TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/12 90/07/0095

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Veröffentlicht am 12.10.1993
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Index

L66105 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit
Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §56;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §12 Abs2;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §2 Abs1;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §40;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §5 Abs1;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §5 Abs3;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §5 Abs4;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §5 Abs5;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §50 Abs1;
WWSGG §2 Abs1;
WWSGG §6;
WWSGG §7;
WWSGG §8 Abs1;
WWSGG §8 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 2. Februar 1990, Zl. LAS-300/8-1990, betreffend Bedarfsholzabgabe (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesforste in Wien Marxergasse 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 30. Oktober 1987, bei der Agrarbehörde eingelangt am 2. November 1987, beantragte der Beschwerdeführer (BF) als Eigentümer des Brandgutes, vorgetragen in der Liegenschaft Einlagezahl 30 KG S, zu der auch die R-Alpe gehört, den Zuspruch "des für die Instandhaltung der Alpsgebäude notwendigen Einforstungsholzes". Durch den unter Bauleitung des Alpwegebaureferates beim Amt der Salzburger Landesregierung erfolgten Alpwegebau sei er nunmehr in die Lage versetzt, die dringend notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen, wie Neubau von Hütte und Scherm auf der Hochalm sowie den Mitteralm-Scherm durchzuführen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) schlossen der BF und die Österreichischen Bundesforste (MP) folgendes Übereinkommen:

"Von den Österreichischen Bundesforsten werden an den Eigentümer der laut Regulierungsurkunde Nr. 510/w vom 10.6.1868 nach Bedarf holzbezugsberechtigten Liegenschaft R-Alpe für die Instandsetzung bzw. Neubau der eingeforsteten Gebäude folgende Rundholzmengen am Stock abgegeben:

1.

Grundalm

Für das Dach der Hütte und des Almstalles, den Fußboden und die Decken der Almhütte sowie den Boden im Stall und Kälberstall 33,41 fm Rundholz.

    Die Elementarholzhöchstmenge für dieses Gebäude im Ausmaß

    von 10,40 x 10 = 104 m2 (Hütte und Stall) sowie

    7 x 5 = 35 m2 (angebauter Kälberstall) beträgt

    87,54 fm Rundholz.

2.

Mitteralm

Für den Neubau des Alpsgebäudes auf der Mitteralm unter Berücksichtigung eines 15-jährigen Vorausbezuges 126,47 fm Rundholz. Die Elementarholzhöchstmenge für dieses Gebäude im Ausmaß von 16 x 11,40 = 182 m2 beträgt 104,12 fm Rundholz.

3.

Hochalm

Für den Neubau des Almgebäudes auf der Hochalm unter Berücksichtigung eines 15-jährigen

Vorausbezuges 83,61 fm Rundholz. Die Elementarholzhöchstmenge für dieses Gebäude im Ausmaß von 22,80 x 8 = 182,40 m2 beträgt 64,80 fm Rundholz. Die Holzabgabe erfolgt in mehreren Etappen nach der Realisierung der genannten Bauvorhaben."

Die Rechtswirksamkeit dieses Übereinkommens war durch die nachfolgende Zustimmung der Generaldirektion der Österreichischen Bundesforste aufschiebend bedingt. Die Punkte 2. und 3. dieses Übereinkommens wurden von der MP nicht genehmigt.

Mit Bescheid vom 4. September 1989 erkannte die AB mit folgendem Spruch:

1.)

"Gemäß § 47 Salzburger Einforstungsrechtegesetz, LGBl. Nr. 74/1986, in Verbindung mit der Regulierungsurkunde Nr. 510/w vom 10.6.1868, sind die Österreichischen Bundesforste verpflichtet, an den Eigentümer der berechtigten Liegenschaft R-Alpe in M, Herrn J, für nachstehend angeführte Almgebäude folgende Bedarfsholzmengen am Stock binnen 4 Wochen abzugeben:

a)

Hochalmhütte und Stall: 55,08 fm Rundholz

b)

Mitteralmhütte: 35,09 fm Rundholz

c)

Mitteralmstall: 42,18 fm Rundholz

Das abzugebende Bedarfsholz ist entweder für die Instandhaltung oder den Neubau dieser Almgebäude zu verwenden.

