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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über den Antrag des H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 25. Mai 1993, Zl. 93/04/0066 die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Jänner 1993 eingebrachte Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde zurückgewiesen, weil sie erst nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist eingebracht wurde.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragssteller die Wiedereinsetzung in vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde im wesentlichen mit folgender Begründung:
Der Zurückweisungsbeschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1993 sei in der Kanzlei seines Vetreters am 23. Juni 1993 eingelangt. Erst aufgrund dieses Beschlusses sei bemerkt worden, daß die Frist von der Kanzlei seines Vertreters unrichtig berechnet und im Fristenbuch auch unrichtig eingetragen worden sei. Die verantwortliche Führung des Fristenvormerkes und die Berechnung der Fristen liege in den Händen der Kanzleileiterin seines Rechtsvertreters, welche diese Funktion seit ca. zwölf Jahren alleine ausübe, ohne daß ihr je ein Versehen bei der Berechnung und Eintragung von Fristen unterlaufen sei. Sein Rechtsvertreter überprüfe stichprobenartig die vorgenommenen Fristberechnungen und Eintragungen, der hier aufgetretene Fehler sei ihm jedoch offensichtlich nicht aufgefallen. Die Kanzleileiterin habe im vorliegenden Fall, wie dies von Rechtsanwalt Dr. M angeordnet worden sei, das Fristende für die Erhebung der Beschwerde sicherheitshalber doppelt in das Fristenbuch eingetragen, und zwar einmal drei Wochen nach Einlangen der Berufungsentscheidung und einmal sechs Wochen danach. Die Kanzleileiterin habe offensichtlich die Zählung fehlerhafterweise nicht mit dem 18. Februar 1993, sondern mit dem 18. März 1993 begonnen und sei daher zu einem unrichtigen Fristenvormerk "7.4.1993" und "28.4.1993" gelangt.
Üblicherweise pflege der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers Verwaltungsgerichtshofsbeschwerden innerhalb der kürzeren zur Verfügung stehenden Frist vorsichtsweise auszuführen; dies habe er auch im vorliegenden Fall tun wollen. Bei Abfassung der Beschwerde sei ihm das Verstreichen der Frist nicht aufgefallen; dies hätte ihm auch nichts genützt, da die Beschwerdefrist bereits am 7. April 1993 abgelaufen gewesen sei. Für den Beschwerdeführer stellten sich der Fehler der Kanzleileiterin des Rechtsanwaltes Dr. M sowie ein Nichtbemerken des fehlerhaften Fristvormerkes durch diesen als unvorhersehbare und unabwendbare Ereignisse dar.
Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Wiedereinsetzungsantrag in den Fällen des Abs.1 beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Als Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. ist jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde, so hört das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG auf, sobald der Beschwerdeführer (Beschwerdevertreter) den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und mußte, nicht aber erst in dem Zeitpunkt in dem der Beschluß über die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet zugestellt worden ist. Im Hinblick auf die Bedeutung, die die Wahrung der Beschwerdefrist nach § 34 Abs. 1 VwGG hat, ist vom Beschwerdeführer bzw. von einem Vertreter zu erwarten, daß er anläßlich der Verfassung bzw. Unterfertigung der Beschwerde ein Augenmerk auch darauf richtet, welcher Zeitraum bis zum Ablauf der Beschwerdefrist noch zur Verfügung steht. Kann er im Zeitpunkt der Unterfertigung der Beschwerde bei Einhaltung dieser gehörigen Aufmerksamkeit erkennen, daß die Beschwerdefrist bereits abgelaufen ist, so hat jedenfalls damit das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG aufgehört (vgl. hiezu die hg. Beschlüsse vom 21. September 1990, Zlen. 90/17/0323 bis 0326 und vom 27. Februar 1992, Zl. 92/17/0054).
Im vorliegenden Fall hat der Vertreter des Antragstellers spätestens am 7. April 1993 - den Tag, mit dem die Beschwerde datiert ist und an dem sie zur Post gegeben wurde - die Beschwerde unterfertigt. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschwerdevertreter sein Augenmerk darauf zu richten gehabt, ob die Beschwerdeerhebung rechtzeitig erfolgt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit (durch einfaches Nachrechnen) hätte er daher erkennen müssen, daß die Beschwerdefrist bereits abgelaufen ist. Daß etwa der Zeitpunkt der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung aus seinen Unterlagen nicht zu entnehmen wäre, wurde nicht vorgebracht. Damit hat das Hindernis an der Fristeinhaltung im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG spätestens am 7. April 1993 zu bestehen aufgehört.
Der Wiedereinsetzungsantrag war daher als verspätet zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993040116.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
23.06.2010