TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/7 93/16/0102

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Veröffentlicht am 07.10.1993
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Index

32/06 Verkehrsteuern;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §19;
BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §2 Abs2;
GrEStG 1955 §11 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §2 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 30. April 1993, GZ. 1669-4/1992, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorgelegten Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat mit Kaufvertrag vom 31. Juli bzw. 17. August 1981 das Grundstück Nr. 2991/3 mit 561 m2 in EZ. 2218 KG L. und die Ehegattin des Beschwerdeführers mit Kaufvertrag gleichen Datums das angrenzende Grundstück Nr. 2991/4 mit 560 m2 in EZ. 2217 KG L. erworben. Beide haben jeweils die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 beantragt.

Mit Bescheid vom 29. November 1991 hat das Finanzamt Feldkirch dem Beschwerdeführer Grunderwerbsteuer für das von ihm erworbene Grundstück wegen Nichterfüllung des Zweckes (Nichterbauung des Hauses innerhalb von acht Jahren ab der Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes) gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 festgesetzt.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß das unmittelbar an sein Grundstück angrenzende, im Eigentum der Ehegattin stehende Grundstück Nr. 2991/4 verbaut worden sei. Das Grundstück des Beschwerdeführers diene als Garten und bilde mit dem Grundstück der Ehegattin eine wirtschaftliche Einheit.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte dabei aus, es sei unbestritten, daß auf dem Grundstück des Beschwerdeführers keine Arbeiterwohnstätte errichtet worden sei. Nach dem ersten Satz des § 2 Abs. 3 GrEStG würden mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörten, für den Bereich der Grunderwerbsteuer dann als ein Grundstück behandelt, wenn sich ein Rechtsvorgang auf diese mehreren Grundstücke beziehe. Diese Bestimmung treffe jedoch auf den gegenständlichen Berufungsfall nicht zu. Denn einerseits lägen zwei getrennte Rechtsvorgänge vor und anderseits mangle es am Erfordernis der wirtschaftlichen Einheit. Dem Begriff "wirtschaftliche Einheit" komme im Grunderwerbsteuerrecht keine andere Bedeutung zu als dem gleichen im § 2 Bewertungsgesetz umschriebenen Begriff. Es seien daher auch mehrere Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts abgabenrechtlich als nur ein Grundstück anzusehen, sofern sie bei der Einheitswertfeststellung als eine wirtschaftliche Einheit bewertet würden. Die in Rede stehenden Grundstücke seien vom Finanzamt Bregenz seit dem Jahre 1968 je als selbständige wirtschaftliche Einheit bewertet worden, woran sich nichts geändert habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhalts als auch Rechtswidrigkeit infolge Veletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. In der Beschwerde sowie in der Beschwerdeergänzung brachte der Beschwerdeführer vor, im Zeitpunkt des Erwerbes der Grundstücke habe noch nicht festgestanden, wo das zu errichtende Gebäude situiert werden solle. Im Zuge der Planung habe sich ergeben, daß das Haus auf Grundstück 2991/3 (richtig wohl: 2991/4) zu stehen komme, sodaß sich die Schaffung von gleichteiligem Miteigentum im Wege eines Tauschvertrages erübrigt habe. Das Grundstück 2991/3 diene ausschließlich als Garten und sei auch als solcher gestaltet. Beide Grundstücke hätten von Anfang an eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Die Errichtung eines Wohnhauses sei geplant, die Situierung desselben aber noch offen gewesen. Bestimmend dafür, ob zwei aneinander grenzende Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bildeten, sei der Wille der Erwerber. Entscheidend sei die Zweckwidmung. Unerheblich sei, ob die Grundstücke verschiedene Einlagezahlen hätten und das Eigentum real geteilt sei. Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin hätten auf den beiden Grundstücken eine Arbeiterwohnstätte errichtet. Es sei ein Ortsaugenschein beantragt worden. Dieses Beweismittel sei übergangen worden. Es wäre erforderlich gewesen, diesen Beweis aufzunehmen und zur Veranschaulichung der Situation allenfalls Lichtbilder anzufertigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 2 GrEStG 1987 sind auch vor dem 1. Juli 1987 verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Dies gilt insbesondere, wenn für einen vor dem 1. Juli 1987 verwirklichten, steuerbefreiten Erwerbsvorgang die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem 30. Juni 1987 entsteht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Von der Besteuerung sind beim Arbeiterwohnstättenbau gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten ausgenommen.

Gemäß Abs. 2 erster Satz leg. cit. unterliegt der nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a bezeichnete Erwerbsvorgang mit dem Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn das Grundstück vom Erwerber nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist.

Auf dem Grundstück des Beschwerdeführers wurde - dies wurde auch in der Beschwerde nicht bestritten - keine Arbeiterwohnstätte errichtet. Daher unterlag der Erwerbsvorgang betreffend das Grundstück des Beschwerdeführers mit dem Ablauf von acht Jahren (das war im Jahre 1989) der Steuer. Die Abgabenvorschreibung erfolgte demnach zu Recht. Wenn der Beschwerdeführer diese damit bekämpft, es liege eine "wirtschaftliche Einheit" mit dem Nachbargrundstück vor, dann kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Mehrere Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts sind grunderwerbsteuerrechtlich als nur ein Grundstück anzusehen, sofern sie bei der Einheitswertfeststellung als eine wirtschaftliche Einheit bewertet wurden; es besteht eine Bindungswirkung an den Einheitswertbescheid

(vgl. hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1984 Zlen. 83/16/0017, 0018).

Der im § 2 Abs. 3 GrEStG 1955 verwendete Begriff der wirtschaftlichen Einheit ist im § 2 Bewertungsgesetz näher umschrieben.

Gemäß § 2 Abs. 1 BewG ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.

Mehrere Wirschaftsgüter kommen gemäß § 2 Abs. 2 BewG als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.

Nach dem unbestritten gebliebenen Sachverhalt ist der Beschwerdeführer Alleineigentümer des Grundstückes 2991/3 und seine Ehegattin Alleineigentümerin des Grundstückes 2991/4. Schon aus diesem Grund können die beiden Grundstücke keine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 2 Abs. 2 BewG bilden. Die Grundstücke werden daher - wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung festgestellt hat - bei der Einheitswertfeststellung vom Finanzamt jeweils getrennt als selbständige wirtschaftliche Einheiten bewertet. Der Wille der Erwerber der Grundstücke, angrenzende Grundstücke als wirtschaftliche Einheit anzusehen, ist nicht entscheidend.

Somit besteht auch der geltend gemachte Verfahrensmangel - die belangte Behörde hat den beantragten Ortsaugenschein und weitere Ermittlungen zur Feststellung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, nicht durchgeführt - schon deshalb nicht, weil die belangte Behörde mit Recht davon ausgegangen ist, daß diesen Beweisaufnahmen im Verfahren keine weitere Relevanz zukommen konnte.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993160102.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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