Der Antrag auf Bedarfsholzabgabe als Entschädigung für neu zu errichtende Scharmistkästen aus Beton wird abgewiesen.

2.)

Gemäß § 53 Salzburger Einforstungsrechtegesetz, LGBl. Nr. 74/1986, wird Punkt 1. des in der Verhandlungsschrift der Agrarbehörde vom 14.7.1988, Zahl:4/11-9/3445/10-1988, geschlossenen Parteienübereinkommens, betreffend die Grundalm der R-Alpe, agrarbehördlich genehmigt."

Begründend führte die AB aus, daß die Bestimmungen über das Elementarholzbezugsrecht (§ 45 Salzburger Einforstungsrechtegesetz) für eine Bedarfsholzabgabe außerhalb eines Elementarfalles analog zu gelten hätten. Das Ausmaß der Holzbezüge sei aufgrund der urkundlich eingebauten Holzmengen sämtlicher eingeforsteter Baulichkeiten einer berechtigten Liegenschaft unter Berücksichtigung der Haltbarkeitsdauer mit einem fixen jährlichen Quantum an Bau- und Zeugholz festzulegen.

Infolge Berufung des BF wies die belangte Behörde mit Erkenntnis vom 2. Februar 1990, gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 und § 66 Abs. 4 AVG, in Verbindung mit § 47 Salzburger Einforstungsrechtegesetz und der Regulierungsurkunde Nr. 510 w vom 10. Juni 1988, berichtigt mit Erkenntnis des LAS vom 24. August 1990 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 90/07/0152), die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und faßte in Abänderung des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides den Spruchpunkt 1 desselben mit Ausnahme des letzten Absatzes wie folgt neu:

"Gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 und § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 in Verbindung mit § 47 Salzburger Einforstungsrechtegesetz 1986 und der Regulierungsurkunde Nr. 510/w vom 10.6.1868 sind die Österreichischen Bundesforste verpflichtet, an den Eigentümer der berechtigten Liegenschaft R-Alpe M, Herrn J, nur für die Mitteralmhütte 32,88 fm Rundholz am Stock binnen 4 Wochen als Bedarfsholzmenge abzugeben."

In der Begründung ging der LAS davon aus, daß der Bauzustand des Hochalmhüttengebäudes mit Stall der R-Alpe als baufällig einzustufen und eine Instandhaltung teilweise äußerst schwierig und unwirtschaftlich sei. Das Gebäude sei deformiert, die tragenden Elemente stünden schief. Das Mitteralmgebäude stehe noch und befinde sich in einem nutzbaren Zustand. Die eingebaute Holzmenge betrage 41,10 fm Rundholz. Die Lebensdauer des Mitteralmgebäudes betrage 170 Jahre. Aufgrund des Gebäudealters (120 Jahre) ergebe sich eine Restnutzungsdauer von 50 Jahren. Der vor allem durch Witterungseinflüsse und auch durch mangelhafte Instandsetzung entstandene derzeitige Bauzustand lasse schon jetzt einen Neubau wirtschaftlicher als eine Instandhaltung erscheinen. Von dem vorhandenen Holz könne noch ein fünfprozentiger Anteil für den Neubau verwendet werden; 15 Prozent der eingebauten Holzmenge seien durch mangelnde Inhaltung (vgl. zu diesem Begriff Punkt I. der Regulierungsurkunde) des Gebäudes unbrauchbar, sodaß nach Abzug dieser 20 Prozent eine festgestellte Holzmenge von

32,88 fm Rundholz für die Neuerrichtung dieses Gebäudes auf Grund der bestehenden Regulierungsurkunde von der mitbeteiligten Partei zur Verfügung zu stellen sei.

