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27/01 Rechtsanwälte;Norm
GO RAK OÖ 1974 §28 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des Dr. P in X, gegen den Bescheid des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 17. Juni 1992, Zl. 82 K/92, betreffend Bestellung zum beigegebenen Verteidiger, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Oberösterreichische Rechtsanwaltskammer hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 17. Juni 1992 gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 3. Juni 1992, mit dem der Beschwerdeführer zum dem L gemäß § 41 Abs. 2 StPO beigegebenen Verteidiger in einer beim Landesgericht Linz anhängigen Strafsache bestellt worden war, keine Folge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, die Vertretung im Rahmen der Verfahrenshilfe nur dann übernehmen zu müssen, wenn er nach den festgelegten Regeln an die Reihe komme und nicht außerhalb der gemäß § 30 der GO für die Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich und deren Ausschuß festgelegten alphabetischen Reihenfolge, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid dahingehend, daß im Anhörungsverfahren der in derselben Strafsache Mitangeklagten B zunächst 16 Anwälte in alphabetischer Reihenfolge zur Stellungnahme aufgefordert worden seien bekanntzugeben, ob Hinderungsgründe vorlägen. Während der Dauer dieses Anhörungsverfahrens hätten diese Anwälte nicht gleichzeitig in das Verfahren gegen L eingebunden werden können, sodaß hinsichtlich L ein weiteres Anhörungsverfahren mit den nächstfolgenden 16 Anwälten, und zwar wieder in alphabetischer Reihenfolge hätte vorgenommen werden müssen. Der erste in diesem (zweiten) Anhörungsverfahren nicht verhinderte Anwalt sei aber der Beschwerdeführer gewesen. Durch diese Vorgangsweise sei auch die Einhaltung des Grundsatzes der gleichmäßigen Belastung sichergestellt.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 46 Abs. 1 RAO haben die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern bei der Bestellung (im Sinne des § 45 RAO) nach festen Regeln vorzugehen; diese haben eine möglichst gleichmäßige Heranziehung und Belastung der der betreffenden Kammer angehörenden Rechtsanwälte unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten. Diese Regeln sind in den Geschäftsordnungen der Ausschüsse festzulegen. Nach Abs. 2 leg. cit. können diese Geschäftsordnungen allgemeine Gesichtspunkte festlegen, nach denen Rechtsanwälte aus wichtigen Gründen von der Heranziehung ganz oder teilweise befreit sind. Als wichtige Gründe sind dabei insbesondere die Ausübung einer mit erheblichem Zeitaufwand verbundenen Tätigkeit im Dienst der Rechtsanwaltschaft oder persönliche Umstände anzusehen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen lassen.
Aufgrund dieser Bestimmung wurde die Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich und deren Ausschuß erlassen. Deren § 28 lautet:
"(1) Bewilligt ein Gericht oder eine Behörde einer Partei die Beigebung eines Rechtsanwaltes oder schließt die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung ein, so hat der Ausschuß einen Rechtsanwalt zu bestellen.
(2) Müßte der bestellte Rechtsanwalt außerhalb des Sprengels des Gerichtshofes erster Instanz, in dem er seinen Kanzleisitz hat, tätig werden, oder ist der Partei, die sich außerhalb seines Sprengels aufhält, die Zureise zu einem bestellten Rechtsanwalt für eine notwendige mündliche Aussprache wegen erheblicher Hindernisse oder hoher Kosten unzumutbar, so hat der Ausschuß auf Antrag des bestellten Rechtsanwaltes oder der Partei hiezu einen Rechtsanwalt zu bestellen, der im Sprengel des Gerichtshofes erster Instanz, in dem dieser Ort liegt, seinen Berufssitz hat.
(3) Von jeder Bestellung hat der Ausschuß in den Fällen des Abs. 1 das benachrichtigende Gericht, in den Fällen des Abs. 2 das Gericht, bei dem das Verfahren in erster Instanz geführt wird, oder sonst jenes Gericht oder jene Behörde zu verständigen, bei welchem der bestellte Rechtsanwalt einzuschreiten hat."
Der § 30 dieser Geschäftsordnung lautet - soweit für die Entscheidung in dieser Rechtssache von Bedeutung - auszugsweise:
"(1) Die Bestellung von Rechtsanwälten im Sinne des § 28 hat innerhalb der im Sprengel des Gerichtshofes erster Instanz ansässigen Rechtsanwälte in alphabetischer Reihenfolge zu erfolgen. Bestellungen nach § 45a RAO erfolgen nach den gleichen Grundsätzen, aber getrennt von anderen Bestellungen. Ist im Hinblick auf den Wohnort des zu Vertretenden die Bestellung eines am Sitz eines bestimmten Bezirksgerichtes ansässigen Rechtsanwaltes zweckmäßig, so ist innerhalb der im Sprengel des Bezirksgerichtes ansässigen Rechtsanwälte die alphabetische Reihenfolge einzuhalten. Hiedurch darf sich jedoch keine ungleichmäßige Belastung der in den Sprengeln verschiedener Bezirksgerichte ansässigen Rechtsanwälte ergeben.
(2) Wenn der an die Reihe kommende Rechtsanwalt berechtigt ist, die Übernahme einer Vertretung in einem besonderen Fall abzulehnen, ist der in der alphabetischen Reihenfolge folgende Rechtsanwalt zu bestellen und dem übergangenen Rechtsanwalt die nächstfolgende Vertretung zuzuteilen."
Daraus ist ersichtlich, daß die von der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer im Beschwerdefall gewählte Vorgangsweise durch Versendung von "Proponentenlisten" nicht dem Gesetz entspricht. Eine derartige Vorgangsweise würde - wie auch der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt - dem Grundsatz der Bestellung nach festen Regeln widersprechen, da die Anzahl der in eine derartige Liste aufgenommenen Personen keiner Regel unterworfen und der sich daraus ergebende Turnus variabel, damit aber unüberprüfbar und willkürlich ist. Vielmehr sieht der § 30 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer Oberösterreich und deren Ausschuß eindeutig vor, daß zunächst einmal "der an die Reihe kommende Rechtsanwalt" zu bestellen ist. Erst wenn dieser im Sinne des § 28 Abs. 2 GO berechtigt wäre, die Übernahme der Vertretung im besonderen Falle abzulehnen, - erst DANN wäre - nach § 30 Abs. 2 leg. cit. der in der alphabetischen Reihenfolge folgende Rechtsanwalt zu bestellen gewesen.
Der diese rechtswidrige Vorgangsweise der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer bestätigende Bescheid der belangten Behörde ist aus den dargelegten Gründen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010758.X00Im RIS seit
20.11.2000