Index
L94406 Krankenanstalt Spital Steiermark;Norm
B-VG Art10 Abs1 Z6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache der Gemeinde Eisbach, vertreten durch Dr. R, RA in G, gegen den Bescheid der Stmk LReg vom 25. März 1993, Zl. 12-80 Ho 1/7-1993, (mP: Stmk Krankenanstaltengesellschaft m. b.H. in Graz, Stiftingtalstraße 4-6, vertreten durch Dr. X, RA in G), betreffend Feststellungen hinsichtlich von Krankenanstalten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- zu ersetzen.
Begründung
Beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz ist ein auf Antrag der beschwerdeführenden Gemeinde eingeleitetes Exekutionsverfahren betreffend Eintreibung von Müllabfuhrgebühren in einem näher genannten Ausmaß aufgrund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises anhängig. Verpflichtete Partei ist die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. als Rechtsträger u. a. des Landeskrankenhauses Hörgas-Enzenbach. Im Zuge dieses Exekutionsverfahrens wurde aufgrund der Exekutionsbewilligung vom 17. März 1992 in den Räumlichkeiten der verpflichteten Partei eine EDV-Anlage gepfändet.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte mit Beschluß vom 14. Oktober 1992, GZ. 3 Ob 77/92, die Aufhebung der Exekutionsbewilligung durch das Landesgericht für Zivilrechtsachen Graz (Beschluß vom 10. Juli 1992). Er teilte die Auffassung des letztgenannten Gerichtes, die Exekutionsbewilligung hätte erst nach einer Entscheidung der Verwaltungsbehörde gemäß § 15 der Exekutionsordnung und der Verordnung RGBl. Nr. 153/1897 erteilt werden dürfen.
Das Erstgericht richtete daraufhin an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung mit Schreiben vom 18. Februar 1993 das "Ersuchen um Mitteilung ... in Bescheidform", "ob und inwieweit es sich bei der verpflichteten Partei und den dieser unterstellten Krankenanstalten um als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalten handelt und bejahendenfalls anzugeben, welche Vermögensbestandteile ohne Beeinträchtigung der von der Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung der betreibenden Partei verwendet werden können".
In Erledigung dieses Ersuchens erging der angefochtene Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung. Darin wird "gemäß § 23 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes ... festgestellt", daß 19 näher genannte Landeskrankenanstalten - darunter auch das Landeskrankenhaus Hörgas-Enzenbach - "das Öffentlichkeitsrecht besitzen, somit gemeinnützig sind und sämtliche Vermögensbestandteile für die von den Anstalten zu wahrenden öffentlichen Interessen benötigt werden". In der Begründung dieses Bescheides wird darauf hingewiesen, daß das Öffentlichkeitsrecht der in Rede stehenden Krankenanstalten von Gesetzes wegen bestehe. Die verpflichtete Partei sei keine "Öffentliche oder gemeinnützige Anstalt", sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Feststellung, daß alle Vermögensbestandteile in den Landeskrankenanstalten zur Wahrung der öffentlichen Interessen benötigt würden, basiere darauf, daß diese Teile zur Aufrechterhaltung des Krankenanstaltenbetriebes erforderlich seien.
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, daß auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet werde. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenäußerung eingebracht, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 21 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes LGBl. Nr. 78/1957 in der Fassung LGBl. Nr. 46/1992 kann das Öffentlichkeitsrecht einer Krankenanstalt verliehen werden, wenn sie u. a. gemeinnützig ist. Im § 22 leg. cit. ist der Begriff der Gemeinnützigkeit einer Krankenanstalt definiert. Gemäß § 23 Abs. 1 leg. cit. wird das Öffentlichkeitsrecht von der Landesregierung verliehen.
Gemäß § 15 der Exekutionsordnung kann die Exekution zum Zwecke der Hereinbringung von Geldforderungen, falls es sich nicht um die Verwirklichung eines vertragsmäßigen Pfandrechtes handelt, gegen eine Gemeinde oder gegen eine durch Ausspruch einer Verwaltungsbehörde als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalt nur in Ansehung solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden, welche ohne Beeinträchtigung der durch die Gemeinde oder jene Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet werden können. Zur Abgabe der Erklärung, inwieweit letzteres hinsichtlich bestimmter Vermögensbestandteile zutrifft, sind die staatlichen Verwaltungsbehörden berufen.
Im § 2 der Verordnung RGBl. Nr. 153/1897 werden demonstrativ Anstalten aufgezählt, welche im Sinne des § 15 EO. von der Verwaltungsbehörde als öffentlich und gemeinnützig erklärt werden können. Nach § 3 dieser Verordnung steht die Erklärung, daß eine Anstalt öffentlich und gemeinnützig sei, der landesfürstlichen politischen Bezirksbehörde, bei Anstalten aber, die sich im Gebiete einer Stadt mit eigenem Statut befinden, der politischen Landesbehörde zu. Gegen eine Entscheidung der politischen Bezirksbehörde kann an die politische Landesbehörde, wenn jedoch diese selbst zur Abgabe der Erklärung berufen war, an "das Ministerium des Innern" "Rekurs" ergriffen werden. In den Fällen, in welchen die politische Landesbehörde in zweiter Instanz entscheidet, findet ein weiterer Beschwerdezug nicht statt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 1952, Slg. Nr. 2542/A, ausgesprochen hat, fällt die Zuständigkeit zu einer Entscheidung nach § 15 EO in die mittelbare Bundesverwaltung. Der belangten Behörde als oberster Verwaltungsbehörde des Landes fehlt in Ansehung der Entscheidung die Zuständigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Für das fortzusetzende Verfahren sei angemerkt:
Die Entscheidung, ob eine Anstalt eine für öffentlich und gemeinnützig erklärte im Sinne des § 15 EO. ist, fällt nicht in die Zuständigkeit der vom Gericht nach der genannten Gesetzesbestimmung angerufenen Verwaltungsbehörde. Das Tatbestandselement der Erklärung für öffentlich und gemeinnützig ist vielmehr vom Gericht selbst zu beurteilen; es kann sich dabei am Vorbringen der Parteien des gerichtlichen Verfahrens orientieren und Auskünfte von Verwaltungsbehörden im Wege der Amtshilfe (Art. 22 B-VG) einholen. Erst wenn diese Beurteilung abgeschlossen und festgestellt ist, daß es sich bei der verpflichteten Partei um eine derartige Anstalt handelt, hat als nächster Schritt die Antragstellung an die Verwaltungsbehörde gemäß § 15 EO. zur Erwirkung einer Entscheidung zu erfolgen, welche Vermögensbestandteile ohne Beeinträchtigung der von der Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung der betreibenden Partei verwendet werden können (vgl. auch die diesbezüglichen Ausführungen im zitierten Beschluß des Obersten Gerichtshofes, S. 10).
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG, insbesondere auf § 59 Abs. 3, iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 93/11/0031 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993110109.X00Im RIS seit
11.07.2001