Für Gebäude, die offensichtlich mangels Inhaltung eingestürzt seien oder deren tragende Elemente so schief stehen, daß eine Instandhaltung wirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen sei, könne keine Bedarfsholzabgabe vom Verpflichteten gefordert werden, vielmehr habe der Berechtigte die Folgen der Nichtausübung seines Rechtes selbst zu tragen. Dies treffe für den Mitteralmstall, der gänzlich eingefallen sei, und für die Hochalmhütte mit Stall, die sich in einem derartigen Zustand befänden, daß eine Instandhaltung aus wirtschaftlichen Gründen auszuscheiden sei und nur noch ein Abriß und allfälliger Neubau in Frage komme, zu. Beim bestehenden Mitteralmgebäude sei eine Erhaltung in wirtschaftsfähigem Zustand möglich. Der beabsichtigte Neubau unter Vorlage eines Bauplanes könne jedoch zu keiner größeren Menge an Bedarfsholz führen, als bisher eingebaut war. Da die bisher eingebaute Holzmenge unbestritten blieb, sei unter Heranziehung des Musterhausoperates mit der höchsten Holzberechnung von einer Rundholzmenge von insgesamt 41,10 fm auszugehen. Für die schuldhafte mangelnde Inhaltung, die nicht über Aufforderung des Verpflichteten zu geschehen habe, und für wieder verwendbares Holz sei ein entsprechend gutachtlich festgestellter Abschlag vorzunehmen gewesen.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben; der Beschwerdeführer erklärt sich in seinem Recht verletzt, aus der Regulierungsurkunde das zur Instandhaltung der Alpgebäude erforderliche Bau- und Zeugholz zuerkannt zu erhalten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; auch die MP begehrt die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Am 10. Juni 1868 wurde zwischen der k.k. Grundlasten-Ministerialkommission für das Herzogtum Salzburg in Vertretung des k.k. Aerars als Verpflichteten einerseits und von den Besitzern der R-Alpe in M als Berechtigten andererseits über das Holzungsrecht der genannten Alpe im Ärarwalde zu M ein Vergleich (Regulierungsurkunde) mit folgendem entscheidungswesentlichen Inhalt geschlossen:

"I. Die jeweiligen Besitzer der R-Alpe in der Steuergemeinde S werden für immerwährende Zeiten berechtigt, das zur Alpbewirtschaft nötige Brennholz und das zur Inhaltung der Alpegebäude erforderliche Bau- und Zeugholz sowie auch das nötige Zaun- und Hartholz zur Herhaltung der innerhalb des Weidebezirkes befindlichen, zur Sicherung des Weideviehes gegen Absturz und gegen das Eindringen in Alpeanger oder in andere Weidebezirke dienenden Gehage zu beziehen.

...

III. Die Abgabe des nötigen Holzes hat wie bisher auch noch ferner über erfolgte jährliche Anmeldung von Seite der Berechtigten und Erhebung des nötigen Bedarfes von Seite des Forstpersonales aus den zu den Alpegebäuden bringbaren Teilen der im II. Absatze bezeichneten Aerar-Waldung zu erfolgen. Die Fällung und Lieferung des am Stocke ausgezeigten Holzes, welches der Bestimmung gemäß verwendet werden muß, haben die Berechtigten selbst zu bewerkstelligen.

...

V. Die dermalen bestehenden Alpegebäude, Zäune und Gehege dürfen in der Zukunft ohne Zustimmung des k.k. Aerars weder vergrößert noch vermehrt noch an eine andere Stelle übersetzt werden.

..."

Dieser Vergleich wurde von der k.k. Grundlasten Ablösungs- und Regulierungs- Landeskommission gemäß §§ 8 und 9 des allerhöchsten Patentes vom 5. Juli 1853 und § 81 der Ministerialverorderung vom 31. Oktober 1857 dann mit Beziehung auf ihre Kundmachung vom 22. November 1863 Nr. 240 bestätigt, und mittels Urkunde vom 10. Juni 1868 ausgefertigt.

Das vorstehende Nutzungsrecht (Einforstungsrecht) ist als solches des § 1 Abs. 1 Z. 1 Salzburger Einforstungsrechtegesetz 1986, LGBl. Nr. 74, (SERG), anzusehen, welches nach dessen Bestimmungen der Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung unterzogen werden kann.

