Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §35 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der T in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. März 1992, Zl. SV-584/6-1992, betreffend Feststellung der Beitragsgrundlage gemäß § 44 Abs. 1 ASVG (mitbeteiligte Partei:
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. August 1991 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, daß bei der Beschwerdeführerin aufgrund des Dienstverhältnisses zum Dienstgeber K, dem Inhaber eines Feinkostgeschäftes in L, (ihrem Ehegatten) für die Zeit vom 17. April 1990 bis 6. November 1990 gemäß § 44 Abs. 1 ASVG als allgemeine Beitragsgrundlage nicht, wie gemeldet, monatlich brutto S 29.000,--, sondern brutto S 7.147,-- gelte.
Nach der Bescheidbegründung sei die Beschwerdeführerin von K. per 17. April 1990 als Geschäftsführerin zur Pflichtversicherung gemeldet worden. Laut der (nach der Aktenlage am 24. April 1990 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingelangten) Anmeldung habe das monatliche Entgelt brutto S 29.000,-- betragen. Die wöchentliche Arbeitszeit sei mit 38,5 Stunden angegeben worden. Mit 7. November 1990 habe der Versicherungsfall der Mutterschaft (voraussichtlicher Entbindungstag: 19. Juni 1991) begonnen, nachdem ein vorzeitiges Beschäftigungsverbot festgestellt worden sei. Am 10. Juli 1991 sei die Beschwerdeführerin per 6. November 1990 (Ende des Entgeltanspruches) wegen Inanspruchnahme des Karenzurlaubes nach dem Mutterschutzgesetz abgemeldet worden.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sei aus nachstehenden Gründen in freier Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der Vielzahl an widersprüchlichen Aussagen und Angaben sowie unter Beachtung der gesamten Umstände (Umsätze, Familienverhältnisse) zum Ergebnis gelangt, daß während der gesamten zur Pflichtversicherung gemeldeten Zeit als allgemeine monatliche Beitragsgrundlage ein Betrag in Höhe von S 7.147,-- (netto S 6.000,--) festzustellen sei:
Für zurückliegende Zeiträume seien vom Steuerberater des K. drei verschiedene Arbeits- und Entgeltbestätigungen für Wochengeld ausgestellt worden. In den gesamten Kassabuchaufzeichnungen habe keine einzige Lohnauszahlung festgestellt werden können, obwohl K. am 6. Juni 1990 schriftlich bestätigt habe, daß die Bezüge der Beschwerdeführerin in das Kassabuch eingetragen würden. Bei Berücksichtigung der Umsatzaufzeichnungen müsse davon ausgegangen werden, daß in den Monaten Oktober und November 1990 keine Geschäftsaktivitäten erfolgt seien. Auch in den übrigen Monaten seien lediglich Umsätze in äußerst geringem Umfang erzielt worden. Sei am 8. Juli 1991 von K. angegeben worden, daß die Beschwerdeführerin nicht sehr viel selbst arbeite (sie habe bereits 5 Kinder zu betreuen), so sei am 13. August 1991 von K. und der Beschwerdeführerin angegeben worden, daß sie eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden gehabt habe. Auf der An- und Abmeldung wiederum sei hingegen jeweils eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden angegeben worden. Sofern überhaupt ein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei, sei bei Wertung der festgestellten Widersprüche jedenfalls davon auszugehen, daß die behaupteten Entgeltangaben keinesfalls den Tatsachen entsprechen könnten. Auch könne aus den Arbeitszeitangaben kein Anspruchslohn ermittelt werden, weil auch hier die Angaben differierten. Bei Berücksichtigung der Umsätze habe sogar davon ausgegangen werden müssen, daß in den Monaten Juli, Oktober und November 1990 gar keine Arbeitsleistungen erbracht worden sein könnten. Für die Zeit vom 17. April bis 6. November 1990 sei zwar jeweils ein Bruttogehalt von S 29.000,-- monatlich behauptet worden, laut den vorgelegten Lohnzetteln seien aber in der Zeit vom 17. April bis 31. Juli 1990 lediglich monatliche Auszahlungen in Höhe von S 6.000,-- bestätigt worden. Ein Beweis, warum im Beobachtungszeitraum für die Ermittlung der Höhe des Wochengeldes (vom 1. August bis 31. Oktober 1990) ein höheres Entgelt (von S 19.410,-- monatlich) gebührt habe, habe nicht erbracht werden können.
