TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/6 91/17/0208

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Veröffentlicht am 06.10.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §21 Abs1;
VStG §49 Abs2;
VStG §51 Abs5 idF 1984/299;
VStGNov 1990 Art2 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. Oktober 1991, GZ. 11/01-22337/1-1991, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Salzburger Parkgebührengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 12. Oktober 1990 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 Parkgebührengesetz für die Stadt Salzburg, LGBl. für Salzburg Nr. 28/1989, eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden verhängt), weil er entgegen den Bestimmungen der §§ 7 Abs. 1 in Verbindung mit 3 Abs. 1 Parkgebührengesetz für die Stadt Salzburg und § 4 Abs. 1 Parkgebührenverordnung der Stadt Salzburg, ABl. Nr. 7/1990, am 8. Mai 1990 von 10.05 Uhr bis 10.28 Uhr das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke VW mit dem behördlichen Kennzeichen L xx.xxx in Salzburg, Franz-Josef-Straße 21, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt, ohne die Parkgebühr durch einen Parkschein der Stadtgemeinde Salzburg entrichtet zu haben.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe eine sogenannte "Bewohnerkarte"

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eine Ausnahmebewilligung von der Parkzeitbeschränkung im Rahmen der Kurzparkzonenregelung -, die er zwar hinter der Windschutzscheibe angebracht, nach seiner Rückkehr jedoch auf dem Boden der Beifahrerseite des Fahrzeuges vorgefunden habe. Nach seiner Ansicht sei die Verhängung der Strafe (gemeint: die Organstrafverfügung) durchaus korrekt erfolgt. Es lägen aber

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dies wurde in der Berufung näher ausgeführt - die Voraussetzungen des § 21 VStG vor, sodaß er beantrage, "die Berufungsbehörde möge die Strafverfügung beheben und ihrer Rechtspflicht gemäß § 21 VStG nachkommen und von der Strafe absehen". Auf dem Berufungsschriftsatz befindet sich der handschriftliche Vermerk: "ein persönlich am 31.10.90" mit einer unleserlichen Paraphe sowie der Eingangsstempel des Magistrates Salzburg mit dem Datum 6. November 1990.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid, dem Beschwerdeführer zugestellt am 8. November 1991, gab die Salzburger Landesregierung der Berufung keine Folge und bestätigte die angefochtene Strafverfügung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiven Recht, "nicht bestraft zu werden, d.h. auf gesetzmäßige Anwendung des § 21 VStG" verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

In einem als "Beschwerdeergänzung" bezeichneten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer weiters, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, weil sein in der "Berufung" gestellter Antrag, von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen, "eine bloße Anfechtung des Strafausmaßes denklogischerweise ausschließt". Die fälschliche Bezeichnung des Rechtsmittels als Berufung stehe dem nicht entgegen. Weiters wird geltend gemacht, daß der angefochtene Bescheid erst nach Ablauf der einjährigen Frist des § 51 Abs. 5 VStG idF des BGBl. 299/1984 erlassen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG idF VOR der am 1. Jänner 1991 in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 358/1990 kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach der Zustellung schriftlich, telegraphisch oder mündlich Einspruch erheben und zugleich die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch ist bei der Behörde, von der die Strafverfügung erlassen worden ist, einzubringen.

Wird im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten in Beschwerde gezogen, so ist er gemäß § 49 Abs. 2 VStG idF vor der o.a. Novelle als Berufung anzusehen und der Berufungsbehörde vorzulegen.

Bekämpft der Beschuldigte - wie im vorliegenden Fall - die Strafverfügung ausschließlich damit, daß die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VStG vorgelegen hätten, dann ist das Rechtsmittel gemäß § 49 Abs. 2 leg. cit. als Berufung anzusehen. Bereits in seinem Erkenntnis vom 11. Februar 1981, Slg. N.F. Nr. 10364/A, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsauffassung vertreten, der in einer Eingabe gegen eine Strafverfügung gestellte Antrag, gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen (und den Beschuldigten zu ermahnen) bedeute, daß die Eingabe als Berufung anzusehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsanschauung aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles abzugehen (vgl. dazu auch Mannlicher/Quell,

Das Verwaltungsverfahren, 2. Halbband, 8. Auflage 1990, Anm. 3a auf Seite 187). Die belangte Behörde hatte somit, da auf Grund der vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung Teilrechtskraft hinsichtlich des Schuldspruches eingetreten ist, nur mehr über die Strafe abzusprechen.

Die Beschwerde erweist sich jedoch aus folgendem Grund berechtigt:

Gemäß Art. II Abs. 2 der am 1. Jänner 1991 in Kraft getretenen VStG-Novelle, BGBl. Nr. 358/1990, sind am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Demnach ist auch § 51 Abs. 5 VStG idF vor der genannten Novelle anzuwenden.

Wird eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb eines Jahres ab Einbringung der Berufung erlassen, so gilt gemäß § 51 Abs. 5 VStG idF BGBl. Nr. 299/1984 der angefochtene Bescheid als aufgehoben und das Verfahren ist einzustellen.

Unter Einbringung der Berufung ist deren Einlangen bei der Behörde erster Instanz zu verstehen und nicht die Postaufgabe (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. März 1986, Zl. 85/02/0277). Der Berufungsbescheid ist mit der Zustellung erlassen

(vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1986, Zl. 86/03/0066). Dies muß innerhalb der Jahresfrist geschehen.

Ob nun von der Behauptung des Beschwerdeführers, die Berufung sei am 31. Oktober 1990 bei der Behörde eingelangt, oder vom Eingangsstempel mit dem Datum 6. November 1990 ausgegangen wird, ist unerheblich, denn die Berufungsentscheidung hätte jedenfalls bis 6. November 1991 (Mittwoch) zugestellt werden müssen. Mit Ablauf des Jahres ab Einbringung der Berufung gilt der erstinstanzliche Bescheid in dem durch die Berufung bekämpften Umfang, nämlich im Ausspruch über die Strafe, als aufgehoben. Daher ist die nach Ablauf des Jahres erlassene Berufungsentscheidung auf Grund des § 51 Abs. 5 VStG rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991170208.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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