TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/7 92/16/0083

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Veröffentlicht am 07.10.1993
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Index

22/01 Jurisdiktionsnorm;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §14;
GGG 1984 §15 Abs2;
JN §58 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des Dipl. Ing. D in H (D), vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Oktober 1991, Zl. Jv 1418-33/91-2, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte am 14. April 1986 beim Landesgericht Salzburg eine Klage wegen Körperverletzung mit nachstehendem Klagebegehren ein:

"Urteil:

b)

dem Kläger eine monatliche Rente und zwar die bis Schluß des Verfahrens I. Instanz bis zur Rechtskraft der Entscheidung dieser Rechtsache fällig werdenden Beträge binnen 14 Tagen, die in Zukunft fällig werdenden Beträge zum jeweils Letzten der folgenden Monate zu bezahlen, nämlich für das Jahr 1986 eine monatliche Rente von DM 917,--, DM 1.834,-- im Jahr 1987, DM 2.751,-- im Jahr 1988, DM 3.668,-- im Jahr 1989, DM 4.585,-- im Jahr 1990, DM 5.502,-- im Jahr 1991 sowie ab dem Jahr 1992 bis 31.8.2003 von monatlich DM 5.834,--, jedoch wertgesichert, in der Folge bis zum Ableben des Klägers eine monatliche Rente von DM 1.667,--.

2.

Der Beklagte haftet dem Kläger für alle in Hinkunft aus dem Unfall in der Rudolfshütte, Weißsee vom 04.07.1984 hervorkommenden Schäden, soweit sie nicht vom Sozialversicherungsträger abgedeckt werden.

3.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Beschwerdeführer entrichtete, ausgehend von dem von ihm errechneten Gesamtstreitwert von S 760.425,30, Pauschalgebühren für die Klage, die Berufung und die Revision in der Höhe von insgesamt S 45.200,--.

Mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten vom 22. März 1991 wurde dem Beschwerdeführer einschließlich der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG in Höhe von S 50,-- eine restliche Pauschalgebühr in der Höhe von insgesamt S 345.724,-- vorgeschrieben (errechnete Bemessungsgrundlage S 8,237.167,--; Pauschalgebühren für die Klage nach TP 1 S 87.572,-- für die Berufung nach TP 2 S 128.558,-- und für die Revision nach TP 3 S 174.744,--).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes Salzburg dem Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers teilweise statt und setzte die Gebühren wie folgt neu fest:

Einhebungsgebühr, § 6 GEG 1962                   S      50,--

1  Pauschalgebühr, TP 1 GGG 1984 S 8,165.710,--  S  86.857,--

19 Pauschalgebühr, TP 2 GGG 1984 S 8,165.710,--  S 127.485,--

28 Pauschalgebühr, TP 3 GGG 1984 S 8,165.710,--  S 173.314,--

                                                 S 387.706,--

abzüglich bereits entrichteter Pauschalgebühren

ON  1 beigebrachte Pauschalgebühr             -  S  10.200,--

ON 19 beigebrachte Pauschalgebühr             -  S  15.000,--

ON 28 beigebrachte Pauschalgebühr             -  S  20.000,--

abzüglich der zu ARP 10378/91 am 26.3.1991

gebuchten Pauschalgebühren                     -  S  86.350,--

zu zahlender Gesamtbetrag                        S 256.156,--

                                                 ============

Das darüber hinausgehende Berichtigungsbegehren wurde abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, folge man den Rechtsausführungen des vom Beschwerdeführer angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zl. 89/16/0075, dann seien die einzelnen gestaffelten Perioden des gegenständlichen Rentenbegehrens wegen Körperbeschädigung sehr wohl als bestimmte Dauer zu werten, wobei aus dem Tenor des zitierten Erkenntnisses weiters hervorgehe, daß die bestimmte Dauer mit der unbestimmten Dauer als Wert des Rechtes zu summieren sei. Dies werde zudem durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0065, erhärtet. Daraus folge die nachstehende Berechnung der Bemessungsgrundlage für das Klagebegehren, wobei der Bewertung des Rentenbegehrens, das sich summa summarum (bestimmte Dauer und unbestimmte Dauer) aus künftigen Bezügen zusammensetzte, nach der Bestimmung des § 58 Abs. 1 JN letzter Halbsatz, "jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen," im abgesprochenen Umfang Einhalt zu gebieten gewesen sei.

