TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/7 93/01/0127

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.1993
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der F in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Jänner 1993, Zl. 4.330.993/7-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 26. Mai 1992 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin - eine rumänische Staatsangehörige, die am 11. Februar 1992 den Asylantrag gestellt hat - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Jänner 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Befragung am 11. Februar 1992 im wesentlichen nur angegeben habe, daß ihr Ehemann in Rumänien "Probleme mit der Polizei" gehabt habe, weswegen sie mit ihm ausgereist sei, und sie auch in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid lediglich geltend gemacht habe, daß nicht konkret auf ihr Vorbringen eingegangen worden sei. Die belangte Behörde hat daraus abgeleitet, daß die Beschwerdeführerin im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände glaubhaft gemacht habe, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß sie sich im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 "aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen", weil ihr Wunsch, mit ihrem Gatten auszureisen, für sich allein noch nicht die Flüchtlingseigenschaft indiziere.

Wenn demgegenüber in der Beschwerde behauptet wird, die Beschwerdeführerin habe während des Verfahrens vorgebracht, "daß sie von der rumänischen Regierung verfolgt worden sei, da sie eine andere politische Gesinnung als jene der Regierungspartei habe", so ist diese Behauptung aktenwidrig. Vielmehr ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten die Richtigkeit der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Wiedergabe der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführten Fluchtgründe, die aber - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - keine relevanten Verfolgungsgründe im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) darstellen. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren keine individuell gegen sie selbst gerichteten Verfolgungshandlungen aufgezeigt, aus denen der Schluß gezogen werden könnte, sie habe im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland eigene Verfolgung wegen des Vorliegens eines dieser maßgeblichen Gründe zu befürchten. Die Beschwerdebehauptung, die Beschwerdeführerin gehöre "einer von der Regierung unterschiedlichen demokratischen politischen Bewegung in Rumänien an", ist als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich. Was die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 8. November 1989, Zlen. 89/01/0056, 0125 und 0126, worin der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, daß die Situation der Beschwerdeführerin jeweils zum Fluchtzeitpunkt als entscheidend heranzuziehen sei, für ihren Standpunkt zu gewinnen glaubt, ist nicht zu erkennen. Dazu kommt, daß die Beschwerdeführerin diesem Erkenntnis inhaltlich eine vom Verwaltungsgerichtshof in rechtlicher Hinsicht nicht getroffene Aussage unterstellt, wurde doch damit nur zum Ausdruck gebracht, daß eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention jedenfalls voraussetzt, daß diese Furcht zu der Zeit aktuell begründet war, als der Asylwerber sein Heimatland verlassen hat, und demnach länger zurückliegende Verfolgungshandlungen dann keine Fluchtgründe sind, wenn infolge geänderter Umstände zur Zeit des Verlassens des Heimatlandes eine Furcht vor Verfolgung nicht als wohlbegründet anzusehen ist. Das bedeutet aber nicht, daß dann, wenn im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - anders als zu der Zeit, als der Asylwerber sein Heimatland verlassen hat - eine solche wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht mehr gegeben war, dessen ungeachtet die Flüchtlingseigenschaft zu bejahen wäre. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß bei Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft auf die Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung abzustellen ist (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 21. April 1993, Zlen. 92/01/0919 bis 0922).

Es liegen auch die von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrensmängel nicht vor. Die Beschwerdeführerin meint, daß deshalb, weil sie der deutschen Sprache kaum mächtig sei, für die belangte Behörde "im Sinne des § 13 AVG Veranlassung bestanden hätte, die genauen Umstände der behaupteten Verfolgungshandlungen zu erfragen". Ihr ist entgegenzuhalten, daß sie - wie gesagt - Verfolgungshandlungen, die sie selbst betroffen hätten, im Verwaltungsverfahren gar nicht behauptet hat und selbst im Falle einer solchen Behauptung ohne hinreichend deutliche Hinweise darauf, daß diese behördlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit einem der rechtlich maßgeblichen Verfolgungsgründe gesetzt worden seien, sich weder aus § 13 a AVG noch aus § 16 Asylgesetz 1991 eine Verpflichtung der Behörden ergibt, den Asylwerber dahingehend anzuleiten, wie er seine Angaben konkret zu gestalten habe, damit sie für ihn zum Erfolg führen (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1992,

Zlen. 92/01/0800 bis 0803). Schließlich ist auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe bloß ihre rechtlichen Erwägungen dargelegt, es jedoch unterlassen, "die tatsächlichen Annahmen auszuführen, welche der Entscheidung zugrunde gelegt wurden", worin sie eine Verletzung der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 2 AVG erblickt, verfehlt, weil der Begründung des angefochtenen Bescheides zweifelsfrei zu entnehmen ist, daß die belangte Behörde den Angaben der Beschwerdeführerin gefolgt ist und auf dieser Sachverhaltsgrundlage ihre rechtliche Beurteilung vorgenommen hat.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010127.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten