TE Vwgh Beschluss 1993/10/11 93/09/0401

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Veröffentlicht am 11.10.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §20 Abs3;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/09/0402

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, in den Beschwerdesachen der R GesmbH & CO KG in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen das Landesarbeitsamt Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in zwei Angelegenheiten nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Nach ihrem unter Zl. 93/09/0401 protokolliertem Beschwerdevorbringen hat die beschwerdeführende Partei am 12. Oktober 1992 Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Lebensmittel vom 23. September 1992 erhoben, mit dem ihr Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den ausländischen Staatsangehörigen ML nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG), abgelehnt worden war.

Ferner hat die beschwerdeführende Partei nach ihrem unter Zl. 93/09/0402 protokollierten Beschwerdevorbringen am 8. September 1992 Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Lebensmittel vom 24. August 1992 erhoben, mit dem ihr Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den ausländischen Staatsangehörigen AS nach dem AuslBG abgelehnt worden war.

Die beiden Säumnisbeschwerden richten sich gegen das Landesarbeitsamt Wien: Die belangte Behörde habe es in beiden Fällen unterlassen, innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

§ 73 Abs. 2 AVG bestimmt, daß auf schriftliches Verlangen der Partei, der innerhalb der sechsmonatigen Frist des Abs. 1 der Bescheid nicht zugestellt wurde, die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht.

Eine Säumnisbeschwerde kann daher im Anwendungsbereich des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zulässig erst dann erhoben werden, wenn auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat.

Gemäß Art. II Abs. 2 D Z. 41 EGVG findet das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (von einer im Beschwerdefall nicht relevanten Bestimmung abgesehen) auf das behördliche Verfahren der Arbeitsämter und der Landesarbeitsämter Anwendung.

Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmung des § 20 Abs. 3 AuslBG entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Arbeitsamtes (in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes) das Landesarbeitsamt nach Anhörung des Verwaltungsausschusses. Eine weitere Berufung ist nicht zulässig.

Eine Beschränkung des Instanzenzuges hindert indes nicht den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg gemäß § 73 AVG (vgl. dazu die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1949, Zl. 1608/49 = Slg. N.F. Nr. 1116/A, vom 19. Oktober 1965, Zl. 1508/65 = N.F. Nr. 6786/A, vom 21. September 1978, Zl. 2172/78, und vom 10. April 1985, Zl. 84/09/0121). Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG ist in jedem Fall zwar die Berufungsbehörde, darüber hinaus aber auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1974, Zl. 989/74).

Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG ist in den Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes der Bundesminister für Arbeit und Soziales (vgl. dazu die Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 78/1987, Teil 2, lit. D Z. 3 bzw. 4).

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die gegen das Landesarbeitsamt Wien gerichteten Säumnisbeschwerden mangels vorheriger Anrufung des Bundesministers für Arbeit und Soziales gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen sind (vgl. dazu die zum AuslBG ergangenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0106, vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/09/0160, sowie vom 18. Februar 1993, Zl. 93/09/0021, und die dort jeweils angegebene Vorjudikatur).

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090401.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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