Berechnung der Bemessungsgrundlage:

Zahlungsbegehren                                S   382.175,--

Feststellungsbegehren                           S   100.000,--

Rentenbegehren: bestimmte Dauer

Umrechnungskurs 100 DM = S 702,--

(§ 6 Abs. 3 GGG i.V.m. AöF 107/86)

DM   917,-- für 1986                            S     77.248,--

DM 1.834,-- für 1987                            S    154.496,--

DM 2.751,-- für 1988                            S    231.744,--

DM 3.668,-- für 1989     6 Jahre                S    308.992,--

DM 4.585,-- für 1990                            S    386.240,--

DM 5.502,-- für 1991                            S    463.488,--

DM 5.834,-- für 1992  bis 31.8.2003

1992 - 2002 =            11 Jahre               S  5.406.017,--

     - 31.8.2003           8 Monate             S    327.637,--

                      17 Jahre 8 Monate

    zuzüglich unbestimmte Dauer

1.9.2003 - Ableben (3 fache Jahresleistung),    S    327.665,--

jedoch unter Einrechnung der bestimmten Dauer

- nicht mehr als das Zwanzigfache der

Jahresleistung, weshalb nur mehr 2 Jahre und

4 Monate (monatliche Rente zu DM 1.667,--)

verbleiben =                                    S  8,165.702,--

gemäß § 6 (2) GGG - Gesamtbemessungs-

                    grundlage                   S  8,165.710,--

                                                 ===============

    Zu berücksichtigen seien im Berichtigungsverfahren zudem

die mittlerweile präjudiziell nachgezahlten Pauschalgebühren

gewesen, woraus sich spruchgemäß der zur Zahlung

vorgeschriebene Gesamtbetrag ergeben habe.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 25. Februar 1992, Zl. B 1280/91-3, die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß mit Beschluß vom 22. April 1992, Zl. B 1280/91-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Er erachtet sich in seinem Recht auf richtige Berechnung der Gerichtsgebühren (insbesondere auf richtige Ausmessung der Höhe der Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühren nach TP 1, TP 2 und TP 3 GGG) verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bemessungsgrundlage ist gemäß § 14 GGG, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 58 Abs. 1 JN ist als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen.

Gemäß § 15. Abs. 2 GGG sind mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.

Im Beschwerdevorbringen bestreitet der Beschwerdeführer im wesentlichen nur die gerichtsgebührenrechtliche Beurteilung des Punktes 1 lit. b des Klagebegehrens, ob nämlich die in diesem Punkt umschriebene wiederkehrende Nutzung oder Leistung sich teils als solche auf bestimmte, teils als solche auf Lebenszeit beschränkte Dauer zusammensetzt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in Streitigkeiten, die wiederkehrende Leistungen auf bestimmte und anschließend auf unbestimmte Zeitdauer zum Gegenstand haben, zur Ermittlung des maßgeblichen Wertes dem Gesamtbetrag der auf die bestimmte Zeitdauer entfallenden Leistungen die im § 58 Abs. 1 JN jeweils genannte x-fache Jahresleistung für die unbestimmte Zeitdauer hinzuzuschlagen (vgl. hg. Erkenntnisse vom 16. März 1973, Zl. 1496/72, Slg. Nr. 4520/F, und vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0065).

