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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des Dr. D in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 1. Juni 1992, Zl. MD-VfR-D 12/92/Str, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 1. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 16. Mai 1990 um 10.29 Uhr in Wien 1., Rosenbursenstraße 3, sein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, da der Parkschein gefehlt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der geltenden Fassung, begangen und es wurde gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde sinngemäß aus, daß aus einer Anzeige eines Kontrollorganes des Magistrates hervorgehe, daß das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers am 16. Mai 1990 um
10.29 Uhr vor dem Haus Wien 1., Rosenbursenstraße 3, abgestellt gewesen und nicht mit einem nach § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 11. Februar 1986, LGBl. für Wien Nr. 15/1986, richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet gewesen sei. Das Kontrollorgan des Magistrates habe in der von ihm ausgestellten Organstrafverfügung den Abstellort beschrieben und den Tatort hinreichend bezeichnet. Darüber hinaus sei die Meldungslegerin als Zeugin vernommen worden und habe ihre in der Organstrafverfügung gemachten Angaben aufrechterhalten. Dem Beschwerdeführer sei die Zeugenaussage vorgehalten worden und es sei ihm gemäß § 17 AVG freigestanden, Akteneinsicht zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe jedoch von seiner Möglichkeit, Akteneinsicht zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht.
Die gegenständliche Kurzparkzone in Wien 1., Rosenbursenstraße, sei gesetzmäßig verordnet und durch Straßenverkehrszeichen ordnungsgemäß kundgemacht. Die Meldungslegerin habe als Zeugin angegeben, daß der Pkw des Beschwerdeführers vor dem Haus Rosenbursenstraße 3 innerhalb der für die Kurzparkzone relevanten Straßenverkehrszeichen gestanden sei. In Ermangelung einer gegenteiligen Beweisführung durch den Beschwerdeführer habe auf Grund des Beweisergebnisses als erwiesen angenommen werden können, daß der Tatort mit Wien 1., Rosenbursenstraße 3, durch die Meldungslegerin richtig bezeichnet worden sei, und es nicht relevant gewesen sei, wo genau an dieser Örtlichkeit das beanstandete Fahrzeug abgestellt gewesen sei. Da man auch von einer ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzone ausgehen habe können, wären auch die vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanträge auf Anfertigung einer Tatortskizze abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wenn der Beschwerdeführer ausführt, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn wegen Ablauf der Verjährungsfrist einzustellen gewesen wäre, ist ihm entgegenzuhalten, daß gemäß § 31 Abs. 2 VStG die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr beträgt. Gemäß Abs. 1 dieses Paragraphen ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorgenommen worden ist. Zu dem im § 32 Abs. 2 VStG genannten Verfolgungshandlungen zählt auch die Strafverfügung, welche im Gesetz ausdrücklich genannt wird.
Wie aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ersichtlich ist, wurde gegen den Beschwerdeführer eine mit 20. Juni 1990 datierte Strafverfügung - und zwar zweifelsfrei - gemäß § 47 VStG erlassen, die am 17. August 1990 zur Post gegeben (und dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung auch zugestellt) wurde. Der Beschwerdeführer hat gegen diese Strafverfügung im übrigen Einspruch gemäß § 49 VStG erhoben. Es ist daher entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers innerhalb der Verjährungsfrist eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. vorgenommen worden und eine Verfolgungsverjährung nicht eingetreten. Die hilfsweise Beschwerdebehauptung, es könne sich bei "dieser Strafverfügung wohl nur um eine Anonymstrafverfügung gehandelt haben", entbehrt jeglicher Grundlage.
Das Beschwerdevorbringen geht weiters dahin, es könne keinesfalls als feststehend angenommen werden, daß das vom Beschwerdeführer gehaltene Fahrzeug zur Tatzeit am Vorfallsort von ihm abgestellt worden sei. Der damit behauptete Verfahrensmangel liegt jedoch nicht vor. Erklärt der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges ausdrücklich, daß er das Lenken seines Kraftfahrzeuges zu einem Zeitpunkt, zu dem es in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, niemandem überlassen habe, dann kann die Behörde zunächst, d.h. solange der Zulassungsbesitzer nichts Gegenteiliges behauptet, davon ausgehen, daß dieser das Kraftfahrzeug selbst in der Kurzparkzone abgestellt hat.
Nun hat zwar der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall - anders als im Fall des erwähnten Vorerkenntnisses - insofern seine Erklärung in der schriftlichen Lenkerauskunft vom 7. März 1991, das Fahrzeug sei dem Zulassungsbesitzer zur eigenen Nutzung überlassen gewesen, dahingehend relativiert, daß es für ihn beim besten Willen nicht nachvollziehbar sei, was sich am 16. Mai 1990, sohin beinahe vor einem Jahr, ereignet habe, dies wenn man berücksichtige, daß der Beschwerdeführer berufsbedingt täglich mit seinem Fahrzeug unterwegs sei. Nachdem jedoch jedenfalls an Wochentagen das Fahrzeug vom Beschwerdeführer benötigt werde, könne wohl davon ausgegangen werden, daß er dieses auch am 16. Mai 1990, falls es sich um einen Wochentag handle, benützt habe. Allerdings pflege er mit seinem Fahrzeug an Wochentagen im Bereich von Gerichtsgebäuden bzw. Verwaltungsbehörden unterwegs zu sein, weshalb für den Beschwerdeführer an sich nicht nachvollziehbar sei, warum dieses in der Rosenbursenstraße 3 "befindlich sein" soll.
