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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. Mai 1993, Zl. UVS-03/21/00618/93, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960,
Spruch
I. beschlossen: Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen nach § 97 Abs. 5 und § 20 Abs. 2 StVO abgelehnt.
II. zu Recht erkannt: Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2a lit. b StVO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe an jeweils bestimmten Orten in Wien am 10. Juni 1992 um 22.40 Uhr ein Kfz gelenkt und dabei 1. das deutlich gegebene Haltezeichen eines Sicherheitswachebeamten mittels eingeschalteter roter Signaltaschenlampe nicht beachtet, sondern sei weitergefahren;
2. die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten; 3. sich um 23.15 Uhr geweigert, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 97 Abs. 5 StVO, zu 2. nach § 20 Abs. 2 StVO, zu 3. nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2a lit. b StVO begangen. Es wurden Geldstrafen zu 1. von S 400,--
(Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden), zu 2. von S 2.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden), zu 3. von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Wochen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
I. Zu den Verwaltungsübertretungen nach § 97 Abs. 5 und § 20 Abs. 2 StVO:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetztesstelle sind hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen erfüllt. Es wurde weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt insoweit von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. II. Zur Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2a lit. b StVO:
Der Beschwerdeführer behauptet, weder im Spruch noch in der Begründung des angefochtenen Bescheides werde dargelegt, durch welche Handlung er die Durchführung der Atemalkoholuntersuchung verweigert habe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß im Bescheidspruch aber nicht zum Ausdruck kommen, welches Verhalten des Beschwerdeführers die belangte Behörde konkret als Verweigerung der Vornahme der Atemluftuntersuchung angesehen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0254). Auch in einer Verfolgungshandlung bedarf es keiner derartigen Konkretisierung - ganz abgesehen davon, daß dem Vertreter des Beschwerdeführers die Anzeige, die eine detaillierte Sachverhaltsschilderung enthält, innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten wurde, was eine taugliche Verfolgungshandlung darstellte. Es liegt somit weder ein Spruchfehler vor, noch ist Verfolgungsverjährung eingetreten.
Der Bescheidbegründung ist zu entnehmen, daß die belangte Behörde als Verweigerung das "Bespritzen" des Meldungslegers durch den Beschwerdeführer im Zuge einer Mundspülung angesehen hat. Hiezu ist zunächst festzuhalten, daß der Beschwerdeführer, dessen letzter Alkoholkonsum mehr als fünfzehn Minuten zurücklag, zur Vornahme einer Mundspülung vor Untersuchungsbeginn nicht angehalten werden mußte (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 25. März 1992, Zl. 92/02/0006, 0007). Die beim Waschbecken im Wachzimmer vorgenommene Mundspülung war kein notwendiger Bestandteil der Atemluftuntersuchung. Daß der Beschwerdeführer, der der Ablegung einer Atemluftprobe zugestimmt hatte, das Spülwasser nicht in das Waschbecken, sondern auf den Meldungsleger spuckte, worauf der Beschwerdeführer erklärte, dies wäre nicht absichtlich geschehen, war entgegen der Meinung der belangten Behörde nicht schon als Verweigerung der Atemluftuntersuchung zu werten - wie auch immer das Verhalten des Beschwerdeführers sonst zu qualifizieren sein mag. Es trifft zwar zu, daß jedes Verhalten, das die sofortige Vornahme der Untersuchung verhindert, sofern das Wacheorgan nicht hiezu seine Zustimmung erklärt hat, als Verweigerung der Untersuchung zu werten ist, auch wenn der Lenker vor diesem Verhalten wörtlich seine Zustimmung zur Vornahme der Untersuchung erklärt hat (vgl. etwa das von der belangten Behöre zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/02/0202, 0203). Daß das Mundspülwasser nicht in das Waschbecken, sondern "versehentlich" auf den Meldungsleger gelangte, stellte aber kein Hindernis für eine nachfolgende Beatmung des Alkomaten dar, zu der es nicht mehr gekommen ist, weil der Beschwerdeführer nach dem Vorfall in die Arrestzelle verbracht wurde.
In der Anzeige ist zwar im Anschluß an die Schilderung des Vorfalles angeführt, der Beschwerdeführer habe nach nochmaliger Aufforderung den Alkotest verweigert; Entsprechendes hat der Meldungsleger auch bei seiner Vernehmung durch die Erstbehörde ausgesagt. Die belangte Behörde hat aber keine derartigen Feststellungen getroffen. Vielmehr hat sie ausgeführt, sie folge hinsichtlich des Verhaltens bei der Alkomattestverweigerung "sowieso" den Angaben des Beschwerdeführers. Dieser hat im Verwaltungsverfahren aber immer behauptet, er sei mit der Vornahme einer Atemalkoholuntersuchung einverstanden gewesen, man habe ihn nach dem "versehentlichen Bespritzen" des Meldungslegers aber in eine Zelle gesperrt. Angemerkt sei, daß der Meldungsleger bei seiner Vernehmung durch die belangte Behörde keine genaue Erinnerung an den Vorfall mehr hatte; von einer verbalen Verweigerung nach nochmaliger Aufforderung sagte er nichts. Auch der im Wachzimmer damals anwesende Polizeibeamte T wußte nicht mehr, was sich nach der Mundspülung ereignet hatte.
Da die belangte Behörde auf der Grundlage ihrer Sachverhaltsfeststellungen zu Unrecht eine Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung angenommen hat, war ihr Bescheid hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Neben dem pauschalen Schriftsatzaufwandersatz hat kein Zuspruch von Umsatzsteuer zu erfolgen. Als Beilage zur Beschwerde bedurfte es lediglich der einfachen Vorlage des angefochtenen Bescheides; nur hiefür steht dem Beschwerdeführer Stempelgebührenersatz zu.
Schlagworte
Alkotest Straßenaufsichtsorgan Alkotest Verweigerung Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkotestEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020124.X00Im RIS seit
12.06.2001