Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §29b Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, DDr. Jakusch und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 14. April 1993, Zl. MA 64-12/266/92, betreffend Verweigerung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 14. April 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Ausweises für dauernd stark gehbehinderte Personen gemäß § 29b StVO 1960 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides - gestützt auf die im Zuge des Verwaltungsverfahrens eingeholten mehrfachen Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen - davon aus, der Beschwerdeführer sei durchaus in der Lage, unter Zuhilfenahme von entsprechenden orthopädischen Schuhen die als Richtmaß heranzuziehende Wegstrecke von einigen hundert Metern zurückzulegen. Daß der Beschwerdeführer auf die Verwendung von Gehhilfen (wie Krücken oder Gehstock) angewiesen sei, sei von ihm selbst nicht behauptet worden.
Der Beschwerdeführer bekämpft in seiner Beschwerde die Richtigkeit der ärztlichen Sachverständigengutachten und damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Es ist daher in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß die Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt ausreichend erhoben wurde und ob die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Einer derartigen Prüfung hält der angefochtene Bescheid stand.
Hauptargument des Beschwerdeführers gegen die Richtigkeit der Gutachten des von der belangten Behörde herangezogenen Amtssachverständigen ist der vom Beschwerdeführer festgestellte Widerspruch zwischen den vom Amtssachverständigen in seinen früheren Gutachten getroffenen Aussagen über die Chancen einer Heilung des Leidens des Beschwerdeführers und der tatsächlichen Entwicklung. Der Beschwerdeführer übersieht dabei allerdings, daß es für die Entscheidung über seinen in Rede stehenden Antrag auf allfällige Heilungschancen des eine Gehbehinderung verursachenden Leidens nicht ankommt. Allein entscheidend ist die Frage, ob der Beschwerdeführer auf Grund der durch dieses Leiden ausgelösten Beschwerden dauernd stark gehbehindert ist. Die Richtigkeit der diesbezüglichen Aussage des Sachverständigen wird durch einen allfälligen Irrtum bei der die Heilungschancen betreffenden Zukunftsprognose nicht zwangsläufig berührt. Davon, daß die belangte Behörde eine starke Gehbehinderung des Beschwerdeführers wegen der vom Amtssachverständigen angenommenen Heilungschancen verneint hätte, kann keine Rede sein. Im übrigen war bei der vorliegenden Entscheidung allein auf den Zustand im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides abzustellen. Die zu erwartende Entwicklung in der Zukunft ist in diesem Zusammenhang irrelevant (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/02/0134).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Widerspruch zwischen den seine Gehfähigkeit betreffenden Aussagen des Amtssachverständigen und den von ihm beigebrachten Privatgutachten nicht zu erkennen. Denn auch der Amtssachverständige zieht in seinem Gutachten nicht in Zweifel, daß der Beschwerdeführer beim Gehen Schmerzen zu ertragen hat. Hinsichtlich der Quantifizierung dieser Schmerzen enthalten aber die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen keine den diesbezüglichen Aussagen des Amtssachverständigen entgegenstehende Beurteilungen.
Es bildet daher auch keine eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründende Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde den zuletzt vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Bericht des
o. Univ.Prof. Dr. H. vom 15. März 1993 nicht neuerlich dem Amtssachverständigen zur Beurteilung vorlegte.
Auf das erst im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgelegte, aus Anlaß eines anderen Verwaltungsverfahrens eingeholte Gutachten eines weiteren medizinischen Amtssachverständigen war schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich somit als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020122.X00Im RIS seit
12.06.2001