Die für das vorliegende Erkenntnis maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes lauten:

"Ersitzung, Verjährung, Erlöschung, Neubegründung

§ 2

(1) Nutzungsrechte können nicht ersessen werden. Die Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung findet nicht statt.

...

Verwendung der Nutzungen, Erhaltungspflicht

§ 5

(1) Die Nutzungsrechte haben ohne Rücksicht auf die Bestimmungen der Regulierungsurkunden vor allem der ordentlichen Bewirtschaftung der berechtigten Liegenschaften zu dienen.

(2) Die Bestimmungen der Regulierungsurkunden, die der freien Weiterverwendung der eigenen oder bezogenen Holz- und Streumengen durch die Berechtigten entgegenstehen, werden aufgehoben. Dies gilt jedoch nicht - unbeschadet § 7 - für Bedarfholzbezüge einschließlich Elementarholz sowie für Boden- und Laubstreubezüge. Für die freie Weiterverwendung ist keinerlei Entschädigung an den Verpflichteten zu leisten.

(3) Die Eigentümer der berechtigten Liegenschaften haben ihre notwendigen eingeforsteten Baulichkeiten auch dann in wirtschaftsfähigem Zustand zu erhalten, wenn diese Verpflichtung in der Regulierungsurkunde nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

(4) Wenn der Berechtigte die notwendigen eingeforsteten Baulichkeiten oder Teile hievon verfallen läßt, hat die Agrarbehörde auf Antrag des Verpflichteten die laufende Gebühr für diese zu sperren und die Aufspeicherung für die Wiederinstandsetzung zu verfügen. Werden die Baulichkeiten innerhalb von 20 Jahren ab Sperrung der Gebühr nicht wieder hergestellt, verfällt die aufgespeicherte Gebühr zugunsten des Waldes.

(5) Ist eine notwendige eingeforstete Baulichkeit aufgelassen worden oder zugrunde gegangen, hat die Agrarbehörde auf Antrag des Verpflichteten das Ruhen der laufenden Gebühr oder deren Ablösung (§ 32 Abs. 1 Z. 2) zu verfügen. Die Gebühr ist jedoch zu sperren und für die Wiedererrichtung aufzuspeichern, wenn mit Grund anzunehmen ist, daß im Fall einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, die zur Auflassung der Baulichkeit geführt haben, diese neuerlich errichtet werden wird. Hiebei ist die Möglichkeit einer späteren Besiedlung von Zulehen zu berücksichtigen.

(6) Die Nutzungsrechte werden von einer aus betrieblichen Gründen erfolgenden Auflassung, Zusammenlegung oder sonstigen Änderung der eingeforsteten Baulichkeiten nicht berührt, wenn der landwirtschaftliche Betriebsumfang hiedurch nicht wesentlich vermindert wird; der Verpflichtete kann aus diesem Grund die Sperrung und Aufspeicherung, die Ruhenderklärung oder Ablösung von Teilgebühren gegen den Willen des Berechtigten nicht verlangen. Dasselbe gilt sinngemäß für eingeforstete Baulichkeiten, die nicht der Landwirtschaft dienen. Kommt es in einem solchen Fall zu keiner Ablösung, kann Kalk und Ziegelholz auch nicht unter Berufung auf die Regulierungsurkunde verlangt werden.

...

Bedarfsholzentschädigung

§ 7

Steht einer Liegenschaft nach der Regulierungsurkunde ein Recht zum Bezug auf Holz zur Erhaltung von Baulichkeiten nur für den Bedarfsfall zu (Bedarfsholzrecht), und kommt dieser Anspruch wegen der Art der Ausführung der Maßnahme (z.B. Harteindeckung, Zäunung mit Draht, Hartverbauung von Bächen) nicht zum Tragen, hat die Agrarbehörde auf Antrag des Berechtigten als Entschädigung Holz am Stock einer solchen Menge und Qualität zuzuerkennen, die erforderlich gewesen wäre, um die Maßnahme in der bisherigen Größe und Bauweise in Holz auszuführen; ... der Wert der zuerkannten Holzmenge darf den Wert der Baustoffe, die unter Beachtung wirtschaftlicher Grundsätze für die ordnungsgemäße Ausführung der Maßnahmen erforderlich sind, in keinem Fall übersteigen. Zum angemessenen Ausgleich für den zuerkannten Holzbezug ruht der Anspruch auf Bedarfsholz, ausgenommen Elementarholz, für die von der Maßnahme erfaßten Teile der Baulichkeit auf die Dauer der Haltbarkeit der verwendeten Baustoffe.

