TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/28 92/12/0203

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Veröffentlicht am 28.09.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

B-VG Art18 Abs2;
UOG 1975 §15 Abs7;
UOG 1975 §15 Abs8;
UOG 1975 §64 Abs3 litg;
UOG 1975 §75;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des Dr. J in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des o.Univ.-Prof. Dr. P als Entscheidungsbevollmächtigter des Universitätskollegiums der Wirtschaftsuniversität Wien, betreffend Nostrifizierung eines ausländischen akademischen Grades, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat am 28. Mai 1984 an der Philipps-Universität Marburg den akademischen Grad "Diplom-Volkswirt" erworben. Am 25. Mai 1992 suchte der Beschwerdeführer an der Wirtschaftsuniversität Wien um die Nostrifizierung des akademischen Grades Diplomvolkswirt mit dem inländischen akademischen Grad eines Magisters der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Studienrichtung Volkswirtschaft) an.

Über diesen Antrag des Beschwerdeführers erging folgender, nunmehr angefochtener Bescheid:

"BETREFFEND Ihr Ansuchen um Nostrifizierung Ihres an der Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, am 23. Mai 1984 erworbenen ausländischen akademischen Grades "Diplom-Volkswirt".

Aufgrund des Beschlusses des vom Universitätskollegium der Wirtschaftsuniversität Wien gemäß § 15 Abs. 8 des Universitäts Organisationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975 idgF, diesbezüglich mit Entscheidungsvollmacht ausgestatteten Mitgliedes ergeht folgender

SPRUCH

Da das von Ihnen nachgewiesene ausländische Studium nicht als gleichwertig mit dem entsprechenden inländischen Studium der Studienrichtung Volkswirtschaft anzusehen ist, werden gemäß § 40 Abs. 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG), BGBl. Nr. 177/1966 idgF, folgende Bedingungen festgelegt, von deren Erfüllung die Nostrifizierung mit dem inländischen akademischen Grad

"MAGISTER DER SOZIAL- UND WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN"

(Bundesgesetz über sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtungen, BGBl. Nr. 57/1983 idgG,

Studienordnung für die Studienrichtung Volkswirtschaft, BGBl. Nr. 172/1984 idgF)

abhängig ist:

I. Studienabschnitt:

1.)

Nachweis des jeweils gültig inskribierten Semesters;

2.)

positive Beurteilung der Teilnahme an dem Proseminar "Grundzüge des Privatrechts" im Rahmen des I. Studienabschnittes laut volkswirtschaftlicher Studienordnung;

3.)

positive Teilnahme an der Vorprüfung aus dem Gebiet "Grundzüge des Privatrechts" im Rahmen der 1. Diplomprüfung;

4.)

positive Beurteilung der Teilnahme an dem Proseminar "Elektronische Datenverarbeitung" im Rahmen des I. Studienabschnittes laut volkswirtschaftlicher Studienordnung.

BEGRÜNDUNG

Das vom Universitätskollegium der Wirtschaftsuniversität Wien mit Entscheidungsvollmacht ausgestattete Mitglied hat unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Ansuchens geltenden inländischen Studienvorschriften geprüft, ob das von Ihnen nachgewiesene ausländische Studium umfangmäßig, anforderungsmäßig sowie inhaltlich als gleichwertig mit dem entsprechenden inländischen Studium anzusehen ist und ob Ihnen daher aufgrund des nachgewiesenen Studiums, der Prüfungen und der sonstigen wissenschaftlichen Leistungen der angestrebte akademische Grad an einer inländischen Hochschule zuerkannt werden könnte.

Diese Prüfung hat ergeben, daß in dem im Spruch angeführten Studienfach die gesetzlich geforderte Gleichwertigkeit nicht vorliegt.

Die Nostrifizierung ist daher von der Erfüllung der auferlegten Bedingungen abhängig zu machen.

Gemäß § 79 Abs. 2 lit h UOG obliegt der Universitätsdirektion der Wirtschaftsuniversität Wien die Ausfertigung dieses Bescheides aufgrund des angeführten Beschlusses.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig.

