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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der Z in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juni 1993, Zl. 4.326.913/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. November 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihr lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 8. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, habe sie bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 15. November 1991 angegeben, sie sei in ihrem Heimatland wegen ihrer Zugehörigkeit zur assyrischen Minderheit und wegen ihres christlichen Glaubens als Mensch dritter Klasse behandelt worden. So habe sie beim Einkaufen immer warten müssen, bis die Moslems ihre Einkäufe getätigt hätten. Da sie sich auch den islamischen Bekleidungsvorschriften habe beugen müssen, habe sie sich in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt gefühlt. Familienfeiern hätten nicht abgehalten werden können, weil Revolutionswächter zum Kontrollieren gekommen wären; in ihrer Familie seien daher keine Feiern veranstaltet worden. Die Beschwerdeführerin habe sich mit ihrem Gatten zur Ausreise entschlossen, weil sie sich in ihrem Heimatland nicht frei gefühlt habe.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin um nochmalige Überprüfung ihres Asylvorbringens ersucht. Sie habe ihr Heimatland aus politischen und religiösen Gründen verlassen und sei bereit, ihre bereits angeführten Gründe nochmals auszuführen.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen von Gründen im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) unter Hinweis auf die im Iran herrschende verfassungsrechtliche Situation, derzufolge insbesondere die assyrischen und kaledonischen Christen zusammen einen Abgeordneten ins Parlament wählen könnten, zunächst deshalb verneint, weil die Beeinträchtigungen, denen assyrische Christen wegen ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt seien, nicht die Intensität einer asylrechtlich beachtlichen Verfolgung erreichten. Diese Auffassung der belangten Behörde trifft im Beschwerdefall zu, weil die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Benachteiligungen (allgemeine Geringschätzung durch die Bevölkerung, längeres Wartenmüssen bei Einkäufen, Erschwerung von Familienfeiern) nicht eine derartige Intensität erreichen, daß deshalb ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland als unerträglich anzusehen wäre.
Ebenso ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie die von der Beschwerdeführerin als Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit empfundene Verpflichtung zur Einhaltung islamischer Bekleidungsvorschriften nicht als Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gewertet hat. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich um eine allgemeine Beschränkung des Lebens, der nicht nur Christinnen bzw. Assyrerinnen unterworfen sind, woraus sich ergibt, daß selbst wegen Nichteinhaltung dieser Vorschriften drohende Zwangsmaßnahmen nicht als konkrete Verfolgungshandlungen aus einem der Konventionsgründe, insbesondere auch nicht aus dem der Religion, angesehen werden könnten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 8. Juli 1993, Zlen. 92/01/1009 und 92/01/1023).
Soweit in der Beschwerde die allgemeine Lage der assyrisch-christlichen Minderheit im Iran ins Treffen geführt wird, macht die Beschwerdeführerin damit - abgesehen davon, daß sie mit diesem Vorbringen dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt - keine konkret gegen sie selbst gerichtete Verfolgung geltend.
Die Beschwerdeführerin verkennt auch die Grundsätze des Verfahrens über Bescheidbeschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge dem Asylantrag stattgeben oder den angefochtenen Bescheid in Richtung einer Zurückverweisung abändern. Dieses auf die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Bescheiden von Verwaltungsbehörden beschränkte Verfahren läßt eine Entscheidung in der Sache selbst oder eine Zurückverweisung an eine Behörde des Verwaltungsverfahrens nicht zu.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010872.X00Im RIS seit
20.11.2000