...

Grundlage der Ergänzungsregulierung, Regulierung, Ablösung

oder Sicherung

§ 11

Die Grundlage der Ergänzungsregulierung, Regulierung, Ablösung und Sicherung von Nutzungsrechten bildet das durch Übereinkommen festgelegte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der Nutzungsrechte und der Gegenleistungen.

...

Gegenstand und Umfang der Ergänzungsregulierung

§ 12

...

(2) Sie bezweckt im Rahmen des nach § 11 festgesetzten Ausmaßes der Nutzungsrechte die Ergänzung oder auch Änderung der Bestimmungen der Regulierungsurkunden, soweit diese mangelhaft oder lückenhaft sind und soweit die seit der Regulierung eingetretenen Veränderungen in den Verhältnissen eine solche Ergänzung oder Änderung nach den Bedürfnissen des berechtigten oder verpflichteten Gutes zur Erzielung ihrer vollen wirtschaftlichen Ausnutzung erfordern.

Ergänzungsregulierung von Holz- und Streurechten

§ 13

Die Ergänzungsregulierung von Holz- und Streubzugsrechten hat

sich insbesonders zu erstrecken:

...

e) auf Bestimmungen über gleichzeitige Inanspruchnahme und Übernahme mehrerer Jahresbezüge im vor- und nachhinein, über den Verfall nicht angemeldeter oder nicht übernommener Holz- und Streumengen und über die Abrechnungs- und Wirtschaftperioden;

...

§ 16

Hinsichtlich der Beschaffenheit, der Abmaß und des Bezuges im vor- oder nachhinein sind in erster Linie die Bestimmungen der Regulierungsurkunde maßgebend. Wenn die Regulierungsurkunde hierüber keine Bestimmungen enthält oder ihre Bestimmungen infolge der Bestandesverhältnisse nicht mehr durchführbar sind oder sich der Bedarf der berechtigten Liegenschaften hinsichtlich der einzelnen Holzsorten (Brenn-, Bau-, Zeug-, Werk-, Licht-, Zaunholz usw.) geändert hat, sind die einzelnen Arten des Holzbezuges und das Ausmaß für jede einzelne Art neu zu regeln; ...

Vorausbezüge und Beschränkungen der Bezüge

§ 40

...

(2) Bei größeren Schadensfällen in hochbelasteten Einforstungsgebieten kann die Agrarbehörde die Eingeforsteten zur Abnahme angemessener Vorausbezüge verhalten. Für größere Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an eingeforsteten Baulichkeiten können vom Berechtigten Vorausbezüge auf die auch erst in der nächstfolgenden Abrechnungsperiode zustehende Bau- und Zeugholzgebühr im erforderlichen Ausmaß in Anspruch genommen werden.

...

Besondere Verfahrensvorschriften

§ 50

(1) Die Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung von Nutzungsrechten findet auf Antrag oder von Amts wegen statt.

(2) Der Antrag auf Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung kann gestellt werden:

...

b) Vom Eigentümer der berechtigten Liegenschaft ..."

Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer stehe kein Holzbezugsrecht zu, weil er die Gebäude nicht fortlaufend instandgehalten habe, als rechtsirrig. Der belangten Behörde ist darin zu folgen, daß das im Punkt I. der Regulierungsurkunde verwendete Wort "Inhaltung" mit der Bedeutung "Instandhalten" sowie "eine Sache in einem bestimmten Zustand erhalten" gleichzusetzen ist. Obwohl in der Regulierungsurkunde nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt sich aus § 5 Abs. 1 und 3 SERG die Handlungspflicht des BF als Eigentümer der berechtigten Liegenschaften, die eingeforsteten Baulichkeiten in wirtschaftsfähigem Zustand zu erhalten. Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, das Holzbezugsrecht ginge verloren, wenn der Berechtigte dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Unabhängig davon, daß eine Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung nicht stattfindet (siehe § 2 Abs. 1 SERG), kann der Verpflichtete dem seine Handlungspflichten verletzenden Eigentümer der berechtigten Liegenschaften mit Anträgen nach § 5 Abs. 4 bis 6 SERG begegnen. Kommt daher der Eigentümer der berechtigten Liegenschaften seiner Verpflichtung, die eingeforsteten Baulichkeiten in wirtschaftsfähigem Zustand zu erhalten, nicht nach, hat die AB auf Antrag des Verpflichteten die laufende Gebühr zu sperren und zu verfügen, daß diese für die Wiederinstandsetzung aufgespeichert wird. Ein Verfall der aufgespeicherten Gebühr zugunsten des Waldes tritt erst ein, wenn die Baulichkeiten innerhalb von 20 Jahren ab Sperrung der Gebühr nicht wiederhergestellt worden sind. Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß bei Verletzung der Handlungspflicht des Berechtigten (Erhaltung der eingeforsteten Baulichkeiten in wirtschaftlichem Zustand) ein Verfall des Einforstungsrechtes eintritt, vielmehr kann der Verpflichtete in diesem Fall nur eine Ruhendstellung der Ausübung des Holzbezugsrechtes erreichen.

Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, daß gemäß Punkt III. der hier maßgeblichen Regulierungsurkunde die Abgabe des nötigen Holzes über erfolgte jährliche Anmeldung von Seite der Berechtigten und Erhebung des nötigen Bedarfes von Seite des Forstpersonales zu erfolgen hat. Nähere Regelungen werden diesbezüglich in der Regulierungsurkunde jedoch nicht getroffen. Daraus folgt keineswegs, daß nach Ablauf der Abrechnungsperiode das nicht bezogene Holz jedenfalls verfällt, wenn es nicht in Anspruch genommen wurde. Auch kann daraus füglich nicht der Schluß gezogen werden, daß alljährlich ausschließlich nur für die jeweilige notwendige Instandsetzung das Holz beansprucht werden kann. Vielmehr ist der Berechtigte nicht gehindert, im Interesse einer modernen Wirtschaftsführung der Landwirtschaft auch betriebswirtschaftlich zweckmäßige Änderungen am Gebäudestand vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1981, Slg. N.F. Nr. 10.388/A). Auch schließt das Wort Instandsetzung (Inhaltung) aufgrund des im § 5 Abs. 1 SERG normierten Zweckes des Nutzungsrechtes ("die Nutzungsrechte haben ohne Rücksicht auf die Bestimmungen der Regulierungsurkunden vor allem der ordentlichen Bewirtschaftung der berechtigten Liegenschaften zu dienen"), im Zusammenhang mit den Regelungen über die Möglichkeit der Sperre bei Vernachlässigung der Handlungspflicht des Berechtigten und die Möglichkeit von Vorausbezügen (§ 40 SERG) einen Neubau der eingeforsteten Gebäude nicht aus.

Vom heutigen Standpunkt aus sind die seinerzeitigen Regulierungsurkunden als rechtskräftige individuelle Verwaltungsakte (Bescheide) anzusehen, deren inhaltliche Richtigkeit grundsätzlich nicht mehr überprüft werden kann. Die jeweiligen Wald- und Weidenutzungsgesetze, im konkreten das Salzburger Einforstungsrechtegesetz, sehen jedoch Neuregulierungen, insbesonders Fixierungen bisher noch unregulierter Rechtsverhältnisse auf Antrag oder von Amts wegen vor, wobei vom jeweiligen in der Regulierungsurkunde festgehaltenen Rahmen des Einforstungsrechtsverhältnisses auszugehen ist (vgl. § 12 Abs. 2 SERG über den Zweck der Ergänzungsregulierung). Insbesonders hat sich die Ergänzungsregulierung von Holzbezugsrechten auf Bestimmungen über gleichzeitige Inanspruchnahme und Übernahme mehrerer Jahresbezüge im vor- und nachhinein, über den Verfall nicht angemeldeter oder nicht übernommener Holzmengen und über die Abrechnungs- und Wirtschaftsperioden zu erstrecken (§ 13 lit. e SERG), wobei mangels konkreter Bestimmungen in der Regulierungsurkunde von den im § 16 SERG normierten Grundsätzen auszugehen ist. Da in concreto die zu beurteilende Regulierungsurkunde diese hier relevanten Rechtsverhältnisse nicht reguliert, sind sie nach den gesetzlichen Bestimmungen über Antrag von der Agrarbehörde zu regeln (§§ 49 ff SERG).

