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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des A in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. April 1993, Zl. SD 96/93, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Sichtvermerkserteilung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid den Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes für die Zeit bis 12. Juni 1994 betrifft, wird die Beschwerde zurückgewiesen. Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
I.
1. Mit dem am 13. August 1992 bei der Bundespolizeidirektion Wien eingelangten Antrag begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Sichtvermerkes mit einer Gültigkeitsdauer bis 30. Juni 1994.
2. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 1993 beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien.
3. Mit Bescheid vom 16. April 1993 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 73 Abs. 2 AVG ab. Sie vertrat in der Begründung dieses Bescheides die Auffassung, daß die Verzögerung nicht ausschließich auf ein Verschulden der Bundespolizeidirektion Wien zurückzuführen sei.
4. Am 26. April 1993 erteilte die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer einen Sichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer bis 12. Juni 1994.
5. Mit der am 3. Juni 1993 eingelangten Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer den Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1993.
II.
1. Soweit es sich um den Zeitraum bis 12. Juni 1994 handelt, hat der Beschwerdeführer durch die Erteilung des Sichtvermerkes am 26. April 1993 jene Rechtsstellung erlangt, die er mit seinem Antrag angestrebt hat. Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung konnte er daher insoweit in seinem materiellen subjektiven Recht auf Erteilung eines Sichtvermerkes nicht mehr verletzt sein, weshalb ihm in diesem Umfang die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde fehlte und die Beschwerde demnach insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
2. Soweit es sich um den Zeitraum nach dem 12. Juni 1994 handelt, war zu berücksichtigen, daß mit 1. Juli 1993 das Bundesgesetz, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, in Kraft getreten ist. Gemäß § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes brauchen Fremde zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung. Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. wird von Fremden, die sich 1. innerhalb eines Kalenderjahres länger als sechs Monate tatsächlich oder 2. zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz begründen.
Gemäß § 7 Abs. 7 Fremdengesetz (FrG) darf einem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden, wenn sich aus den Umständen des Falles ergibt, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Aufenthaltsgesetzes benötigt. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.
Gemäß § 6 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes entscheidet, außer in den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen des § 7, der nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landeshauptmann.
Da sich aus dem aktenkundigen mehrjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ergibt, daß dieser eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz benötigt, kommt die Erteilung eines Sichtvermerkes nach dem Fremdengesetz nach dessen § 7 Abs. 7 nicht mehr in Betracht. Über das Begehren des Beschwerdeführers hat weder die Bundespolizeidirektion Wien noch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien abzusprechen. Hinsichtlich des über den 12. Juni 1994 hinausgehenden Zeitraumes ist demnach durch das Inkraftreten des Aufenthaltsgesetzes, sohin nach der Einbringung der vorliegenden Beschwerde, die Möglichkeit der Verletzung von materiellen subjektiven Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid weggefallen, weshalb das Beschwerdeverfahren insoweit wegen Gegenstandslosigkeit gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war.
3. Soweit das Beschwerdeverfahren eingestellt wurde, ist der Beschwerdeführer nicht als obsiegend im Sinne des § 56 erster Satz VwGG anzusehen, weil diese Bestimmung nur bei formeller Klaglosstellung anzuwenden ist (siehe die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 714 f zitierte hg. Rechtsprechung). Da das VwGG für Fälle, in denen die belangte Behörde teilweise als obsiegend anzusehen ist, - anders als bei teilweisem Obsiegen des Beschwerdeführers (§ 50) - einen Aufwandersatz nicht vorsieht, hat gemäß § 58 VwGG jede Partei den ihr erwachsenen Aufwand selbst zu tragen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180270.X00Im RIS seit
02.05.2001