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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1993, Zl. 4.320.703/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger ungarischer Nationalität, der am 19. August 1991 in Österreich eingereist ist - hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. August 1991, mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (BGBl. Nr. 126/1968) nicht vorliegen, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 18. Mai 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
In der Ersteinvernahme am 22. August 1991 hatte der Beschwerdeführer angegeben, daß er als Angehöriger einer Minderheit keine Schwierigkeiten gehabt habe. Nachdem er einen Reisepaß für rumänische Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland erhalten habe, habe er im Mai 1990 seine Arbeit verloren. Er habe von der Unterstützung seiner Mutter gelebt. Er habe nur beabsichtigt, zu seinem Vater nach Österreich zu kommen, der ihm Arbeit beschaffen würde. Es sei ihm nicht gelungen, legal aus Rumänien auszureisen.
In der Berufung führte der Beschwerdeführer ins Treffen, daß sein Vater seit 1987 in Österreich sei und 1990 um eine Familienzusammenführung in bezug auf den Beschwerdeführer und seine Mutter ersucht habe. Seit dieser Zeit habe die rumänische Regierung dem Beschwerdeführer alle Papiere weggenommen und ihm den sogenannten "blauen Paß" gegeben, der für die letzte Ausreise verwendet werden könne. Seit dieser Zeit habe er seine Arbeit verloren und keine mehr gefunden. Seine Mutter habe nur eine geringe Pension, sodaß seine Lage und die seiner Mutter sehr schwer gewesen sei und er sich zur Flucht entschlossen habe.
Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß das Recht auf Arbeit, ohne daß durch eine Verweigerung dieses Rechtes die Lebensgrundlage entzogen werde, kein geschütztes Rechtsgut im Sinne des Asylgesetzes 1991 sei. Dies gelte umsomehr, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes vom Heimatstaat nicht adäquat verursacht worden und daher diesem nicht zurechenbar sei. Bei seiner Befragung habe der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben, daß er wegen seiner Nationalität keinen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen sei. Er sei somit nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, weshalb ihm nicht gemäß § 3 Asylgesetz 1991 Asyl gewährt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung von Asyl sowie im Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, ist gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 1 Z. 1 leg. cit. ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Regligion, der Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 hat die belangte Behörde - ausgenommen es liegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 leg. cit. vor - ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen. Gründe, daß im Berufungsverfahren eine Ergänzung bzw. Wiederholung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 geboten gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer weder in der Berufung noch in seiner Beschwerde vorgetragen. Im Hinblick auf die Angaben des Beschwerdeführers bei der Ersteinvernahme, daß er durch die Ausstellung des sogenannten "blauen Passes" - den er für die Ausreise aus Rumänien benötigte - seinen Arbeitsplatz verloren und daß er in der Folge zu seinem Vater nach Österreich gewollt habe, der ihm Arbeit verschaffen habe wollen, hat die belangte Behörde zutreffend festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling ist und ihm daher nicht Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt werden kann. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Frage, ob der Verlust des Arbeitsplatzes als Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu qualifizieren und damit zur Glaubhaftmachung eines Fluchtgrundes im Sinne der zitierten Vorschrift geeignet ist, nicht nur darauf an, daß der Arbeitsplatzverlust aus einem in § 1 Z. 1 leg. cit. angeführten Grund erfolgt ist, sondern insbesondere auch darauf, daß der Verlust des Arbeitsplatzes dem Staat zuzurechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0102) und daß mit dem Verlust des Arbeitsplatzes eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage verbunden wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, 91/01/0207). Der Beschwerdeführer hat demgegenüber im maßgeblichen Ermittlungsverfahren der Behörde erster Instanz nicht dargetan, daß der Verlust seines Arbeitsplatzes eine massive Bedrohung seiner Lebensgrundlage nach sich gezogen hätte. Von einer massiven Bedrohung der Lebensgrundlage kann nicht schon im Hinblick auf die Nachteile gesprochen werden, die mit einem Verlust des Arbeitsplatzes für jeden Erwerbstätigen im allgemeinen verbunden sind. Dazu kommt, daß er selbst seit 1990 anstrebte, Rumänien zu verlassen, und für diesen Zweck letztlich auch ein Ausreisepapier erhielt.
Sofern der Beschwerdeführer verschiedene Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend macht - so etwa, daß seine Befragung auf Grund der in dem Formular für die Einvernahme vorgesehenen Fragen nicht ausreichend gewesen sei oder daß die maßgeblichen Gründe für seine Ausreise von der Behörde nur ungenau erhoben worden seien -, genügt es darauf hinzuweisen, daß weder der Beschwerdeführer in der Berufung Gründe geltend gemacht hat, nach denen eine offenkundige Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens der ersten Instanz im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorläge, noch kann solches dem Verwaltungsakt entnommen werden. Diesen Einwendungen des Beschwerdeführers kommt daher keine Berechtigung zu.
Sofern der Beschwerdeführer beim Militär erlittene Nachteile nunmehr ins Treffen führt, handelt es sich um erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachtes, neues Vorbringen, auf das im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot nicht einzugehen war.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010616.X00Im RIS seit
20.11.2000