Der an die Agrarbehörde gerichtete Antrag des Beschwerdeführers zielt auf Zuspruch von Holz zur Errichtung neuer, vom Einforstungsrecht umfaßter Gebäude ab, wobei dieser Antrag in seiner Berufung mit einer bestimmten Menge fm umschrieben war. Daß dies über eine Ergänzungsregulierung im Sinne des SERG möglich ist, wurde oben dargelegt (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1985, Zl. 83/07/0180). Diese Ergänzungsregulierung hat sich jedoch nach der Regulierungsurkunde (vgl. Punkt V. derselben, wonach Alpegebäude ohne Zustimmung der mitbeteiligten Partei weder vergrößert noch vermehrt noch an eine andere Stelle übersetzt werden dürfen) und den Bestimmungen des SERG (vgl. insbesonderes § 16 SERG, wonach die Gesamtbelastung des Verpflichteten gegenüber der Urkunde ohne seine Zustimmung weder vergrößert noch ohne Zustimmung des Berechtigten verkleinert werden darf) zu richten. Es kann der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wonach es jedenfalls zu einer Besserstellung des Beschwerdeführers bei Zuspruch von Bedarfholz für den Neubau käme; dies deshalb, weil

-

wie sich bereits aus dem vorliegenden Sachverständigengutachten ergibt - insgesamt eine beschränkte Lebensdauer der Gebäude anzunehmen ist (im vorliegenden Fall 170 Jahre) und die in den eingeforsteten Gebäuden enthaltene Holzmenge durch entsprechende Beweisaufnahmen festgestellt werden kann. Aus diesen vorgegebenen Komponenten ist für einen Sachverständigen auch der jährliche Durchschnittsholzbedarf einer (gutächtlichen) Feststellung zugänglich. Über die von der Behörde zu treffende Ergänzungsregulierung können sodann Voraus- oder allenfalls auch Nachbezüge durch Bescheid festgesetzt werden. Aus dem Antrag des Beschwerdeführers ist nicht erschließbar, ob er Vorausbezüge begehrt; aus dem

-

infolge teilweisen Widerrufs durch die MP nicht rechtswirksam gewordenen - Übereinkommen vom 14. Juli 1988 ergibt sich jedoch, daß die Vertragsparteien an einen Vorausbezug gedacht haben. Ob ein Nachbezug im vorliegenden Fall in Betracht kommen kann, läßt sich auf Grund des Akteninhaltes derzeit nicht beurteilen. Jedenfalls wird die Behörde bei Festsetzung von Nach- oder Vorausbezügen die Zeit, für welche die Bezüge in Anspruch genommen werden, festzustellen haben. Für die Zeit des Vorgriffes steht sodann dem Berechtigten die laufende Gebühr nicht mehr zu Verfügung. Werden Nachbezüge zuerkannt, kann der Verpflichtete nicht benachteiligt sein, weil in diesem Fall nur Holz zuerkannt werden kann, das dem Berechtigten aufgrund der Regulierungsurkunde zur Verfügung stand, aber aus irgendwelchen Gründen nicht bezogen wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher mit Rücksicht darauf, daß die belangte Behörde die Rechtslage verkannt und deshalb zu Ungunsten des Beschwerdeführers entschieden hat, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung einer Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesonders deren Art. III Abs. 2..

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990070095.X00

Im RIS seit

06.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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