Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des A in Z, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juli 1993, Zl. 4.292.809/2-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides kann von Folgendem ausgegangen werden:
Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, reiste am 15. Feber 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 19. Feber 1990 den Antrag auf Asylgewährung. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien hat mit Bescheid vom 21. Juni 1990 festgestellt, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vorliegen. Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.
Bei der Ersteinvernahme des Beschwerdeführers gab dieser an, daß er in seiner Jugend Angehöriger der Parteijugend gewesen, später aber aus der Partei ausgetreten sei. 1988 sei er von drei Sicherheitsleuten überprüft worden, da er Kontakte mit ausländischen Caritasmitarbeitern gepflogen habe. Bei einer Hausdurchsuchung seien bei ihm eine Bibel und ausländische Zigaretten gefunden worden. Da er von einer Beziehung eines Arbeitskollegen zu einem englischen Mädchen Kenntnis gehabt habe, sei er 1986 von der Polizei verhört und geschlagen worden. Eine Hausdurchsuchung habe ebenfalls aus diesem Grund stattgefunden. Wegen seiner Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit hätte er wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Nachteile in seiner "Firma" erdulden müssen. Bei der Religionsausübung habe er insoferne Schwierigkeiten gehabt, als der Besuch der Kirche generell verboten gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe Rumänien legal verlassen.
In seiner Berufung trug der Beschwerdeführer weiters vor, daß er von der Securitate regelmäßig überprüft und kontrolliert worden sei. Wenn er zu Westtouristen Kontakt gehabt habe, sei er festgenommen und verhört worden. Bei einer Rückkehr nach Rumänien hätte er wegen seiner Flucht mit Gefängnis zu rechnen, was ihm vor seiner Ausreise bei einem Verhör angedroht worden sei. Nach der Revolution habe er in seiner "Firma" Reformen gefordert und deshalb mit der Unternehmensleitung Probleme gehabt. Auch sei er vor seiner Ausreise zweimal in seiner Wohnung überfallen und bedroht worden.
Die belangte Behörde gab der Berufung im wesentlichen mit der Begründung keine Folge, daß die Nachteile, die der Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit zu tragen habe, keine derart gravierenden Eingriffe in seine Grundrechte darstellten, um das Vorliegen von wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu bejahen. Die Probleme des Beschwerdeführers in bezug auf seine Auslandskontakte würden in keinem ausreichenden zeitlichen Naheverhältnis zu seiner Ausreise stehen, um Furcht vor Verfolgung begründen zu können. Dem abweichenden und gesteigerten Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung müsse nach Auffassung der belangten Behörde die Glaubwürdigkeit versagt bleiben, wenn der Asylwerber die nach seiner Auffassung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder gar widersprüchlich darstelle. Die erkennende Behörde könne einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Asylverfahrens vor den verschiedenen Instanzen im wesentlichen gleichbleibende Angaben mache, wenn die Angaben wahrscheinlich erschienen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluß aufdrängten, daß sie bloß der Asylerlangung dienen sollen, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Im übrigen würde der Umstand, daß der Beschwerdeführer zwei Tage vor seiner Ausreise einen Reisepaß ausgestellt bekommen habe, auch dafür sprechen, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei, denn wenn tatsächlich ein staatlicher Wille zur Repression des Beschwerdeführers bestehe, komme eine Ausstellung des Reisepasses nicht in Frage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung von Asyl gemäß den §§ 1 und 3 Asylgesetz 1991 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Da im vorliegenden Asylverfahren das Verfahren am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, kam gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz zur Anwendung. Gemäß § 1 Z. 1 leg. cit. ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Auf die Rüge des Beschwerdeführers, daß der vorliegende Bescheid nicht gemäß § 58 Abs. 2 AVG entsprechend begründet sei, muß im vorliegenden Falle nicht näher eingegangen werden, weil selbst bei Zutreffen dieses Verfahrensmangels einem solchen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nur dann Relevanz zukommt, wenn bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Letzteres muß im Hinblick auf die im Asylverfahren gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 maßgeblichen Aussagen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren verneint werden. Abgesehen davon, daß die in der Ersteinvernahme angeführten Ereignisse in den Jahren 1986 und 1988 keinerlei Hinweise dafür bieten, daß diesen in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführte Gründe zugrundelagen, erfolgt sind, hat die belangte Behörde zutreffend festgestellt, daß diese Ereignisse in keinem ausreichenden zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise des Beschwerdeführers am 15. Februar 1990 stehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0407,
1. Juli 1992, Zl. 92/01/0489 und vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800-0803).
Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. September 1989, Zl. 89/01/0188 und vom 4. Oktober 1989, Zl. 89/01/0230), daß allein Nachteile, die sich aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Minderheit ergeben, keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention begründen. Es müssen vielmehr konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete bzw. ihm drohende Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 1989, Zlen. 89/01/0287-0291).
Auf der Grundlage der sich aus dem Bescheid ergebenden Angaben des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren, die in der Beschwerde nicht bestritten wurden, ist die belangte Behörde somit zutreffend zu der Auffassung gelangt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 sei.
Insoweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß der Bescheid keine Feststellungen dazu enthält, daß nach seinen Angaben zwei Überfälle von ehemaligen Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes und massive Drohungen durch diese unmittelbar vor seiner Ausreise stattgefunden hätten, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 grundsätzlich das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz maßgeblich ist. Eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens ist gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 nur dann geboten, wenn dieses offenkundig mangelhaft war, der Asylwerber Bescheinigungsmittel vorlegt, die ihm im Verfahren vor dem Bundesasylamt nicht zugänglich waren oder wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung erster Instanz zugrunde gelegt wurde, in der Zwischenzeit geändert hat. Daß derartige Umstände vorgelegen seien, wird vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht behauptet. Wenn die belangte Behörde auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Berufung nicht eingegangen ist, entsprach dies § 20 Asylgesetz 1991. Auch die vom Beschwerdeführer zu Recht kritisierte Auffassung der belangten Behörde, daß aus dem Umstand der Ausfolgung eines Reisepasses nicht geschlossen werden könne, daß keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes 1991 vorliege (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. November 1992, Zl. 92/01/0453 und vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0894), kann nichts daran ändern, daß der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren keine Ereignisse vorgetragen hat, aufgrund derer das Vorliegen von Verfolgung im Sinne vom § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzunehmen wäre.
Sofern der Beschwerdeführer für erforderlich erachtet, daß die belangte Behörde eine Stellungnahme der diplomatischen Vertretung Österreichs in Rumänien einholen hätte sollen, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0894), nach der die Behörde nicht verpflichtet ist, Nachforschungen über die allgemeinen Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers anzustellen, weil allein aus allgemein herrschenden politischen Verhältnissen das Vorliegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht abgeleitet werden kann (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0894), sodaß das Fehlen solcher Ermittlungen nicht als Verfahrensmangel gewertet werden kann.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, konnte die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010928.X00Im RIS seit
20.11.2000