TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/30 93/18/0390

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Veröffentlicht am 30.09.1993
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/05 Reisedokumente Sichtvermerke;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;
Sichtvermerkspflicht Ausnahme Türkei 1990 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 30. Juni 1993, Zl. St 131/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 30. Juni 1993 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 Z. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer Mitte September 1992 mit einem deutschen Sichtvermerk aus Deutschland nach Österreich eingereist sei; im Hinblick auf § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 95a/1990 habe er keines österreichischen Sichtvermerkes bedurft. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch über den zulässigen Zeitraum von drei Monaten ab Einreise sichtvermerksfrei im Bundesgebiet aufgehalten und erst im März 1993 einen Antrag auf Erteilung eines österreichischen Sichtvermerkes gestellt. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juni 1993 sei dem Beschwerdeführer der begehrte Sichtvermerk versagt worden. (Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0337, als unbegründet abgewiesen.) Da sich somit der Beschwerdeführer (zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung) nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, sei die Ausweisung zufolge des zwingenden Gesetzesauftrages zu verfügen gewesen. Sie sei auch im Hinblick auf § 19 FrG gerechtfertigt, da sie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.

Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er sich nach der Zeit seines sichtvermerksfreien, im Grunde des § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 95a/1990 rechtmäßigen Aufenthaltes ohne den für seinen weiteren Aufenthalt erforderlichen österreichischen Sichtvermerk im Bundesgebiet (auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung) aufgehalten habe. Sein Aufenthalt zum besagten Zeitpunkt war demnach nicht rechtmäßig i.S. des § 17 Abs. 1 FrG.

3.1. Die Beschwerde erblickt die inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides darin, daß die belangte Behörde nicht auf § 19 FrG Bedacht genommen habe. Der Beschwerdeführer sei in Österreich aufrecht gemeldet und hier als Gesellschafter einer GesmbH tätig. Er habe gegen keinen der in Art. 8 Abs. 2 MRK "gebotenen Grundsätze" verstoßen.

3.2. Selbst wenn man davon ausginge, daß in der durch die Ausweisung bewirkten Unmöglichkeit einer weiteren Ausübung der Gesellschaftertätigkeit durch den Beschwerdeführer in Österreich ein relevanter Eingriff in das berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers, somit ein relevanter Eingriff i.S. des § 19 FrG vorläge, so wäre die Ausweisung im Grunde dieser Bestimmung dennoch zulässig. Denn mit Recht hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, daß vor allem das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auch nach und trotz der rechtskräftigen Abweisung seines Sichtvermerksantrages die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährde, weshalb zur Wahrung dieses im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Rechtsgutes die Ausweisung dringend geboten sei.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren (damit auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich einer weiteren Beschwerdeausfertigung für den Bundesminister für Inneres) als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180390.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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