Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §4 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in E, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Oktober 1992, Zl. VerkR-15.349/4-1992/Pol, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, zu einer näher bezeichneten Tatzeit am beschriebenen Tatort es unterlassen zu haben, ... 2. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und 3. die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden. Gleichzeitig wurde das gegen den Beschwerdeführer wegen einer weiteren Verwaltungsübertretung geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt.
Gegen den verurteilenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung dargetan hat, genügt es zur Bestrafung nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960, daß es dem Beschuldigten bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätte kommen müssen, daß sein Verhalten mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist. Übertretungen dieser Bestimmungen können somit auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1985, Zl. 85/02/0034).
Der Beschwerdeführer irrt daher, wenn er meint, Voraussetzung für seine Bestrafung wäre in subjektiver Hinsicht die positive Kenntnis vom Eintritt eines Schadensfalles oder doch die positive Kenntnis objektiver Umstände gewesen, aus denen die Möglichkeit eines derartigen Schadensfalles geschlossen hätte werden können. Wie aus der eingangs dargestellten Rechtslage ersichtlich und auch von der belangten Behörde unter Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zutreffend hervorgehoben, ist für eine Bestrafung des Beschwerdeführers nicht die positive Kenntnis solcher objektiver Umstände erforderlich, es genügt vielmehr, daß ihm solche Umstände bei entsprechender Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen. Es genügt somit die fahrlässige Unkenntnis solcher Umstände. Daß die belangte Behörde Feststellungen über eine positive Kenntnis des Beschwerdeführers von Umständen, aus denen er den Eintritt des entstandenen Schadens hätte erkennen können, nicht traf, bildet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Zu Unrecht vermißt der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid auch eine Begründung für die Annahme der belangten Behörde, bei dem in Rede stehenden Verkehrsunfall sei tatsächlich ein Sachschaden eingetreten. Die diesbezügliche Feststellung findet sich bereits im erstbehördlichen Straferkenntnis. Da der Beschwerdeführer diese Feststellung in seiner Berufung nicht bekämpfte, hatte die belangte Behörde keine Veranlassung, zu dieser Frage weitere Ermittlungen durchzuführen und sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides damit auseinanderzusetzen.
Mit seinem weiteren, gegen die Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachtens gerichteten Vorbringen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Es ist daher in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß diese der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur hinsichtlich der Vollständigkeit des ermittelten Sachverhaltes und ihrer Schlüssigkeit, d.h. hinsichtlich der Übereinstimmung der von der belangten Behörde angestellten Erwägungen mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut unterliegt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Einer derartigen Kontrolle hält die in der Aussage der belangten Behörde, das Gutachten des von ihr beigezogenen Sachverständigen sei schlüssig, gelegene Beweiswürdigung stand. Die in der Beschwerde gegen dieses Gutachten erhobenen Einwendungen sind nicht geeignet, diese Annahme in Zweifel zu ziehen. Der Sachverständige hat nämlich in überzeugender Weise dargetan, warum einerseits ein Anstoßgeräusch der in Rede stehenden Art vom Lenker eines Kraftfahrzeuges bei entsprechender Aufmerksamkeit jedenfalls wahrgenommen werden kann und warum andererseits der Anstoß an die Mülltonne vom Beschwerdeführer bei entsprechender Aufmerksamkeit auch optisch hätte wahrgenommen werden können. Diese vom Sachverständigen auch wissenschaftlich untermauerten Aussagen, die im übrigen mit der allgemeinen Lebenserfahrung beim Lenken eines Kraftfahrzeuges im Einklang stehen, bedurften keiner weiteren Erhärtung durch Feststellungen über die Intensität der im konkreten Fall aufgetretenen Umgebungs- und Anstoßgeräusche, zumal der Beschwerdeführer das Vorliegen diesbezüglicher ungewöhnlicher Umstände niemals behauptet hat. Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Möglichkeit, im Unfallszeitpunkt das Autoradio eingeschaltet zu haben, nichts zu ändern, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Autoradio nur mit einer solchen Lautstärke betrieben werden darf, daß dadurch die Aufmerksamkeit des Lenkers gegenüber dem Verkehrsgeschehen nicht beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1984, Slg. N.F. Nr. 11.495/A). Sollte daher das Autoradio im Unfallszeitpunkt in einer die Wahrnehmbarkeit eines Anstoßgeräusches beeinträchtigenden Lautstärke betrieben worden sein, so läge darin kein die fahrlässige Begehung der in Rede stehenden Delikte ausschließender Umstand.
Konnte solcherart die belangte Behörde in unbedenklicher Weise davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer der Anstoß an die Mülltonne und damit die Möglichkeit eines Schadenseintrittes akustisch hätte zu Bewußtsein kommen müssen, so konnte sie bereits aufgrund dieser Feststellungen in rechtlich einwandfreier Weise die fahrlässige Verwirklichung der Tatbilder der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen annehmen. Es erübrigt sich daher auf das weitere, die von der belangten Behörde ebenfalls als gegeben angenommene optische Wahrnehmbarkeit des fraglichen Anstoßes betreffende Beschwerdevorbringen einzugehen.
Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als nicht begründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
AutoradioEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020081.X00Im RIS seit
12.06.2001