Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VVG §10 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des K in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 14. Juli 1992, Zl. WA 98/1992, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aufgrund von Medien-Berichten wurde der Bundespolizeidirektion Graz bekannt, daß die Staatsanwaltschaft Graz gegen den Beschwerdeführer wegen Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB, Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, 2. Fall StGB, Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB sowie der Vergehen nach § 16 Abs. 1 und § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 Suchtgiftgesetz (SGG) Anklage erhoben hatte, worauf ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 18. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer wegen der genannten Straftaten verurteilt. Infolge der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (ausschließlich betreffend die nach dem SGG erfolgte Verurteilung) änderte der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 7. Mai 1991 die diesbezügliche rechtliche Beurteilung zu Spruchpunkt IV dahingehend ab, daß dem Beschwerdeführer das Vergehen nach § 16 Abs. 1 und 2 Z. 1 SGG zur Last gelegt wurde, wofür er, sowie für die ihm nach dem unberührt gebliebenen (übrigen) Teil des Schuldspruches unverändert zur Last liegenden strafbaren Handlungen nach §§ 288 Abs. 1, 297 Abs. 1, 2. Satz StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, wobei ihm ein Teil dieser Strafe im Ausmaß von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 23. März 1992 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 1 WaffG 1986 der ihm von der Bundespolizeidirektion Graz am 1. April 1987 ausgestellte Waffenpaß wegen erheblicher Zweifel an seiner Verläßlichkeit entzogen.
Mit Bescheid vom 14. Juli 1992 wies die belangte Behörde die dagegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde begründend aus, bei der Handhabung des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 WaffG sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend dem der Regelung innewohnenden Schutzzweck nicht nur ein strenger Maßstab anzulegen, sondern es sei auch dann mit einer Entziehung vorzugehen, wenn im Einzelfall auch ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertige, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr, daß er in jedem Fall Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde. Abgesehen von der angeführten gerichtlichen Verurteilung schienen in der Verwaltungsstrafkartei der Bundespolizeidirektion Graz zwei Vormerkungen wegen Verletzung der Rechtsvorschriften nach den §§ 4 Abs. 1 lit. a und 4 Abs. 5 StVO auf, weil der Beschwerdeführer es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall sein Kraftfahrzeug anzuhalten und ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen. Vom Beschwerdeführer werde in seiner Berufungsschrift auch nicht bestritten, geringe Mengen an Suchtgift weitergegeben zu haben, wofür er auch verurteilt worden sei. Dies werde jedoch vom Beschwerdeführer als einmalige Verfehlung dargestellt, welche unentgeltlich erfolgt sei. Dazu werde ausgeführt, daß es für das gegenständliche waffenrechtliche Verfahren von Relevanz sei, DAß vom Beschwerdeführer Suchtgift weitergegeben worden sei. Die Menge des weitergegebenen Suchtgiftes sowie die Unentgeltlichkeit seien dagegen irrelevant. Gerade die Weitergabe von Suchtgift stelle in Anbetracht des um sich greifenden Mißbrauches von Suchtgiften kein Verhalten dar, das zu bagatellisieren wäre. Im übrigen habe der Beschwerdeführer nicht nur eine, sondern mehrere strafbare Verhaltensweisen (das Vergehen der falschen Beweissaussage vor Gericht, das Verbrechen der Verleumdung und das Vergehen des schweren Betruges) gesetzt. Sämtliche strafbaren Handlungen seien vom Beschwerdeführer vorsätzlich begangen worden. Allein die strafbaren Handlungen nach dem Strafgesetzbuch sowie nach dem Suchtgiftgesetz seien nach Meinung der belangten Behörde ausreichend, um dem Beschwerdeführer die Verläßlichkeit nach dem Waffengesetz absprechen zu können. Dazu komme aber auch noch, daß der Beschwerdeführer als Inhaber einer Lenkerberechtigung es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall sein Fahrzeug sofort anzuhalten und ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen, obwohl sein Verhalten am Unfallsort im ursächlichen Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei. Es erscheine daher aufgrund des vorliegenden gesamten Sachverhaltes - Setzung mehrerer strafbarer Verhaltensweisen - die Befürchtung gerechtfertigt, daß beim Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG nicht mehr gegeben sei. Weiters wurde von der belangten Behörde ausgeführt, § 20 Abs. 2 WaffG normiere ausdrücklich, daß die Person, der der Waffenpaß oder die Waffenbesitzkarte entzogen worden sei, binnen zwei Wochen vom Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides an gerechnet, die in ihrem Besitz befindlichen Faustfeuerwaffen einer zum Erwerb von Faustfeuerwaffen befugten Person zu überlassen oder diese Waffen der Behörde abzuliefern habe. Die Ausführungen, daß der Beschwerdeführer sich in Haft befinde und § 20 Abs. 2 WaffG 1986 zu Unrecht angewendet worden sei, gingen daher ins Leere.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG 1986 hat die belangte Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde die Urkunde zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der Verläßlichkeit ausgehen kann und ab wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 dieses Gesetzes.
