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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. September 1992, Zl. VerkR-390.681/1-1992/Au, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen sechs Wochen gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides einen Leberbefund hinsichtlich der Parameter GOT, GPT, GGT und MCV vorzulegen. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, daß seine Lenkerberechtigung, sollte er dieser Aufforderung nicht nachkommen, entzogen werden würde. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11. Juni 1992 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer legte den geforderten Befund innerhalb der gesetzten Frist nicht vor, weshalb mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. August 1992 dem Beschwerdeführer die für die Gruppen A und B erteilte Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 entzogen wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 ist dem Besitzer einer Lenkerberechtigung dann, wenn er einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde zu erbringen oder die Lenkerprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge leistet, die Lenkerberechtigung zu entziehen.
Insoweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, die belangte Behörde habe die Gründe für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 75 Abs. 1 KFG 1967 nicht geprüft und auch nicht hinreichend begründet, ob konkrete Anhaltspunkte für die Vermutung bestünden, es mangle derzeit an der "fachlichen Befähigung" des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen, ist ihm zu entgegnen, daß für die Erlassung eines Bescheides nach § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 lediglich erforderlich ist, daß der Besitzer einer Lenkerberechtigung einer an ihn rechtskräftig ergangenen Aufforderung bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides erster Instanz keine Folge geleistet hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1992, Zl. 92/11/0269). Dagegen sind die Gründe, die Anlaß für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung boten, nicht mehr zu prüfen und es ist auch für eine Auseinandersetzung mit der geistigen und körperlichen Eignung der betreffenden Person in einem solchen Verfahren kein Raum.
Insoweit der Beschwerdeführer bekämpft, daß die belangte Behörde die Entziehung der Lenkerberechtigung auf § 75 Abs. 2 und nicht auf § 73 gestützt habe und insoweit er den Ausspruch vermißt, für welche Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe, ist er darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 um eine Entziehung sui generis handelt (sogenannte "Formalentziehung"), die weder § 73 noch § 74 KFG 1967 zuzuzählen ist, worauf schon die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hingewiesen hat. Im Falle der Entziehung der Lenkerberechtigung nach dem zweiten Satz des § 75 Abs. 2 KFG 1967 ist keine Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 festzusetzen; die betreffende Person ist vielmehr jederzeit berechtigt, einen Antrag auf (Wieder-)Erteilung der Lenkerberechtigung zu stellen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1991, Zl. 91/11/0082).
Der Beschwerdeführer verweist ferner darauf, daß er mit seinem gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Rechtsmittel vom 1. September 1992 einen Leberbefund vorgelegt habe, den die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen. Die belangte Behörde hätte auch den als "Einspruch" bezeichneten Schriftsatz als Wiedereinsetzungs- oder Wiederaufnahmsantrag behandeln müssen.
Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 1. September 1992 hat folgenden Inhalt:
"Bezugnehmend auf den Bescheid der BH Urfahr-Umg. v. 18.8.1992, Zahl VerkR-0301/7582/1956, adressiert an mich, E, wegen Entzug der Lenkerberechtigung erhebe ich
Einspruch in offener Frist und begründe dies wie folgt:
Ich habe mich in der angegebenen Zeit einer medizinischen Behandlung meines Alkoholproblems unterzogen und bin seit Juni dieses Jahres abstinent. Anbei übermittle ich den geforderten Leberbefund.
Ich fühle mich beim Lenken meines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr vollkommen sicher, weshalb ich mit einer positiven Erledigung dieser Angelegenheit rechne."
Zu Recht hat die belangte Behörde dieses Schreiben als Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid aufgefaßt. Der Beschwerdeführer macht darin weder Wiederaufnahmsgründe noch Wiedereinsetzungsgründe geltend. Insbesondere bietet auch der Hinweis in diesem Schreiben, der Beschwerdeführer habe sich zur "angegebenen Zeit" einer medizinischen Behandlung seines Alkoholproblems unterzogen und sei seit Juni dieses Jahres abstinent, keinen Anlaß zur Annahme, er wäre auf Grund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses verhindert gewesen, die Frist zur Vorlage des Befundes einzuhalten. Die bereits durch die Erstbehörde gezogene bescheidmäßige Konsequenz aus der Nichtvorlage innerhalb der gesetzten Frist hinderte die Berücksichtigung des verspätet vorgelegten Befundes. Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen darauf, ob der Befund des medizinisch-diagnostischen Laboratoriums Dr. Ruthensteiner in Linz vom 31. August 1992 dem Erfordernis des Bescheides der Erstbehörde vom 9. Juni 1992 entsprach.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992110248.X00Im RIS seit
19.03.2001