Index
L85007 Straßen Tirol;Norm
B-VG Art18 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. September 1987, Zl. IIb1-L-1403/3-1987, betreffend die Weggemeinschaft "Z" (mitbeteiligte Partei:
Stadtgemeinde Kitzbühel, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der Stadtgemeinde Kitzbühel Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Die Stadtgemeinde Kitzbühel hat mit der Verordnung vom 30. Jänner 1986, in Kraft getreten am 19. Februar 1986, die Weganlage "Z" als öffentlichen Interessentenweg erklärt. Diese Verordnung stützte sich auf das Ergebnis einer mündlichen Verhandlung am 13. November 1985, bei der sowohl nach Auffassung der Stadtgemeinde Kitzbühel als auch nach Auffassung der Tiroler Landesregierung die gemäß § 43 des Tiroler Straßengesetzes geforderte Mehrheit der Beteiligten die Zustimmung für die beabsichtigte Erklärung der Weganlage "Z" als öffentlichen Interessentenweg erteilt hat. Auf Grund dieser Verordnung hat der Gemeinderat der Stadtgemeinde Kitzbühel mit Bescheid vom 21. Jänner 1987 gemäß §§ 44 und 46 des Tiroler Straßengesetzes die Interessenten bezeichnet und ihre Beitragsanteile festgelegt; unter der laufenden Nummer 5 dieses Bescheides ist u.a. als Interessentin eine Frau "M" mit bestimmten Beitragsanteilen angeführt.
Gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 21. Jänner 1987 erhob u.a. die Beschwerdeführerin Vorstellung: Der Bescheid der Stadtgemeinde leide deshalb an einem Verfahrensmangel, weil als Adressatin eine Frau "Me" und nicht die Beschwerdeführerin angeführt sei. Die Erklärung der Weganlage "Z" zum öffentlichen Interessentenweg sei deswegen gesetzwidrig erfolgt, weil sich § 43 des Tiroler Straßengesetzes nur auf neu angelegte oder bisher nicht öffentliche Wege beziehe, im vorliegenden Fall jedoch bereits ein öffentlicher Weg, nämlich eine Gemeindestraße, vorgelegen habe. Weiters sei das Verfahren, welches zur Erlassung des Bescheides des Gemeinderates führte, mangelhaft gewesen, da zum Teil die Ladungen für die Versammlung der Weginteressenten vom 13. November 1985 verspätet zugestellt worden seien.
Diese Vorstellung wurde von der Tiroler Landesregierung mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. September 1987 als unbegründet abgewiesen: Bei der falschen Schreibweise des Namens handle es sich um einen berichtigbaren Schreibfehler gemäß § 62 Abs. 4 AVG; ein Verfahrensmangel sei darin nicht zu sehen. Die Vorstellungsbehörde pflichte der Auffassung der Beschwerdeführerin bei, daß der fragliche Weg bisher als Gemeindestraße benutzt wurde, d.h. daß das Kriterium der "Öffentlichkeit" schon bisher vorgelegen sei. Mit der Erklärung der Weganlage "Z" zum öffentlichen Interessentenweg sei aber die bisherige Kategorie "Gemeindestraße" verlassen und damit auch das Kriterium der "Öffentlichkeit" aberkannt sowie anschließend ausdrücklich festgestellt worden, daß es sich künftighin um einen öffentlichen Interessentenweg gemäß § 43 des Tiroler Straßengesetzes handeln solle. Die Erklärung zum öffentlichen Interessentenweg sei somit gesetzmäßig erfolgt. Zum Vorwurf mangelhafter Ladung zur Versammlung der Weginteressenten am 13. November 1985 sei festzustellen, daß auch bei ordnungsgemäßer Ladung die erforderliche Mehrheit für die Zustimmung der Interessenten für die Erklärung zum öffentlichen Interessentenweg zustande gekommen wäre. Dies bedeute, daß in weiterer Folge der Gemeinderat auch keinen anders lautenden Bescheid betreffend die Bildung der Weggemeinschaft "Z" erlassen hätte können. Es handle sich daher um keinen wesentlichen Verfahrensmangel. Im übrigen sei der behauptete Verfahrensmangel durch eine nachträglich eingeholte schriftliche Stellungnahme der Betroffenen bereinigt worden.
Gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. September 1987 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluß vom 27. Februar 1990, B 1140/87-7, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In ihrer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, daß sich ihre Liegenschaft an einer Gemeindestraße gemäß §§ 33 - 41 des Tiroler Straßengesetzes befinde, die von der Gemeinde zur Gänze erhalten und betreut werde. Sie werde einerseits mit den Kosten betreffend den unteren Teil des Weges "Z" und andererseits mit den Kosten des anschließenden Wegstückes von der Siedlung Z bergwärts belastet. Es sei bei der Anberaumung der Verhandlung zu Mängeln bei der Ladung gekommen, die auch durch eine nachträgliche Kontaktaufnahme nicht saniert werden könne. Weiters sei die Stimme des Eigentümers der Liegenschaft unter der laufenden Nummer n J mit 7,68 Anteilen unrichtigerweise als Pro-Stimme gerechnet worden, obwohl die Stimme unter einer Bedingung abgegeben worden sei. Nur durch die Hinzuzählung dieser Stimme sei die erforderliche Mehrheit zustande gekommen. Die Grundparzellen der Weganlage seien im übrigen alle öffentliche Wege. Jedenfalls für den unteren Teil der Weganlage seien niemals Errichtungs-, Erhaltungs- oder Betreuungskosten gefordert worden; es sei daher dieser Teil zweifellos eine Gemeindestraße. Es sei diese bisherige Kategorie nicht in einer dafür vorgesehenen Weise "verlassen" worden; insbesondere sei die erforderliche Genehmigung der Landesregierung nicht eingeholt worden. Die Beschwerdeführerin beantragt deshalb, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu beheben.
2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei stand das Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 1/1951, in der Fassung LGBl. Nr. 10/1970, in Geltung. Es ist daher im Beschwerdefall noch dieses Landesgesetz anzuwenden. Gemäß § 48 Abs. 1 lit. a dieses Tiroler Straßengesetzes obliegt es u.a. dem Gemeinderat, über die Erklärung eines Weges als öffentlichen Interessentenweg zu entscheiden. Weiters hat der Gemeinderat gemäß § 48 Abs. 1 lit. c leg.cit. über die Bildung oder Auflösung einer Weggemeinschaft zu entscheiden. § 43 leg.cit. legt fest, daß die Erklärung eines neu angelegten oder bisher nicht öffentlichen Weges als öffentlicher Interessentenweg nur dann erfolgen kann, wenn eine Gruppe von Beteiligten für die Übernahme oder Herstellung und Erhaltung des Weges stimmt, die mindestens die einfache Mehrheit der Beteiligten umfaßt und mindestens 75 v.H. der Übernahms- oder Bau- und Erhaltungskosten sich zu tragen verpflichtet. Gleichzeitig mit der Erklärung eines neuen Weges als öffentlichen Interessentenweg sind, so legt § 46 Abs. 1 leg.cit. fest, die Interessenten festzustellen und zu einer öffentlich-rechtlichen Weggemeinschaft zusammenzufassen.
Auf Grund dieser Rechtslage sind daher folgende Verfahrensphasen auseinanderzuhalten: Zuerst hat die Erklärung als öffentlicher Interessentenweg zu erfolgen; diese Erklärung erfolgt durch den Gemeinderat mit Verordnung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. April 1988, Zl. 87/17/0165). Erst wenn diese Verordnung in Wirksamkeit getreten ist, kann der Gemeinderat gemäß § 48 Abs. 1 lit. c Tiroler Straßengesetz mit Bescheid die Weggemeinschaft derart bilden, daß die Interessenten festgestellt und entsprechend ihrem Beitragsanteil zu einer öffentlich-rechtlichen Weggemeinschaft zusammengefaßt werden (§ 46 Abs. 1 leg.cit.).
