TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/22 93/06/0156

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Veröffentlicht am 22.09.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 lita;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der M in G, vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tir LReg vom 8. 10. 1992, Zl. Ve1-550-1837/4, betr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Vorstellung in einem Bauverfahren (mP:

1. X Gesellschaft m.b.H in V; 2. Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 11. April 1991 erteilte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Partei der erstmitbeteiligten Partei unter verschiedenen Auflagen die baubehördliche Bewilligung zum Umbau eines ehemaligen Gasthauses in Wohnungen sowie Geschäftsräume. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies der Gemeindevorstand der zweitmitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 10. Juni 1991 ab. Die gegen diese Entscheidung erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 5. September 1991 deshalb als verspätet zurück, da dieses Rechtsmittel unzuständigerweise bei der Tiroler Landesregierung eingebracht und nach Weiterleitung an die zuständige Behörde dort verspätet eingelangt sei.

In ihrem rechtzeitigen Wiedereinsetzungsantrag führte die Beschwerdeführerin aus, ihr Rechtsvertreter habe die Frist zur Einbringung der Vorstellung ordnungsgemäß kalendiert, am letzten Tag der Rechtsmittelfrist verfaßt und zur Post gegeben. Unvorhersehbar habe der Beschwerdeführervertreter jedoch an diesem Tag an einer, seine Arbeits- und Konzentrationsfähigkeit stark beeinträchtigenden fiebrigen Erkältung gelitten. Da er jedoch vermeinte, trotzdem seiner Arbeit noch nachkommen zu können und sich des Umfanges seiner Beeinträchtigung nicht bewußt gewesen sei, sei ihm entgegen seiner ursprünglichen Absicht die Einbringung der Vorstellung bei einer unzuständigen Behörde, nämlich der Tiroler Landesregierung, unterlaufen. Sowohl die Erkrankung als auch der krankheitsbedingte Beeinträchtigungszustand wären unvorhergesehen gewesen und überstiege ein allfälliges Verschulden hiebei nicht einen minderen Grad des Versehens.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin keine Folge und führte hiezu begründend aus, sie zweifle nicht an der Sachverhaltsschilderung des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin; dieser Sachverhalt erfülle jedoch nicht den für die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages gesetzlichen Tatbestand des § 71 Abs. 1 AVG. Vielmehr sei die durch eine falsche Adressierung des Schriftsatzes verursachte Fristversäumung als verschuldet anzusehen, hatte der Beschwerdeführervertreter doch nicht glaubhaft darlegen können, warum die von ihm behauptete, durch die fiebrige Erkältung bedingte Beeinträchtigung der Konzentrations- und Arbeitsfähigkeit ihn zwar nicht an der Ausarbeitung der Vorstellung selbst (welche überdies auf insgesamt fünf Seiten detaillierte Ausführungen und Begründungen enthalten habe) hinderte, diese beeinträchtigte Konzentrations- und Arbeitsfähigkeit jedoch für die falsche Adressierung der Vorstellung ursächlich sein sollte.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zuerst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser lehnte mit Beschluß vom 15. Juni 1993, Zl. B 2007/92-4, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unanwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, daß eine die Dispositionsfähigkeit nicht ausschließende Krankheit nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. April 1987, Zl. 86/03/0108, 0109 m.w.N.).

Eine derartige nahezu vollständige Dispositionsunfähigkeit behauptet die Beschwerdeführerin weder in seinem, im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen, Wiedereinsetzungsantrag noch in seiner Beschwerde. Damit mangelt es aber an der Unabwendbarkeit des geltend gemachten Ereignisses. Es bedarf daher keiner weiteren Untersuchung, wie es zur unrichtigen Adressierung des Schriftsatzes gekommen und ob dieser Vorgang ursächlich auf die behauptete Dispositionsunfähigkeit zurückzuführen ist.

Bei dieser Sach- und Rechtslage hat die belangte Behörde zu Recht dem Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993060156.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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