In rechtlicher Hinsicht bewertete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse diesen Sachverhalt dahin, daß die Erhöhung der Beitragsgrundlage von S 6.000,-- netto auf S 29.000,-- brutto nicht als Gegenleistung für die geleistete Arbeit anzusehen sei, sondern anderen Motiven entspringe. Daher habe die allgemeine monatliche Beitragsgrundlage für die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 17. April bis 6. November 1990 S 7.147,-- brutto (S 6.000,-- netto) betragen.
In dem dagegen erhobenen Einspruch wandte die Beschwerdeführerin ein, daß die Meldung der Entgelte durch den Steuerberater durch einige Mißgeschicke falsch erstattet worden sei. Das ihr gebührende Entgelt habe bei der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden S 29.000,-- brutto betragen. Zum Beweis dafür berief sie sich auf ihre Vernehmung und jene des K. sowie "zum Arbeitsumfang" auf die Vernehmung näher genannter Zeugen. Daraus, daß sie (zu Beginn ihres Dienstverhältnisses) Teile des ihr gebührenden Entgelts ihrem Dienstgeber kreditiert habe, könne ihr kein Vorwurf gemacht werden. Der Klarheit halber teile sie noch mit, daß ihre Kinder im Alter von 9 bis 15 Jahren ganztätig in der Schule bzw. im Hort untergebracht seien. In einer Äußerung zu einer Stellungnahme der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im Einspruchsverfahren brachte sie ergänzend vor, daß die mündliche Gehaltsvereinbarung mit K. auf einer optimistischen Geschäftsentwicklung beruht habe, die dann leider nicht eingetroffen sei. Nachdem sie inzwischen schwanger geworden sei, sei sie dem Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz unterlegen, woran sich K. auch gehalten habe. Im übrigen habe die Entlohnung in etwa dem Kollektivvertrag entsprochen. Zum Nachweis dafür, daß sie das ihr (im Zeitraum von April bis Ende Juli 1990) gebührende Entgelt auch tatsächlich erhalten habe, lege sie eine Bestätigung des K. vor. Die Nachzahlung für diesen Zeitraum sei unter anderem aus einem Bankkredit bestritten worden, für den sie bloß Bürgin sei. Über das tatsächliche Ausmaß ihrer Beschäftigung könnten die im Einspruch angeführten Zeugen Auskunft geben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Frage, ob die Beschwerdeführerin überhaupt Dienstnehmerin ihres Ehegatten gewesen sei, sei nicht Gegenstand der Einspruchsentscheidung. Der Steuerberater des K. habe die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin im Betrieb des K. ab 17. April 1990 mit einem Monatslohn von S 29.000,-- bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung angemeldet und per 6. November 1990 wegen Inanspruchnahme des Karenzurlaubes nach dem Mutterschutzgesetz wieder abgemeldet. Für die Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 1990 schienen in den vom Steuerberater ausgestellten drei Arbeits- und Entgeltbestätigungen für Wochengeld vom 22. November 1990, 17. Juni 1991 und 10. Juli 1991 Nettoarbeitsverdienste in der Höhe von S 73.651,20, S 18.000,-- und S 58.230,30 auf. Mit den Umsatzsteuervoranmeldungen habe der Steuerberater für K. folgende Umsätze gemeldet: für April 1990 S 36.726,67, für Mai 1990 S 41.893,03, für Juni 1990 S 30.326,36, für Juli 1990 S 0,00, für August 1990 S 34.258,18, für September 1990 S 34.248,41 und für Oktober und November 1990 jeweils 0,00. Demnach seien in den Monaten Juli, Oktober und November im Betrieb des K. überhaupt keine Umsätze erzielt worden. In den übrigen Monaten seien die Umsätze niedrig und daher der Arbeitsanfall gering gewesen. Diese Feststellung könnte auch durch die Einvernahme der im Einspruch genannten Zeugen nicht widerlegt werden. Betrage der durchschnittliche monatliche Umsatz während der Beschäftigungszeit nur ca. S 22.000,--, so sei die Behauptung, der Monatslohn habe S 29.000,-- betragen, völlig unglaubwürdig. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe in die beim Steuerberater aufliegenden Buchhaltungsunterlagen Einsicht genommen und habe dabei Lohnzettel festgestellt, auf denen die Beschwerdeführerin die Auszahlung von Lohnansprüchen bestätigt habe, und zwar: am 30. April 1990 S 2.770,--, am 31. Mai, 30. Juni und 31. Juli 1990 je S 6.000,--, am 31. August, 30. September und 31. Oktober 1990 je S 19.410,-- und am 6. November 1990 S 32.387,30. Diese Beträge seien auch im Lohnkontoblatt als Auszahlungsbeträge angeführt. In den Kassabüchern habe jedoch von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse keine einzige Buchung einer Lohnzahlung vorgefunden werden können, obwohl K. am 6. Juni 1990 schriftlich bestätigt habe, daß die Bezüge in das Kassabuch eingetragen würden. Ein Beweis dafür, warum im Beobachtungszeitraum für die Ermittlung der Höhe des Wochengeldes (1. August bis 31. Oktober 1990) ein wesentlich höheres Entgelt als S 6.000,-- gebührt hätte bzw. ausgezahlt worden sei, sei nicht vorgebracht worden. Für diese Zeit habe der Steuerberater drei auffallend widersprüchliche Entgeltbestätigungen ausgestellt. Motiv für die Behauptung eines ungewöhnlich hohen Monatslohnes sei nicht die (geringe) Dienstleistung, sondern die Erwartung eines hohen Wochengeldes gewesen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sei in freier Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der Vielzahl an widersprüchlichen Aussagen und Angaben sowie unter Beachtung aller Umstände (Umsätze, Familienverhältnisse) zum Ergebnis gelangt, daß während der gesamten zur Pflichtversicherung gemeldeten Zeit als allgemeine monatliche Beitragsgrundlage ein Betrag in der Höhe von S 7.147,-- brutto (S 6.000,-- netto) festzustellen sei. Umstände, die begründete Zweifel an der Gesetzmäßigkeit dieser Feststellung aufkommen ließen, lägen nicht vor. Der bekämpfte Bescheid sei daher zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Zugrundelegung des vereinbarten, jedenfalls aber des tatsächlich erhaltenen Entgeltes als allgemeine Beitragsgrundlage und auf Durchführung eines mängelfreien Beweisverfahrens unter Aufnahme aller relevanten Beweise verletzt erachtet. