TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/30 93/18/0386

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Veröffentlicht am 30.09.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrPolG 1954 §14 Abs1;
FrPolG 1954 §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer, und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Juni 1993, Zl. SD 190/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 FrG die Ausweisung verfügt. Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin im November 1991, nachdem sie in Ungarn ihr Reisedokument weggeworfen gehabt habe, unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt. Der von ihr gestellte Asylantrag sei - mittlerweile rechtskräftig - abgelehnt worden. Während des Asylverfahrens sei ihr eine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden, welche am 14. Februar 1993 abgelaufen sei. Am 4. März 1993 habe die Beschwerdeführerin um die Erteilung eines Sichtvermerkes angesucht; ein solcher sei ihr nicht erteilt worden. Die Beschwerdeführerin halte sich somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Ausweisung stelle keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin dar; sie sei zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten. Die Beschwerdeführerin sei illegal nach Österreich gekommen und habe versucht, mit Hilfe eines unbegründeten Asylantrages hier Fuß zu fassen. Mit der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung habe sie nicht rechnen dürfen. Daß ein Bruder der Beschwerdeführerin in Österreich lebe, habe sie nicht zu den von ihr unternommenen Schritten berechtigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.

Würde (u.a.) durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist zufolge des § 19 ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 15 Abs. 1 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder

2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder

3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zukommt.

Auf das Vorliegen (einer) der im § 15 Abs. 1 FrG angeführten Voraussetzungen vermag sich die Beschwerdeführerin nicht zu berufen; sie meint jedoch, daß von einem "nicht rechtmäßigen" Aufenthalt nach dem FrG solange nicht gesprochen werden könne, als über einen anhängigen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes nicht entschieden worden sei. Die Ausweisung während eines anhängigen Sichtvermerksverfahrens erscheine "eine denkumögliche Anwendung des Gesetzes". Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden: Es entsprach der hg. Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des FrG, daß der Aufenthalt eines Fremden während der Dauer des Verfahrens auf Ausstellung eines (neuen) Sichtvermerkes ein unerlaubter ist, dies unabhägig davon, ob der Fremde vor oder nach Ablauf des Sichtvermerkes den Antrag auf Erteilung eines weiteren Sichtvermerkes gestellt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0578). Daran hält der Verwaltungsgerichtshof fest, weil mit dem Inkrafttreten des FrG diesbezüglich keine entscheidenden Änderungen in der Rechtslage eingetreten sind. Daß ein Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes nach dem FrG auch im Inland gestellt werden kann, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keineswegs die Annahme, "daß die Aufenthaltsberechtigung auch während des anhängigen Sichtvermerksverfahrens gegeben ist".

Die belangte Behörde konnte somit zu Recht davon ausgehen, daß sich die Beschwerdeführerin nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Bei der gegebenen Sachlage ist auch die Auffassung der belangten Behörde, es liege kein (relevanter) Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin im Sinne des § 19 FrG vor, rechtlich unbedenklich. Der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, es sei ihr keine Gelegenheit gegeben worden, zu ihren das Privatleben betreffenden Bindungen zu Österreich Stellung zu nehmen, ist nicht rechtserheblich, weil die Beschwerdeführerin nicht konkret aufzeigt, welche wesentlichen Tatsachen aufgrund des behaupteten Verfahrensmangels unberücksichtigt geblieben sind.

Die nach § 17 Abs. 1 FrG verfügte Ausweisung erweist sich daher nicht als rechtswidrig. Dieser Maßnahme steht auch nicht entgegen, daß wegen der "illegalen Einreise" der Beschwerdeführerin eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG zufolge Verstreichens der in dieser Bestimmung vorgesehenen Monatsfrist nicht mehr möglich ist, liegen doch der Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG einerseits und jener nach § 17 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. andererseits verschiedene Tatbestände zugrunde.

Da die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletztung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180386.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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