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L87907 Straßenverkehr Geschwindigkeitsbeschränkung NachtfahrverbotNorm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des M in X, Deutschland, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Dezember 1991, Zl. IIb2-V-8874/5-1991, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 16. April 1990 um
16.12 Uhr auf der Tannheimer Bundestraße am Gaichtpaß auf der sogenannten Gemstalbrücke in Fahrtrichtung Gaicht fahrend als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw"s 1)die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 20 km/h überschritten und 2) einen Pkw überholt, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, daß er das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr wieder einordnen könne, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Verwaltungsübertretungen zu
1) nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 1 lit. b der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13. Feber 1990, LGBl. Nr. 8, und zu 2) nach § 16 Abs. 1 lit. c StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorwegzuschicken ist, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Juni 1993, V 117-119/92 u.a., die oben zitierte Verordnung der Tiroler Landesregierung als gesetzwidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, daß diese Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1993 in Kraft tritt. Die genannte Verordnung ist daher derzeit noch anzuwenden.
Insoweit der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 16 Abs. 1 lit. c StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft wurde, erstattet er kein substantiiertes Vorbringen, es erübrigt sich daher, hierauf einzugehen.
Der Beschwerdeführer bekämpft ferner seine Bestrafung wegen Übertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 1 lit. b der genannten Verordnung der Tiroler Landesregierung mit der wesentlichen Begründung, die Geschwindigkeitsschätzung des Meldungslegers, aus der im übrigen lediglich eine Überschreitung von 25 % abgeleitet werden könne, sei nicht verläßlich genug gewesen und sei durch keinerlei objektive Anhaltspunkte untermauert worden. Damit ist der Beschwerdeführer jedoch nicht im Recht.
Zutreffend verweist der Beschwerdeführer wohl zunächst darauf, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Geschwindigkeitsschätzungen von dafür geschulten Straßenaufsichtsorganen nur bei Vorliegen von bestimmten äußeren Bedingungen als ausreichend verläßlich angesehen werden können, um im Verwaltungsstrafverfahren einem Schuldspruch zugrunde gelegt werden zu dürfen. Neben einwandfreien Sichtbedingungen steht dabei im Vordergrund, daß das Fahrzeug, dessen Geschwindigkeit geschätzt wird, am schätzenden Straßenaufsichtsorgan vorbeifährt, sowie daß das Fahrzeug sowohl beim Herannahen als auch beim sich Entfernen beobachtet werden kann. Unter diesen Umständen genügt eine Beobachtungsstrecke von insgesamt 100 m, um eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens ein Drittel festzustellen (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/02/0172, und vom 24. März 1993, Zl. 91/03/0339). Diese Grundsätze wurden von der belangten Behörde jedoch hinreichend beachtet. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß die belangte Behörde festgestellt hat, daß der Meldungsleger, der sich am nördlichen Brückenende der Gemstalbrücke befand, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sowohl beim Herannahen, als auch beim Vorbeifahren an ihm und schließlich auch danach beobachtete und daß die Schätzung der vom Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit durch den Meldungsleger sowohl für den Zeitpunkt des Vorbeifahrens des Beschwerdeführers an ihm (siehe Seite 6 des angefochtenen Bescheides) als auch 30 m nach dem Brückenende beim Überholvorgang (siehe Seite 4 des angefochtenen Bescheides) 100 bis 110 km/h erbrachte und daß die Sichtweite (für den Beschwerdeführer) im Bereich des nördlichen Brückendrittels 80 bis 100 m betrug. Bei der im vorliegenden Fall gebotenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h lag der Grenzwert bei Überschreitung um ein Drittel bei rund 107 km/h. Im Hinblick auf die Schätzung des Meldungslegers "100 bis 110 km/h" kann daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug diesen Grenzwert erreicht hat. Weiters wurde die Schätzung des Meldungslegers auch durch ein Sachverständigengutachten untermauert, woraus sich ergibt, daß nicht nur die Schätzung des Meldungslegers korrekt war, sondern auch die Beobachtungsstrecke für den Meldungsleger jedenfalls mehr als 100 m betrug.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich dargelegt, aus welchen Erwägungen sie den Angaben des Meldungslegers und dem eingeholten Sachverständigengutachten folgte; im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Kontrollbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1990, Zl. 89/02/0195) besteht keine Veranlassung, die Beweiswürdigung der belangten Behörde anzuzweifeln.
Auch die Beschwerdebehauptungen, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses umschreibe den Tatort aktenwidrig und zudem nicht hinreichend exakt, vermögen dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 93/03/0037, mit weiteren Judikaturhinweisen) ist der Vorschrift des § 44 a lit. a VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnissens dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten um diesen zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Dies hat die belangte Behörde beachtet, zur näheren Konkretisierung des Tatortes von Geschwindigkeitsüberschreitungen bedarf es keiner eingehenderen Begrenzungsbezeichnung der befahrenen Strecke, insbesondere keiner Angabe eines "Fixpunktes". Damit liegt auch die vom Beschwerdeführer behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von Amtspersonen Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Feststellen der Geschwindigkeit Grundsatz der Gleichwertigkeit Überschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992030042.X00Im RIS seit
12.06.2001