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bekämpft sie die Auffassung der belangten Behörde, es sei der allgemeinen Beitragsgrundlage im relevanten Zeitraum nur ein Entgelt von brutto S 7.147,-- zugrunde zu legen, unter den Gesichtspunkten der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf drei Ebenen:
Erstens habe die Beschwerdeführerin zum Beweis dafür, daß das ihr gebührende Entgelt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden monatlich brutto S 29.000,-- betragen habe, eine Reihe von Zeugen geführt und auch ihre eigene Einvernahme sowie jene des K. beantragt. Die belangte Behörde habe es aber unterlassen, das beantragte Beweisverfahren durchzuführen, ohne zu begründen, warum sie die beantragten Beweise als irrelevant angesehen habe. Sie stütze sich darauf, in freier Beweiswürdigung zur Annahme des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes gelangt zu sein. Dabei habe sie nicht erkannt, daß nach ständiger Judikatur eine Vorwegwürdigung von Beweisen als unerheblich unzulässig sei.
Zweitens habe die belangte Behörde trotz der Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die Entlohnung in etwa dem Kollektivvertrag entsprochen habe, nicht geprüft, wie hoch das kollektivvertragliche Mindestentgelt sei. Hätte sie dies getan und auch entsprechende Feststellungen zum tatsächlichen Umfang der von der Beschwerdeführerin verrichteten Arbeit getroffen, so hätte sich jedenfalls ein Anspruch in größerer Höhe ergeben als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid angenommen habe. Das begründe auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit.
Drittens hätte nach dem klaren Wortlaut des § 44 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 ASVG selbst dann, wenn kein über dem von der belangten Behörde angenommenen Betrag von S 7.147,-- brutto monatlich hinausgehendes Entgelt vereinbart worden sein sollte, die darüberhinausgehenden tatsächlichen Zahlungen zugrundegelegt werden müssen. Für die Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 1990 sei nun jedenfalls ein höherer Betrag tatsächlich entrichtet worden. Deshalb sei der angefochtene Bescheid jedenfalls bezogen auf diesen Zeitraum mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Demnach ist für die Bemessung der allgemeinen Beiträge nicht lediglich das im Beitragszeitraum an den pflichtversicherten Dienstnehmer (Lehrling) tatsächlich gezahlte Entgelt (die Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch des pflichtversicherten Dienstnehmers (Lehrling) bestand. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach bleibt aber die Regelung dieser Frage, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht, einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen dem Ortsgebrauch überlassen (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 26. Jänner 1984, Zl. 81/08/0211, vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0060, und vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0050).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 5. März 1991, Zl. 89/08/0332) stellt die Versicherungspflicht als notwendige Voraussetzung der Beitragspflicht im Beitragsverfahren eine Vorfrage im Sinne der §§ 38 und 69 Abs. 1 leg. c AVG dar und ist daher im Beitragsverfahren mitzubeurteilen. Obwohl im Beschwerdefall diese Frage mangels Entscheidung darüber als Hauptfrage durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, nicht "Gegenstand der Einspruchsentscheidung" im Sinne einer Hauptfrage war, hat die belangte Behörde doch durch die Bestätigung des bekämpften Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und damit der Übernahme des Spruches dieser Entscheidung implizit diese Vorfrage bejaht. Bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 41 VwGG) hat demnach auch der Verwaltungsgerichtshof (derzeit) davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin jedenfalls im Zeitraum vom 17. April 1990 bis 6. November 1990 in einem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG zu K. als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG mit einem die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 ASVG übersteigenden Entgelt stand (vgl. zur grundsätzlichen rechtlichen Möglichkeit von Beschäftigungsverhältnissen zwischen Ehegatten unter anderem die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1987, Zl. 87/08/0245, vom 27. März 1990, Zl. 85/08/0134, und vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0060). Der Überprüfung obliegt demnach lediglich die Frage, ob die Annahme der belangten Behörde, es sei der allgemeinen Beitragsgrundlage im relevanten Zeitraum lediglich ein Entgelt von S 7.147,-- brutto zugrundezulegen, rechtmäßig ist.
