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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art18 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der entscheidungsbefugten Kommission des Gesamtkollegiums der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien vom 30. März 1992, Zl. 2363/92, betreffend Ansuchen um Führung des akademischen Grades "Magister der Künste", zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Doktor der Medizin und hat an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst die Studienrichtung "Film und Fernsehen-Produktion" absolviert.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung der an der Universität Wien im Rahmen des Erststudiums absolvierten Prüfungen aus den Lehrveranstaltungen aus Gynäkologie, Dermatologie, Gerichtsmedizin, Hygiene, Augenheilkunde, Interne, Pharmakologie, Pathologie, Anatomie, Propädeutik, Chemie und Physik für das Ergänzungsstudium gemäß § 56 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 16 Abs. 1, 30 und 31 des Kunsthochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 187/1983, ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 56 Abs. 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 dritter Satz des Kunsthochschul-Studiengesetzes sollten die für das Ergänzungsstudium zusätzlich vorzuschreibenden Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 12 Semesterwochenstunden der wissenschaftlichen Vertiefung und Erweiterung der Studien, insbesondere auf geistes- und stilgeschichtlichem, soziologischem oder ästhetisch-kritischem Gebiet dienen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Nachweise über an der Universität Wien absolvierte Lehrveranstaltungen wiesen in keinem Fall Bezug zu geistes- und stilgeschichtlichen, soziologischen oder ästhetisch-kritischen Wissensgebieten auf und dienten somit nicht der wissenschaftlichen Vertiefung und Erweiterung der Studienrichtung Film und Fernsehen (Produktion). Die im Gesamtkollegium vom 15. März 1984 beschlossenen Richtlinien betreffend die Durchführung des Ergänzungsstudiums gemäß § 56 leg.cit. würden darüberhinaus die Berücksichtigung folgender Gebiete bei der Absolvierung von Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 12 Semesterwochenstunden vorsehen:
a) grundlegende Unterweisung in Denk- und Verbalisierungsmethoden (z.B. in Form eine Proseminars "Einführung in die Technik des wissenschaftlichen Arbeitens"),
b) Handhabung des wissenschaftlichen Apparates im speziellen Fachgebiet einer allfällig abzufassenden schriftlichen Arbeit,
c) Lehrveranstaltungen, deren Inhalt in sinnvollem Zusammenhang mit den Diplomstudien, der schriftlichen Arbeit sowie den spezifischen Fachinteressen des Bewerbers stehen.
Da die vom Beschwerdeführer angeführten Lehrveranstaltungen den genannten Bestimmungen nicht entsprächen sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, die Rechtsgrundlage der Übertragung der Kompetenz des Gesamtkollegiums an die Kommission für Angelegenheiten des Ergänzungsstudiums darzulegen und die Entscheidungsbefugnis durch die entsprechenden Akten zu dokumentieren, die unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erging, teilte die belangte Behörde unter Vorlage des Protokolls über die Sitzung des Gesamtkollegiums vom 15. März 1984, in welcher im Tagesordnungspunkt 11 die Einrichtung der Ergänzungsstudienkommission gemäß § 56 KHStG beschlossen wurde und des Aktes Zl. 145/93 über die Kundmachung der Kommissionen des Gesamtkollegiums enthaltend die Kundmachung der Ergänzungsstudienkommission mit, diese Kundmachung vom 13. Jänner 1983 betreffe auch den Beschluß über die vorher genannte Einrichtung der Ergänzungsstudienkommission gemäß § 56 KHStG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall kommt, da es sich bei der Verleihung des beantragten akademischen Grades gemäß § 56 Abs. 2 des Kunst-Hochschulstudiengesetzes, BGBl. Nr. 187/1983, in der Fassung BGBl. Nr. 348/1986 (KHStG), um eine Studienangelegenheit gemäß § 22 Abs. 1 lit. c des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 54/1970 in der Fassung BGBl. Nr. 366/1990 (KHSchOrgG), handelt, dem Gesamtkollegium der Kunsthochschule Entscheidungsbefugnis im selbständigen Wirkungsbereich zu. Nach § 14 der Geschäftsordnung des Gesamtkollegiums der Hochschule für Musik un darstellende Kunst in Wien (§ 21 Abs. 9 KHSchOrgG) kann das Gesamtkollegium aus seiner Mitte ständige Kommissionen mit Entscheidungsbefugnis (lit. a) und ständige Kommissionen zur Vorberatung, Begutachtung und Bearbeitung einzelner Angelegenheiten (ohne Entscheidungsbefugnis; lit. b) bilden. Von dieser Möglichkeit, eine entscheidungsbevollmächtigte Kommission einzusetzen, hat das Gesamtkollegium der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien mit seinem Beschluß vom 15. März 1984 (Tagesordnungspunkt 11) Gebrauch gemacht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 7. Juli 1981, Zlen. 81/07/0078, 0079, Slg. N.F. Nr. 10.517/A, und vom 18. November 1992, Zl. 92/12/0158, ausgesprochen hat, kann die Übertragung einer Angelegenheit von einem Kollegialorgan an eine gemäß § 21 Abs. 9 KHSchOrgG gebildete Kommission nur durch eine Verordnung gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG erfolgen, da die österreichische Rechtsordnung andere Rechtsnormen als Zwischenstufe zwischen Gesetz und Bescheid nicht vorsieht.
Im Beschwerdefall wurde zwar durch die Beschlußfassung am 15. März 1984 von der grundsätzlichen Befugnis, eine entscheidungsbevollmächtigte Kommission einzusetzen, vom Gesamtkollegium der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien Gebrauch gemacht, dieser Beschluß wurde jedoch erst am 13. Jänner 1993, also nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, kundgemacht. Nicht gehörig kundgemachte Beschlüsse des Gesamtkollegiums der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien sind für den Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die anstelle des Gesamtkollegiums als Behörde eingeschrittene (entscheidungsbevollmächtigte) Kommission war daher zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zu der von ihr getroffenen Entscheidung zuständig.
Der Beschwerdeführer machte zwar die Unzuständigkeit der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht geltend, doch ist gemäß § 41 Abs. 1 VwGG die Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen wahrzunehmen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Der Aussspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992120104.X00Im RIS seit
11.07.2001