In keinem Stadium des Verfahrens hat jedoch der Beschwerdeführer auch nur behauptet, geschweige denn konkrete Angaben darüber gemacht, nicht er, sondern eine dritte Person habe das Fahrzeug tatsächlich abgestellt.
Nun gilt zwar im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 37 AVG sowie §§ 24 und 25 VStG der Grundsatz der Amtswegigkeit und der Erforschung der materiellen Wahrheit. Jedoch befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit auch den Beschuldigten nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Vielmehr erfordert es seine Mitwirkungspflicht, seine Verantwortung nicht darauf zu beschränken, ihm vorgehaltene konkrete Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterläßt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1986, Zl. 84/17/0209, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Dies gilt insbesondere dann, wenn einer bestimmten Behauptung der Beweiswert jener Tatsachen, die die Behörde ermittelt hat, verneint wird, ein schlüssiger Gegenbeweis aber nur auf Grund zusätzlicher Beweise, die zu erbringen nach dem Gegenstand des Beweisverfahrens mangels Zugänglichkeit durch die Behörde NUR die Partei durch das Angebot entsprechender Beweismittel in der Lage wäre, möglich ist (vgl. nochmal das vorzitierte hg. Erkenntnis).
Da der Beschwerdeführer keinerlei Behauptungen in der hier wesentlichen Richtung aufgestellt hat, sondern sich auf das bloße Bestreiten - genauer: Infragestellen - beschränkt hat, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer das in Frage stehende Kfz selbst in der Kurzparkzone abgestellt hat. Die dahin zielende Beweiswürdigung der belangten Behörde kann im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung, die darauf beschränkt ist, ob diese den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Wenn aber in diesem Zusammenhang der Beschwerdeführer vorbringt, als Beschuldigter in einem Strafverfahren hätte er nicht mehr befragt werden dürfen, wem er sein Fahrzeug zur Benützung überlassen habe, sodaß die diesbezügliche Lenkerauskunft nichtig sei, so findet diese - im übrigen begründungslos vorgebrachte - Rechtsmeinung im Gesetz keine Deckung.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag auch nicht durch das Beschwerdevorbringen aufgezeigt zu werden, es sei einer ergänzenden Einvernahme durch die Meldungslegerin nicht entsprochen worden, daß diese im Wege einer Skizze darstellen möge, wo sich das Tatfahrzeug des Beschwerdeführers befunden habe und wo sich die relevanten Verkehrszeichen befunden hätten. Dieses bloß allgemeine Beschwerdevorbringen - ohne daß durch KONKRETES tatsächliches Vorbringen aufgezeigt wurde, zu welchem anderen Ergebnis die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können (vgl. etwa schon das hg. Erkenntnis vom 27. November 1948, Slg. N.F. Nr. 593/A) - enthält nicht einmal die Behauptung, daß das von der Meldungslegerin beanstandete Fahrzeug außerhalb der Kurzparkzone "in Wien 1, Rosenbursenstraße 3," abgestellt gewesen sei.
Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch auch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A). Der Gerichtshof kann auch nicht finden, daß die von der belangten Behörde getroffene Tatumschreibung im Zusammenhang mit der erfolgten Tatort- und Tatzeitangabe unter diesen Gesichtspunkten mangelhaft ist. In der Beschwerde wird diesbezüglich auch nichts vorgebracht.
Der Beschwerdeführer vermag aber auch damit nicht durchzudringen, wenn er schließlich vorbringt, aus dem Umstand, daß von ihm am 16. Mai 1990 um 10.29 Uhr im Vorfallsbereich das von ihm gehaltene Fahrzeug abgestellt worden sein solle, könne nicht der Schluß gezogen werden, daß das Fahrzeug dort gehalten bzw. geparkt worden sei, sohin gegen Bestimmungen des Parkometergesetzes verstoßen worden sei bzw. die Abstellung des Fahrzeuges tatsächlich um 10.29 Uhr erfolgt sei.
Gemäß § 1 Abs. 3 zweiter Satz des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Nach Abs. 5 dieses Paragraphen umfaßt der Begriff "Abstellen" sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nicht bestritten, daß sich jedenfalls im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Meldungslegerin kein Parkschein hinter der Windschutzscheibe seines Kraftfahrzeuges befunden hat. Die Parkgebühr wurde daher nicht auf die vorgeschriebene Weise entrichtet und wurde so (objektiv) im Sinne der in Rede stehenden Rechtsvorschriften verkürzt. Anhaltspunkte dafür aber, daß der Tatbestand des "Abstellens" eines Fahrzeuges im Sinne des Parkometergesetzes nicht erfüllt sei, weil ein (bloßes) "Anhalten" des Fahrzeuges vorgelegen sei, ohne bereits zu einem Abstellen im Sinne des Parkometergesetzes und damit die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe entstanden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1982, Zl. 16/0633/80), bietet der Beschwerdefall keinerlei Anhaltspunkt und es wird diesbezüglich auch in der Beschwerde nichts vorgebracht.
Da sohin der angefochtene Bescheid weder mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtSachverhalt Mitwirkungspflicht VerschweigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992170206.X00Im RIS seit
26.11.2001Zuletzt aktualisiert am
11.11.2016