Unbegründet ist zunächst die oben wiedergegebene Inhaltsrüge der Beschwerdeführerin. Denn die belangte Behörde ist nicht davon ausgegangen, daß trotz tatsächlicher Entgeltzahlungen in einem S 7.147,-- brutto (S 6.000,-- netto) monatlich übersteigenden Betrag nur dieser Betrag der Beitragsbemessung zugrundezulegen sei. Sie gelangte vielmehr - in freier Beweiswürdigung - zum Ergebnis, daß im maßgeblichen Zeitraum (wenn überhaupt, so) nur dieser Betrag von K. der Beschwerdeführerin tatsächlich gezahlt worden sei und sie auch keinen Rechtsanspruch auf Bezahlung eines höheren Entgelts gehabt habe. Aber auch die Unterlassung einer Prüfung, wie hoch das kollektivvertragliche Mindestentgelt gewesen sei, stellt keine inhaltliche Rechtswidrigkeit dar, weil die belangte Behörde ja nicht die Rechtsauffassung vertreten hat, es sei trotz des Anspruches der Beschwerdeführerin auf ein höheres kollektivvertragliches Mindestentgelt nur der darunterliegende tatsächlich ausgezahlte Betrag als allgemeine Beitragsgrundlage der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.
Mit den oben wieder gegebenen Verfahrensrügen bekämpft die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Hinweisen).
Einer Prüfung unter diesen Gesichtspunkten hält die Begründung des angefochtenen Bescheides unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens aus nachstehenden Gründen nicht stand:
Die belangte Behörde hatte - sachverhaltsbezogen - zu klären, ob die Beschwerdeführerin, wie sie und K. behauptet haben, im relevanten Zeitraum vereinbarungsgemäß einen Entgeltanspruch im obgenannten Sinn (das heißt "aus dem Dienstverhältnis" und nicht etwa aus anderen Rechtsgründen:
vgl. dazu u. a. die Erkenntnisse vom 19. November 1987, Zl. 87/08/0152, und vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0060) von monatlich brutto S 29.000,-- hatte, im Fall der Verneinung einer solchen Vereinbarung, ob sie im gesamten Zeitraum oder zumindest in einem Teil desselben ein Entgelt in einer S 7.147,-- brutto (S 6.000,-- netto) übersteigenden Höhe erhalten hat (und zwar "aufgrund des Dienstverhältnisses" und nicht aufgrund anderer Umstände: vgl. auch dazu die eben zitierten Erkenntnisse), und - sowohl im Falle, daß sie ein höheres Entgelt erhalten haben sollte, als auch dann, wenn sie nur S 7.147,-- brutto (S 6.000,-- netto) erhalten haben sollte - ob sie nach dem auf ihr Beschäftigungsverhältnis anzuwendenden Kollektivvertrag im relevanten Zeitraum einen Anspruch auf ein Entgelt in einer S 7.147,-- brutto übersteigenden Höhe gehabt hat. Diese Prüfung war nach den gesamten Umständen des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. außer den eben zitierten Erkenntnissen jene vom 17. Dezember 1987, Zl. 87/08/0245, vom 27. März 1990, Zl. 85/08/0134, vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, und vom 27. April 1993, Zl. 93/08/0007 und Zl. 92/08/0230).
