Beschwerdeführer der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, nämlich die Feststellung der Bindung der Erstmitbeteiligten an einen bestimmten Arbeitsort und die Art der Entlohnung.
Die zur Frage der Bindung der Erstmitbeteiligten an den Arbeitsort angestellten Erwägungen der belangten Behörde erscheinen jedoch nicht schlüssig. Sie gründete ihre diesbezügliche Feststellung auf einen Umkehrschluß aus der vom Beschwerdeführer in seiner Äußerung vom 19. Juli 1990 verwendeten Formulierung "die Arbeitszeit konnte sich Frau E selbst einteilen, wobei in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist, daß diese ohne Angabe von Gründen auch mehrere Tage nicht im Studio erschienen ist bzw. auch anderweitig nicht erreichbar war" im Zusammenhang mit einzelnen aus dem Zusammenhang gerissenen Teilen der Aussage des Zeugen H.
Abgesehen davon, daß der Äußerung vom 19. Juli 1990 nicht entnommen werden kann, daß die gelegentliche Abwesenheit der Erstmitbeteiligten "unentschuldigt" und damit in dem von der belangten Behörde verstandenen Sinne relevant gewesen sei, kann eine Verpflichtung der Erstmitbeteiligten zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung in den Büroräumlichkeiten des Beschwerdeführers den Angaben des Zeugen H nicht entnommen werden, konnte dieser doch nur angeben, "ich wüßte nicht, daß Frau E verpflichtet war, die Arbeiten im Betrieb des Herrn N zu leisten, im Regelfall hat sie ihre Arbeiten aber im Büro von Herrn N erbracht." Im übrigen mußte auch der Zeuge H zugeben, als freier Mitarbeiter des Beschwerdeführers "sehr viel auswärts zu tun gehabt" zu haben. Daß aus organisatorischen und Kontrollgründen eine Anwesenheit der Erstmitbeteiligten in den Büroräumlichkeiten des Beschwerdeführers zweckmäßig war, läßt noch nicht ohne weiteres auf eine diesbezügliche Verpflichtung schließen. Diesem Umstand käme aber im Hinblick darauf, daß die Erstmitbeteiligte eine fixe Arbeitszeit nicht einzuhalten hatte, als weiteres unterscheidungskräftiges Kriterium entscheidende Bedeutung zu. Jedenfalls reichen die in der Begründung des angefochtenen Bescheides in dieser Hinsicht enthaltenen Erwägungen nicht aus, seinen Spruch zu stützen. Schon aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Im übrigen wird die belangte Behörde zu prüfen haben, welche Bedeutung den "gestrichenen Stunden" zukommt, könnte doch diese Art der Verrechnung, die das Arbeitszeitrisiko auf die Erstmitbeteiligte verlagert, durchaus auch gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit sprechen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Das Begehren auf Stempelgebührenersatz war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG abzuweisen.
Schlagworte
Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung Zivilrecht Vertragsrecht Dienstnehmer Begriff Persönliche AbhängigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080086.X00Im RIS seit
27.11.2000