§ 6 Abs. 1 WaffG bestimmt:
"Eine Person ist als verläßlich anzusehen, wenn Tatsachen
die Annahme rechtfertigen, daß sie
1)
Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2)
mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird;
3)
Waffen nicht an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind."
Der Verwaltungsgerichtshof brachte schon zu wiederholten Malen zum Ausdruck, daß dem Wortlaut und dem Sinn der §§ 6 und 20 WaffG zufolge bei der Auslegung dieser Bestimmungen ein strenger Maßstab anzulegen ist. Bestimmte Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften können durchaus die Folgerung rechtfertigen, die vom Waffengesetz geforderte Verläßlichkeit im Umgang mit Waffen sei nicht (mehr) gewährleistet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1976, Zlen. 1055, 1056/76).
Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers steht unbestritten fest. In Anbetracht der Häufung der zur Verurteilung führenden strafbaren Handlungen - wenn auch in faktischem Zusammenhang stehend - läßt es entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung aber nicht unschlüssig erscheinen, wenn die belangte Behörde ausgehend davon auf einen sorglosen Umgang mit jenen, das Zusammenleben von Menschen ordnenden Normen allgemein schließt, die jeder mit den rechtlichen Werten verbundene Mensch zu achten verpflichtet ist. Der Begriff der "Verläßlichkeit" des § 6 WaffG bezieht sich keineswegs ausschließlich auf den Umgang mit Waffen. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß man bei der Wertung einer Person als verläßlich im Sinne dieses Gesetzes ihre gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge fassen muß, weil der Begriff der Verläßlichkeit ein Ausdruck der Wesenheit und nicht ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1947, Slg. N.F. Nr. 84/A, vom 23. November 1988, Zl. 88/01/0200, und vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0081). Es ist nicht erforderlich, daß tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung einer Waffe jemals stattgefunden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1979, Zl. 3397/78).
Zu der dem Beschwerdeführer aufgetragenen Ablieferung seines Waffenpasses und der Waffen ist darauf zu verweisen, daß diese im Gesetz selbst zwingend vorgesehen ist. Im Falle tatsächlicher Unmöglichkeit der Erfüllung der dem Beschwerdeführer auferlegten, als im Sinne der Vorschriften über die Verwaltungsvollstreckung unvertretbare Leistung anzusehenden Verpflichtung, könnte dieser, in einem allfällig gegen ihn geführten Vollstreckungsverfahren, diesen Umstand als Grund für die Unzulässigkeit der Vollstreckung (§ 10 Abs. 2 Z. 1 VVG) ins Treffen führen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Juni 1956, Slg. N.F. Nr. 4095/A, und vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0015), was allerdings - im Hinblick auf die bereits zwischenzeitig erfolgte aktenkundige Ablieferung - nur noch von theoretischer Bedeutung ist.
Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010814.X00Im RIS seit
25.04.2001