TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/7 93/01/0533

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Veröffentlicht am 07.10.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des S in A, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. April 1993, Zl. 4.342.734/1-III/13/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. März 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Gewährung von Asyl abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück. Begründend führte sie aus, daß die Berufung keinen im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG ausreichend begründeten Berufungsantrag enthalte. Dieser Mangel sei, weil die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides erster Instanz ausdrücklich auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages hingewiesen habe, kein verbesserungsfähiger Formmangel, sondern ein inhaltlicher Fehler, der zur Zurückweisung führen müsse.

In der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung sowie "auf Anerkennung als Flüchtling im Sinne des § 1 Asylgesetz" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat gegen den erstinstanzlichen Bescheid mit folgendem Wortlaut berufen:

"Gegen den o.a. Bescheid, der mir am 26.3.1993 zugestellt wurde, erhebe ich in offener Frist Berufung und begründe dies wie folgt.

Das Bundesasylamt Linz hat unter Verkennung der Situation in meinem Heimatland Türkei meinen Antrag auf Asyl gemäß der Genfer Konvention (Asylgesetz 1991) nicht stattgegeben. Daher bitte ich die von mir diesbezüglich gemachten Angaben nochmals zu prüfen.

Die genaueren Gründe für meine Berufung kann ich im Moment noch nicht ausführen, weil mir kein geeigneter Dolmetscher zur Verfügung stand. Ich werde diese Gründe in Form einer Berufungsergänzung in den nächsten vierzehn Tagen (ab 8.4.1993) bekanntgeben.

Ich ersuche meiner Berufung stattzugeben und mir Asyl in Österreich zu gewähren."

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Als Berufung kann eine Eingabe daher nur dann angesehen werden, wenn ihr entnommen werden kann, daß der bezeichnete Bescheid angefochten wird, d.h. daß die Partei mit der Erledigung der erkennenden Behörde nicht einverstanden ist, und daß aus ihr ersichtlich ist, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft. Das Gesetz verlangt somit nicht nur einen Berufungsantrag, sondern darüber hinaus seine Begründung, d.h. Ausführungen, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/1080).

Im Beschwerdefall kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Berufung des Beschwerdeführers entnommen werden, worin er die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides erblickt. So ergibt sich aus der zwar sehr knappen Formulierung immerhin, daß der Beschwerdeführer die - zur Abweisung seines Asylantrages führende - Beurteilung seiner Situation in der Türkei bekämpft, wobei er der Behörde vorwirft, diese verkannt, sohin unrichtig festgestellt zu haben. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, vom Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages auszugehen und eine Sachentscheidung zu treffen.

Daß die "genaueren Gründe" einer "Berufungsergänzung" vorbehalten wurden, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine den formalen Erfordernissen entsprechende Berufung vorliegt, ergänzende Begründungen bis zum Abschluß des Berufungsverfahrens vorgebracht werden können (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1967, Slg. Nr. 7074/A).

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage, statt eine Sachentscheidung zu treffen, mit einer Zurückweisung vorgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991. Das Aufwandersatzbegehren auf Grund von Stempelgebühren konnte nur im Ausmaß der entstandenen Gebührenpflicht berücksichtigt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010533.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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