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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. November 1992, Zl. 4.339.369/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. November 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines am 6. Juli 1992 in das Bundesgebiet eingereisten Staatsangehörigen der früheren SFRJ ungarischer Nationalität - gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Juli 1992, Zl. BAW-122/92, mit dem sein Antrag auf Gewährung von Asyl abgewiesen worden war, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, daß aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich sei, welche Berufung gegen welchen Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen worden sei. Es sei weder das Datum noch die Zahl des Bescheides des Bundesasylamtes angeführt noch auch das Datum seiner Berufung. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht ausreichend konkretisiert.
Richtig ist, daß die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde durch Angabe des Datums und der Zahl des erstinstanzlichen Bescheides im Spruch des angefochtenen Bescheides fehlt. Diese Angaben sind aber der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen. Da Spruch und Begründung insoweit eine Einheit bilden, wurde der Beschwerdeführer dadurch, daß der Gegenstand der Erledigung im Spruch des angefochtenen Bescheides mit den Worten "Ihre Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes" nur allgemein umschrieben wurde, nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834). Wie im übrigen aus der Beschwerde hervorgeht, bestand beim Beschwerdeführer auch kein Zweifel darüber, daß mit dem angefochtenen Bescheid über die genannte Berufung entschieden worden ist.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Selbst wenn daher der Beschwerdeführer - wie er geltend macht - als Flüchtling anzusehen wäre, wäre für seinen Standpunkt nichts gewonnen, wenn dieser Ausschließungsgrund vorliegt.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei Verfolgungssicherheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung durch seinen Heimatstaat ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der von ihm geltend gemachten Asylgründe wieder in das "präsumptive Verfolgerland" abgeschoben zu werden. Dies treffe im vorliegenden Fall insbesondere deshalb zu, weil Ungarn Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention sei und der dazu abgegebene Vorbehalt betreffend außereuropäische Asylwerber für den Beschwerdeführer nicht gelte. Sei aber in einem Staat Verfolgungssicherheit gegeben, so bestehe diese vom ersten Augenblick des Betretens an und vermöge durch die Aufenthaltsdauer "nicht zu wachsen". Da lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen müßten, komme es nicht auf einen "aktuellen Kontakt" mit den Behörden dieses Staates an, sondern nur auf den Bestand der Möglichkeit, den geforderten Schutz "durch oder bei Kontaktnahme mit der Behörde" zu aktualisieren.
Der Beschwerdeführer wendet gegen die Argumentation der belangten Behörde ein, daß Verfolgungssicherheit nur nach Kontaktnahme mit Behörden, die Verfolgungssicherheit gewähren könnten, angenommen werden kann, "jedenfalls aber zumindest nur in dem Fall, in welchem eine solche Kontaktnahme möglich und zumutbar" sei. Dem Beschwerdeführer sei jedoch eine solche Kontaktnahme im konkreten Fall weder möglich noch zumutbar gewesen, da er - wie bereits im Verwaltungsverfahren ausgeführt - mit dem Nachtzug von Serbien nach Österreich gereist sei, die ungarische Grenze daher vor Mitternacht erreicht und um 7.30 Uhr des nächsten Tages bereits in Wien gewesen sei. Er habe den Zug während der Fahrt nicht verlassen, "ungarischen Boden somit nicht betreten" und auch ungarische Behörden nicht aufgesucht.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen, mit Erfolg entgegenzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in der Argumentation der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Verfolgungssicherheit ist nämlich anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNr. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Dafür, daß diese Voraussetzungen beim Beschwerdeführer nicht vorgelegen wären, besteht kein Anhaltspunkt, wobei nicht maßgebend ist, wie lange er sich in Ungarn aufgehalten hat, war doch - wie die belangte Behörde richtig erkannte - die demnach anzunehmende Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er sein Heimatland verlassen hat. Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargetan, welche Gründe - außer seinem Wunsch, in Österreich um Asyl anzusuchen - ihn gehindert hätten, in Ungarn, das der Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1989 beigetreten ist (vgl. BGBl. Nr. 260/1992), allenfalls länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen. Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) ist der belangten Behörde auch darin beizupflichten, daß von einer Verfolgungssicherheit nicht erst dann gesprochen werden kann, wenn der Asylwerber mit den Behörden des betreffenden Staates Kontakt hatte. Die Annahme der Verfolgungssicherheit ist selbst unabhängig davon, ob der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Beschwerdeführer in seinem Heimatland tatsächlich Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ausgesetzt war ebenso wie die Prüfung der Frage, ob der belangten Behörde allenfalls Verfahrensfehler unterlaufen sind.
Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Auslagenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992011118.X00Im RIS seit
20.11.2000