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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §82 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Jänner 1993, Zl. UVS-03/18/03018/92, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Jänner 1993 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, es als Vereinsobmann und somit als zur Vertretung nach außen Berufener des Vereines "T" mit dem Sitz in W zu verantworten zu haben, daß dieser Verein am 23. Dezember 1991 in W einen Kleintraktor Marke Steyr mit einer Werbetafel (60 x 40 cm, Aufschrift: "T") versehen, zu Werbezwecken aufgestellt gehabt und dadurch die Straße und den darüber befindlichen Luftraum zu verkehrsfremden Zwecken benützt habe, ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung gewesen zu sein. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. d StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurück-, in eventu abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zunächst nicht zu einer Zurückweisung der Beschwerde veranlaßt. Entgegen der Annahme der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift wurde die Beschwerde nicht am 5. April 1993, sondern bereits am 13. März 1993 zur Post gegeben. Der auf der Beschwerde angebrachte Eingangsvermerk mit dem Datum 6. April 1993 (Postaufgabe 5. April 1993) betrifft die Wiedervorlage der Beschwerde nach Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages. Mit Rücksicht auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer am 4. Februar 1993 ist somit die sechswöchige Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 VwGG gewahrt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich aber auch der Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht anzuschließen, es bilde einen Verfahrensverstoß, daß es die belangte Behörde unterließ, im Sinne der Bestimmung des § 9 VStG an ihn in seiner Eigenschaft als ersten Obmann des in Rede stehenden Vereines die Anfrage zu richten, wer für das sachlich abgegrenzte Gebiet der Zurverfügungstellung der vereinseigenen Kleintraktoren zur Ausübung der Amateursportart Geländefahren verantwortlich sei. Zu einer derartigen Anfrage war die belangte Behörde schon deshalb nicht veranlaßt, weil das Verwaltungsstrafverfahren keinerlei Hinweis auf eine Bestellung verantwortlicher Beauftragter im Rahmen des fraglichen Vereines ergab.
Gemäß § 82 Abs. 1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Zl. 85/02/0154, dargelegt hat, entspricht es einer allgemein geübten Praxis, daß die dem Gewerbe dienenden Transportfahrzeuge mit einer mehr oder minder auffälligen Beschriftung versehen sind, welche durchaus auch Werbezwecken dient. Die Bewilligungspflicht nach § 82 Abs. 1 StVO 1960 wird allerdings in solchen Fällen solange zu verneinen sein, als die Benützung des Fahrzeuges zu Zwecken des Straßenverkehrs im Vordergrund steht. Soll allerdings das Fahrzeug seiner Aufmachung nach vorwiegend der Werbung dienen, steht also diese Benützung der Straße im Vordergrund, so liegt ein Fall der Bewilligungspflicht nach § 82 Abs. 1 StVO 1960 vor.
Die Beurteilung, ob in einem Fall wie dem vorliegenden der Tatbestand des § 99 Abs. 3 lit. d (erster Fall) StVO 1960 erfüllt ist, setzt somit Feststellungen über das Gesamterscheinungsbild des betreffenden Fahrzeuges und die mit seiner Benützung verbundenen Absichten voraus.
Diesen Erfordernissen kommt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nach. Die belangte Behörde beschränkte sich vielmehr auf die Feststellung, zur Tatzeit sei am Tatort ein Kleintraktor Marke Steyr, grün lackiert, ohne Kennzeichentafeln abgestellt vorgefunden worden. Auf einer roten Tafel (60 x 40 cm), welche mit der Anhängevorrichtung auf einer ca. 1,8 m langen vertikal angebrachten Stange montiert gewesen sei, habe sich folgende Aufschrift befunden: "T ... W, S-Gasse 11, FAX nn nn nn, Bandinfo X".
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof aus dem Hinweis auf eine "Bandinfo" allein einen im Vordergrund stehenden Werbezweck nicht zu erkennen. Die weitere Begründung, der Verdacht des Werbezwecks werde bestätigt, wenn man die im Text angeführten Telefonnummern wähle, ist mangels entsprechender weiterer Feststellungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte zufolge § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand (die Vorlage des angefochtenen Bescheides war nur in einfacher Ausfertigung erforderlich).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020049.X00Im RIS seit
12.06.2001