Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASchG 1972 §27 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. März 1993, Zl. VwSen - 220279/14/Gu/Ho, betreffend Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 105,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Inhaber einer näher bezeichneten Diskothek zugelassen, "daß - wie im Zuge einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den
19. Aufsichtsbezirk in W festgestellt wurde - am 16.1.1992 um 00.20 Uhr die Musikanlage der Diskothek in der Weise betrieben wurde, daß durchgeführte Lärmmessungen einen Kurzzeit-LEQ-Wert von 100 dB(A) mit Spitzen bis zu 110 dB(A) ergeben haben, obwohl in dem aufgrund des § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz ergangenen Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 12.9.1986, Zl. Ge-760-1986, Punkt I Z3 iVm dem als "Beilage zur Verhandlungsschrift vom 21.7.1986" signierten Schriftsatz des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 12.8.1986, Zl. ad 1938/57-9/86 Punkt 7" als Auflage u.a. vorgeschrieben wurde, daß der wirkungsäquivalente Dauerschallpegel in den Betriebsräumen 85 dB(A) nicht überschreiten darf und eine Verwaltungsübertretung begeht, wer den aufgrund des § 27 Arbeitnehmerschutzgesetz vorgechriebenen Bedingungen und Auflagen zuwiderhandelt". Er habe dadurch "§ 31 Abs. 2 lit. p) Arbeitnehmerschutzgesetz i.V.m. dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 12.9.1986, Zl. Ge-760-1986, Spruchabschnitt I/3/7" verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde er gemäß § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) bestraft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung.
Im Beschwerdefall ist lediglich strittig, ob die im Spruch des Straferkenntnisses angeführte Auflage hinreichend bestimmt vorgeschrieben wurde, um einer Bestrafung des Beschwerdeführers zugrunde gelegt werden zu können.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers entspreche der gewerbebehördliche Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 12. September 1986 hinsichtlich der genannten Auflage nicht den Anforderungen des § 59 Abs. 1 erster Satz AVG. Im Spruch dieses Bescheides werde unter I.3. lediglich festgehalten, daß "den Auflagen des Arbeitsinspektors in der Beilage zur Verhandlungsschrift zu entsprechen ist." Die im angeführten Genehmigungsbescheid getroffene Formulierung bezeichnet "diesen Punkt 3. des Spruches" nicht einmal als Bestandteil der Verhandlungsschrift; als Bestandteil des Bescheides würden lediglich die Punkte 2. bis 10. der Verhandlungsschrift angeführt. Es fehle "beim Spruch des Genehmigungsbescheides im Umfang der Auflagen an einer genauen Präzisierung der Auflagen."
Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Spruchpunkt I. Z. 3 des erwähnten Bescheides lautet:
"Den Auflagen des Arbeitsinspektors in der Beilage zur Verhandlungsschrift ist zu entsprechen".
Dem Bescheid ist als "Beilage zur Verhandlungsschrift vom 21.7.1986" die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats für den
9. Aufsichtsbezirk vom 12. August 1986 angeschlossen. Darin wurde beantragt, "folgende Auflagen in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen:
... 7.) Der wirkungsäquivalente Dauerschallpegel in den Betriebsräumen darf 85 dB(A) nicht überschreiten."
Mit dieser Vorgangsweise wurde der Inhalt der im Grunde des § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz vorgeschriebenen Auflage klar zum Ausdruck gebracht und somit das Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG nicht verletzt (vgl. neben anderen das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 88/03/0135).
Ferner meint der Beschwerdeführer, daß die Auflage mit der bloßen Bestimmung eines Grenzwertes des Schallpegels den Erfordernissen des § 59 Abs. 1 AVG nicht Rechnung trage, weil daraus nicht zu entnehmen sei, welche lärmmindernden Maßnahmen zu setzen seien. Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer offensichtlich die hg. Rechtsprechung im Auge, wonach es im Hinblick auf die für Auflagen im § 77 Abs. 1 GewO 1973 vorgesehenen Erfordernisse der Bestimmtheit, der Eignung und der behördlichen Erzwingbarkeit nicht ausreiche, als Nebenbestimmung einer Betriebsanlagengenehmigung einen bloßen Immissionsgrenzwert vorzusehen, ohne daß im einzelnen jene Maßnahmen bezeichnet würden, bei deren Einhaltung die Wahrung des zulässigen Immissionsmaßes zu erwarten sei (vgl. das Erkenntnis vom 29. November 1979, Slg. Nr. 9979/A, und viele andere). Dabei übersieht der Beschwerdeführer aber, daß im Beschwerdefall nicht die Rechtmäßigkeit einer Auflage nach § 77 Abs. 1 GewO 1973 zu prüfen ist; entscheidend ist vielmehr, ob die vorliegende, gemäß § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz rechtskräftig vorgeschriebene Auflage eine so deutlich umschriebene Ge- oder Verbotsnorm enthält, daß ein Zuwiderhandeln dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz unterstellt werden kann. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die hier umstrittene Auflage eine Gebotsnorm darstellt, welche den Arbeitgeber verpflichtet, für die Nichtüberschreitung des angeführten Schallpegelausmaßes in den Betriebsräumen zu sorgen. Ähnlich formulierte Gebotsnormen finden sich im übrigen etwa auch in der AAV (vgl. z.B. § 12 Abs. 2 hinsichtlich der Raumtemperatur in Arbeitsräumen oder § 51 Abs. 1 hinsichtlich der Lärmeinwirkungen am Arbeitsplatz). Ein Zuwiderhandeln gegen derartige Gebotsnormen steht unter der Strafsanktion des Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180238.X00Im RIS seit
01.06.2001