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht bei Beschäftigung schwangerer Familienmitglieder ausgesprochen hat, ist die Versicherungspflicht derartiger Beschäftigungsverhältnisse auch dann zu bejahen, wenn diese (ausschließlich) zum Zwecke der Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft eingegangen wurden, sofern nur tatsächlich ein Beschäftigungsverhältnis in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit vorliegt (vgl. die Erkenntnisse vom 13. Oktober 1988, Zl. 87/08/0092, vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0293, und vom 16. Juni 1992, Zl. 87/08/0310). Gleiches gilt im Prinzip auch für die Höhe des Arbeitsentgeltes, soweit sich dieses aus dem (einem geänderten) Arbeitsumfang ergibt (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0060).
Die belangte Behörde hat sich in ihrer Beweiswürdigung, aufgrund derer sie zum Ergebnis gelangte, daß weder eine Vereinbarung im eben genannten Sinn bestand noch ein Entgelt in einer S 7.147,-- brutto (S 6.000,-- netto) monatlich übersteigenden Höhe gezahlt wurde, unter anderem darauf gestützt, daß wegen der festgestellten niedrigen Umsätze im Betrieb des K. der Arbeitsanfall gering gewesen und demgemäß auch nur eine "geringe Dienstleistung" der Beschwerdeführerin vorgelegen sei. Diese Feststellung könnte, so meint die belangte Behörde, auch durch die Einvernahme der im Einspruch genannten Zeugen nicht widerlegt werden. Dies stellt aber einerseits, wie die Beschwerdeführerin mit Recht betont, eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung dar, weil aus geringen Geschäftsumsätzen, noch dazu in einem Lebensmittelgeschäft mit Öffnungszeiten, nicht zwingend darauf geschlossen werden kann, es habe eine dieses Geschäft praktisch allein führende Dienstnehmerin nicht Arbeitsleistungen im Ausmaß von 38,5 Stunden wöchentlich erbracht; andererseits vermag eine umsatzbedingte "geringe Dienstleistung" nicht ohne weiteres die Unglaubwürdigkeit der behaupteten, schon vor Beginn des Dienstverhältnisses getroffenen Entgeltsvereinbarung schlüssig zu begründen. Ungeachtet des Umstandes, daß die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung auch auf andere Momente gestützt hat, die nicht an sich unschlüssig sind (näher begründungsbedürftig ist allerdings u.a., warum bereits anläßlich der im April 1990 erfolgten Behauptung eines vereinbarten Bruttomonatsentgelts von S 29.000,-- "die Erwartung eines hohen Wochengeldes" mitbestimmend gewesen sein sollte, obwohl die Beschwerdeführerin damals noch gar nicht schwanger war), ist der angefochtene Bescheid schon aufgrund des eben genannten Verfahrensmangels mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet.
Ein weiterer relevanter Verfahrensmangel liegt aber darin, daß die belangte Behörde nicht geprüft hat, ob die Beschwerdeführerin nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag einen Entgeltanspruch auf mehr als S 7.147,-- brutto monatlich hatte (vgl. zur Ermittlungspflicht im Zusammenhang mit Kollektivverträgen ua. das Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0050). Zur diesbezüglichen Rechtfertigung der mitbeteiligten Partei in der Gegenschrift, es habe die kollektivvertragliche Entlohnung deshalb nicht erhoben werden können, weil sowohl hinsichtlich der Entlohnung als auch hinsichtlich der Arbeitszeit höchst widersprüchliche Aussagen gemacht worden seien, ist zu bemerken, daß in diesem Zusammenhang widersprüchliche Aussagen hinsichtlich der (behaupteten, aber ohnehin nicht als erwiesen angenommenen) Entlohnung ohne Bedeutung sind, jene hinsichtlich der Arbeitszeit die belangte Behörde aber außer aus den oben angeführten Gründen auch in diesem Zusammenhang zu einem ergänzenden Verfahren hätten veranlassen müssen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der außer acht gelassenen Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz der beigebrachten Stempelgebühren konnte im Rahmen des allgemeinen Kostenbegehrens nach § 59 Abs. 3 VwGG wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) nicht zugesprochen werden.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Besondere Rechtsgebiete Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit Dienstnehmer Begriff Verkäufer Verschleißer Dienstnehmer Begriff Wirtschaftliche Abhängigkeit Entgelt Begriff Entgelt Begriff Anspruchslohn Inhalt der Berufungsentscheidung Kollektivvertrag Mindestlohn Mitarbeit von Angehörigen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Verfahrensmangel Sachverhalt Vorfrage freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080112.X00Im RIS seit
20.11.2000