Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart über die Beschwerde des V in B, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 18. September 1992, Zl. 8V-FE-221/1/92, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 die Zeit, für die keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf, mit 20 Monaten, "gerechnet ab dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides" (22. April 1992), festgesetzt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der bekämpften Entziehungsmaßnahme liegt zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 5. April 1992 um 0.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf der Bleiburger Landesstraße B 81 an einem bestimmten Ort in alkoholisiertem Zustand gelenkt hat. Die anschließend beim Beschwerdeführer durchgeführte Atemluftuntersuchung mittels Alkomat ergab einen Wert von 1,0 mg Alkohol pro Liter Atemluft. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 (lit. a iVm § 5 Abs. 1) StVO 1960 begangen habe, was als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1, Abs. 2 lit. e KFG 1967 anzusehen sei. Sie berücksichtigte ferner im Rahmen der Wertung nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 , daß der Beschwerdeführer bereits zuvor mehrmals wegen Alkoholdelikten bestraft worden war. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 12. September 1988 war über ihn wegen einer am 27. August 1988 begangenen Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe verhängt und ihm mit Bescheid derselben Behörde vom 1. September 1988 die Lenkerberechtigung auf die Dauer von 12 Monaten entzogen worden. Davor hatte der Beschwerdeführer in den Jahren 1985 und 1986 je ein weiteres Alkoholdelikt begangen, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 18. März 1986 war ihm die Lenkerberechtigung auf die Dauer von 6 Monaten entzogen worden. Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid aus, daß damit erwiesen sei, daß beim Beschwerdeführer eine tiefgreifende Neigung zur Begehung von Alkoholdelikten vorliege, sodaß nicht angenommen werden könne, daß er vor Ablauf von 20 Monaten, gerechnet ab 22. April 1992, seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werde.
Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Sachverhaltsfeststellung, daß er am 5. April 1992 sein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt hat, er wendet sich jedoch gegen die Annahme der belangten Behörde, daß bei ihm eine tiefgreifende Neigung zur Begehung von Alkoholdelikten vorliege. Die belangte Behörde hätte ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen, woraus sich ergeben hätte, daß eine derartige Neigung bzw. Alkoholsucht beim Beschwerdeführer nicht gegeben ist. Die belangte Behörde habe die Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 rechtswidrig vorgenommen und insbesondere nicht berücksichtigt, daß sich der Beschwerdeführer vor dem zuletzt begangenen Alkoholdelikt längere Zeit wohlverhalten habe.
Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist jedoch entgegenzuhalten, daß es die Aufgabe der belangten Behörde war, die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers zu prüfen, wozu sie Tatsachen heranzuziehen hatte, die einen Schluß auf die verkehrsrelevante Sinnesart des Beschwerdeführers zulassen. Die Verkehrszuverlässigkeit ist ein charakterlicher Wertbegriff, der erfordert, die charakterliche Veranlagung einer Person ausgehend von den nach außenhin in Erscheinung getretenen Handlungen dieser Person zu beurteilen. Die Verkehrszuverlässigkeit ist keiner medizinischen Begutachtung zugänglich (vgl. das Erkenntnis vom 9. Mai 1989, Zl. 89/11/0053).
Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/11/0241, uva.), zählen Alkoholdelikte zu den schwerstwiegenden Delikten im Straßenverkehr. Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist der Beschwerdeführer in Ansehung von Alkoholdelikten ein Wiederholungstäter, den auch bereits zweimal verfügte Entziehungen der Lenkerberechtigung nicht davon abgehalten haben, neuerlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug zu lenken. Daß die der gegenständlichen vorangegangene Tat im August 1988 begangen wurde und daß eine vorangegangene einschlägige Vorstrafe möglicherweise getilgt ist, läßt für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, weil bei der Wertung der in der Übertretung vom 5. April 1992 liegenden bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 sowie bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 alle den Beschwerdeführer betreffenden Vorfälle - also auch bereits getilgte Vorstrafen -, die hinsichtlich seiner verkehrsrelevanten Sinnesart aussagekräftig sind, zu berücksichtigen sind (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 93/11/0050).
Das Ausmaß der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Entziehung der Lenkerberechtigung durch die belangte Behörde begegnet keinen Bedenken. Der wiederholte Verstoß des Beschwerdeführers gegen Vorschriften, die die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleisten sollen, und der Umstand, daß sich der Beschwerdefüher auch durch zweimalige Entziehung der Lenkerberechtigung aufgrund von Alkoholdelikten nicht davor abschrecken ließ, erneut in alkoholisiertem Zustand ein Fahrzeug zu lenken, zeigen seine negative Einstellung zur Sicherheit im Straßenverkehr und lassen in diesem Sinn auch auf sein Charakterbild schließen, sodaß im Einklang mit der Auffassung der belangten Behörde nicht angenommen werden kann, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit vor dem 22. Dezember 1993 wiedererlangen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Für die vom Beschwerdeführer angeregte Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 66 KFG 1967 sieht der Verwaltungsgerichtshof mangels verfassungsrechtlicher Bedenken keine Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverständiger Entfall der BeiziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992110251.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
01.07.2009