HINWEIS

Es kann aber binnen 6 Wochen ab Zustellung des Bescheides Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde muß von einem dazu bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden bzw. mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein.

Ord.Univ.Prof.Dr. P.m.p."

Mit der vorliegenden Beschwerde werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nostrifizierung des akademischen Grades sowie in Verfahrensrechten verletzt.

Die belangte Behörde hat unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens eine Gegenschrift erstattet und über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst das Protokoll über die Sitzung des Universitätskollegiums der Wirtschaftsuniversität Wien vom 13. März 1991 vorgelegt, wonach die Übertragung der Entscheidungsvollmacht gemäß § 15 Abs. 8 UOG für das Studienjahr 1991/92 für Nostrifizierungen ausländischer akademischer Grade und Studienabschlüsse (§ 40 AHStG; Vorschlag: Prof. Dr. P), einstimmig an den Genannten erfolgte. Schließlich teilte die Universitätsdirektion der Wirtschaftsuniversität Wien mit Schreiben vom 30. Juni 1993 mit, daß der zuletzt genannte Beschluß des Universitätskollegiums vom 13. März 1991 nicht im Mitteilungsblatt der Wirtschaftsuniversität Wien verlautbart worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 64 Abs. 3 lit. q UOG ist die Verleihung akademischer Grade, die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade, die Erneuerung akademischer Grade sowie deren Widerruf vom Fakultätskollegium in selbständigen Wirkungsbereich zu besorgen. An Universitäten ohne Fakultäten, wie der Wirtschaftsuniversität Wien, obliegen gemäß § 75 UOG die Aufgaben, die an den Universitäten mit Fakultätsgliederung dem Fakultätskollegium zukommen, dem Universitätskollegium. Nach § 15 Abs. 8 UOG können mit Zweidrittelmehrheit einzelne Mitglieder von Studienkommissionen, Fakultätskollegien, akademischen Senaten und Universitätskollegien mit Entscheidungsvollmacht für bestimmte Angelegenheiten für höchstens ein Studienjahr ausgestattet werden. Eine solche Entscheidungsvollmacht darf nur einem Universitätslehrer, der in einem der Universität zugeordneten Dienstverhältnis zum Bund steht, dem Universitätsdirektor, dem Bibilotheksdirektor oder einem sonstigen Mitarbeiter im wissenschaftlichen Betrieb gemäß § 23 Abs. 3 lit. a Z. 1 und lit. b Z. 1 übertragen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen vom 30. November 1987, Zl. 87/12/0094, und vom 7. Juli 1981, Zlen. 81/07/0078, 0079, Slg. N.F. Nr. 10.517/A, ausgesprochen, daß die Übertragung einer Angelegenheit von einem Kollegialorgan an eine nach § 15 Abs. 7 UOG gebildete Kommission nur durch eine Verordnung gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG erfolgen kann, da die österreichische Rechtsordnung andere Rechtsnormen als Zwischenstufe zwischen Gesetz und Bescheid nicht vorsieht. Gleiches muß auch für die Übertragung einer Angelegenheit von einem Kollegialorgan an einzelne Mitglieder nach § 15 Abs. 8 UOG gelten.

Das Universitätskollegium der Wirtschaftsuniversität Wien hat von der Möglichkeit der Übertragung der Angelegenheit der Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade an ein einzelnes Mitglied mit seinem Beschluß vom 13. März 1991 betreffend Übertragung der Entscheidungsvollmacht für Nostrifizierungen im Studienjahr 1990/91 an o.Univ. Prof. Dr. Peter Schifko Gebrauch gemacht. Dieser Beschluß wurde jedoch nicht kundgemacht. Nicht gehörig kundgemachte Beschlüsse des Universitätskollegiums der Wirtschaftsuniversität Wien sind für den Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Der anstelle des Universitätskollegiums als Behörde eingeschrittene Universitätsprofessor war daher nicht zu der von ihm getroffenen Entscheidung zuständig (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1992, Zl. 92/12/0158).

Der Beschwerdeführer machte zwar die Unzuständigkeit der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht geltend, doch ist gemäß § 41 Abs. 1 VwGG die Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen wahrzunehmen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Aussspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992120203.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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