2. Soweit sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation in ihrer Beschwerde gegen die Erklärung als öffentlichen Interessentenweg wendet, bekämpft sie eine Verordnung; es handelt sich dabei vor allem um ihre Argumentation im Zusammenhang mit der mangelhaften Ladung zur Verhandlung am 13. November 1985 sowie um die Frage der Zustimmungserklärung des J ("mit der Übernahme von 7,68 Anteilen einverstanden, bei einer annehmbaren Neutrassierung des unteren Wegbereiches"); ebenso bezieht sich das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit der Bewertung der fraglichen Weganlage als Gemeindestraße auf die allfällige Rechtswidrigkeit der Erklärung in Verordnungsform. Hier ist darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsgerichtshof, der von der Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen befaßt worden ist, keinen Anlaß fand, von Amts wegen ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten; der Verfassungsgerichtshof hat vielmehr - wie unter I.
dargestellt - die Behandlung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde abgelehnt. Auch dem Verwaltungsgerichtshof scheint das Beschwerdevorbringen gegen die Verordnung nicht in einer Weise von Bedeutung, daß damit die Rechtswidrigkeit der Verordnung begründet werden könnte. Zum einen ist tatsächlich davon auszugehen, daß im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung eine abgesicherte Mehrheit jedenfalls bestanden hat. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin bestätigt, da sie lediglich darauf abstellt, daß die Stimme des J nicht als Pro-, sondern als Kontra-Stimme gewertet hätte werden müssen. Dem hat die Stadtgemeinde Kitzbühel in ihrer Gegenschrift - zu Recht - entgegengehalten, daß man diesen Vorbehalt des J auch anders, und zwar derart deuten könne, daß er damit in besonderer Weise sein Interesse an der Mitgestaltung der Neutrassierung hervorstreichen wollte. Im übrigen ist davon auszugehen, daß die Zulässigkeit derartiger Bedingungen ohne gesetzliche Grundlage zu verneinen ist; mangels gesetzlicher Grundlage ist sie als nicht beigesetzt anzusehen. Die Frage schließlich, ob durch die Erklärung der fraglichen Weganlage zum öffentlichen Interessenweg gleichzeitig auch gemäß § 33 die Eigenschaft als "Gemeindestraße" aberkannt worden ist, ist im Sinne der Äußerung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift durchaus vertretbarerweise zu bejahen.
Im übrigen läßt die Beschwerdeführerin unberücksichtigt, daß das Tiroler Straßengesetz aus dem Jahre 1951 durch das Gesetz LGBl. Nr. 10/1970 novelliert worden ist. Dabei sind vor allem auch § 37, § 38 und § 49 leg.cit. derart geändert worden, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Erlassung der Verordnung (z.B. erforderliche Genehmigung durch die Landesregierung) nicht mehr zutreffen. Geht man - mit dem Verfassungsgerichtshof - davon aus, daß die Verordnung betreffend die Erklärung Weganlage als öffentlicher Interessentenweg rechtlich auf keine Bedenken stößt, so ist schon deshalb der Beschwerde der Boden entzogen. Die Beschwerdeführerin bringt nämlich gegen den angefochtenen Bescheid selbst im wesentlichen nur vor, daß die Bildung der Weggemeinschaft gemäß § 46 Tiroler Straßengesetz nicht "gleichzeitig" mit der Erklärung als öffentlicher Interessentenweg erfolgt sei. Wie unter 1. dargestellt, setzt die Bildung der Weggemeinschaft gemäß § 46 leg.cit. die Wirksamkeit der Erklärung als öffentlichen Interessentenweg voraus. In diesem Sinn lag Gleichzeitigkeit formal nicht (mehr) vor, wenn die Bildung der Weggemeinschaft erst mit dem Bescheid vom 21. Jänner 1987 auf der Basis der bereits am 19. Februar 1986 wirksam gewordenen Verordnung vom 30. Jänner 1987 erfolgte. Normativ handelt es sich dabei freilich nur um eine Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung keine rechtlichen Konsequenzen hat. Auch die Beschwerdeführerin bringt diesbezüglich nichts vor.
3. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das auf die Stempelgebühren bezogene Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war deshalb abzuweisen, weil Gebietskörperschaften nicht gebührenpflichtig sind.
Schlagworte
Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990060061.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
26.11.2009