Voraussetzung für eine solche Zusammenrechnung ist, daß das Recht auf den Bezug von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen einerseits eine bestimmte und darüberhinaus abgegrenzt anderseits eine unbestimmte oder auf Lebenszeit beschränkte Dauer umfaßt. Punkt 1 lit. b des Klagebegehrens enthält das Begehren auf Zahlung monatlicher Renten, die unterschiedliche Zahlungstermine und unterschiedliche Höhen aufweisen. Dieses Klagebegehren ist jedoch nicht so präzise formuliert, daß diesem ein völlig eindeutiger Inhalt in Richtung der von der belangten Behörde gewählten Auslegung zu entnehmen wäre. Die belangte Behörde durfte somit nicht ohne weiters davon ausgehen - es wäre überdies dabei Sache der belangten Behörde gewesen, im angefochtenen Bescheid auch zu begründen, inwieweit das monatliche Rentenbegehren bis 31. August 2003 sich von dem darüberhinaus gehenden Rentenbegehren unterscheidet -, daß das Recht auf den Bezug der monatlichen Rentenzahlungen in den Jahren bis 31. August 2003 bestimmt und erst danach bis zum Ableben - somit auf Lebenszeit - beschränkt ist. Die Anführung der einzelnen Zeiträume kann nämlich auch nur die zeitliche Abgrenzung der jeweiligen Höhe der insgesamt auf Lebenszeit begehrten Rentenzahlungen darstellen. Dieser Inhalt des Klagebegehrens wird deutlicher, wenn die Klagserzählung zur Klärung des Begehrens herangezogen wird. Ausgehend vom Einkommen zum Unfallszeitpunkt hat der Kläger danach in den folgenden Jahren eine Einkommenssteigerung bis DM 200.000,-- erwartet. Von dem Zeitpunkt des Erreichens dieses Höchstbetrages (spätestens im Juli 1991) "bis zur voraussichtlichen Pensionierung mit dem 63. Lebensjahr - das wäre Ende August 2003 - würde sich der jährliche Mehrbetrag lediglich auf die Abdeckung des Kaufkraftverlustes beschränken". Dem Kläger stehe daher ein Ersatz seines Schadens durch vermindertes Einkommen von

monatlich brutto DM 917,-- im Jahr 1986 ... bis brutto

DM 5.502,-- im Jahr 1991 sowie ab dem Jahr 1992 bis 31. August 2003 von monatlich DM 5.834,-- , jedoch wertgesichert, zu. Ab 1. September 2003 bis zum Lebensende erleide der Kläger einen Schaden durch vermindertes Pensionseinkommen von monatlich brutto DM 1.667,--.

Daraus ergibt sich, daß der Anführung der einzelnen Zeiträume nicht die Bedeutung beigemessen werden kann, die Dauer des Rechts auf den Bezug der wiederkehrenden Nutzung und Leistung selbst zu bestimmen, sondern die zeitliche Abgrenzung dient ausschließlich der periodenweisen Staffelung der Höhe der Bezüge. Dies gilt auch für die Anführung des Datums "31. August 2003" als dem angenommenen Zeitpunkt der voraussichtlichen Pensionierung des Beschwerdeführers (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 13. März 1957, Zl. 429/56, Slg. Nr. 1608/F, wonach für die Bemessung der Gerichtsgebühren ein durch die Lebensdauer des Klägers begrenztes Begehren auf Rentenzahlung auch dann nur mit dem zehnfachen Jahresbetrag zu bewerten sei, wenn der Kläger entsprechend seiner voraussichtlichen Lebenserwartung Rentenleistungen auf einen bestimmten zehn Jahre übersteigenden Zeitraum eingeklagt hat). Wenn das Klagebegehren selbst auch undeutlich gefaßt ist, so ist aber nach der Klagserzählung davon auszugehen, daß es sich beim Teil 1b des Klagebegehrens nur um einen einzigen - auf Lebenszeit - geltend gemachten Anspruch handelt, sodaß eine Zusammenrechnung nach § 15 Abs. 2 GGG von vornherein ausscheidet.

Da die belangte Behörde zu Unrecht angenommen hat, bis 31. August 2003 handle es sich um ein auf eine bestimmte und danach um ein auf eine unbestimmte Dauer eingeräumtes Recht, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Auf das übrige Beschwerdevorbringen war daher nicht weiter einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992160083.X00

Im RIS seit

24.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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