Index
L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber, und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde der R in W, vertreten Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 29. Juni 1993, Zl. MD VfR-G 9/93, betreffend Vorschreibung von Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. Juni 1993 schrieb die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. für Wien Nr. 43 (im folgenden: Wr VergnStG 1987), idgF, für das Halten eines Spielapparates der Type TV - "Asterix/Hexion" mit der Möglichkeit der optischen bzw. akustischen Darstellung einer aggressiven Handlung im eigenen Betrieb in W, J-Weg nn, für die Zeit vom 1. August 1992 bis 30. September 1992 Vergnügungssteuer im Betrage von insgesamt S 28.000,-- vor. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin ein Säumniszuschlag in der Höhe von S 440,-- auferlegt.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe ein Revisionsorgan des Magistrates bei einer Überprüfung am 19. September 1992 festgestellt: "In der oben angeführten Platine werde Kämpfe zwischen Römern und Galliern (Comicfiguren mit menschlichen Zügen) dargestellt. Die Kämpfe werden mittels Fäusten, Schwertern und Spießen durchgeführt." Strittig sei, ob durch die Betätigung des Apparates optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung dargestellt werde. Nach § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 gehe der Gesetzgeber unwiderleglich davon aus, daß die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden sei, als aggressive Handlung zu werten sei, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese Darstellung als brutal empfunden werde oder nicht. Somit stellten die Kämpfe mittels Schwertern und Spießen eine aggressive Handlung dar, da damit üblicherweise die Verletzung von Menschen verbunden sei. Im übrigen übersehe die Beschwerdeführerin, daß es sich bei den "Galliern und Römern" um Völker handle, die tatsächlich in der Geschichte aufgetreten seien und daher keinesfalls als eine Art Märchenfiguren angesehen werden könnten.
1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren und in ihrem Recht verletzt, keine Vergnügungssteuer gemäß § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 für das Halten eines Spielapparates der gegenständlichen Type sowie keinen Säumniszuschlag vorgeschrieben zu erhalten.
Unter einer "Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist" im § 6 Abs. 4 leg. cit. könne gewiß nicht der Kampf zwischen einzelnen einander unmittelbar gegenüberstehenden Wesen mittels Schwertern und Spießen verstanden werden. Der Gesetzgeber habe offenbar die Bekämpfung von weiter entfernt liegenden Städten, Burgen, Befestigungsanlagen, Fahrzeugen oder dgl. unter Zuhilfenahme von in die Ferne wirkenden Mitteln im Auge. Keinesfalls seien unter diese Gesetzesstelle jedoch Kämpfe zwischen Römern und Galliern mittels Fäusten, Schwertern und Spießen zu unterstellen.
Eine Verletzung oder Tötung von Menschen werde jedoch nach dem Akteninhalt mit dem gegenständlichen Gerät nicht dargestellt. Auch gehe die belangte Behörde nicht davon aus. Freilich dürfe nicht übersehen werden, daß die im § 6 Abs. 4 leg. cit. genannten Handlungen nur beispielsweise angeführt würden, sodaß zu prüfen bleibe, ob schlechthin Kämpfe mittels Fäusten, Schwertern und Spießen eine aggressive Handlung darstellten. Dies sei jedoch nicht der Fall. Abgesehen davon, daß andernfalls jeder sportliche Wettkampf, etwa mit Säbeln oder Degen, als aggressive Handlung anzusehen wäre, zeige gerade die beispielhafte Anführung im Gesetz, daß der Gesetzgeber für die Annahme einer "aggressiven Handlung" mehr voraussetze als den (ohne sichtbare Verletzungen verbleibenden) Einsatz von Schwertern oder Spießen, da er ansonsten nicht ausdrücklich die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden sei, angeführt hätte.
Im übrigen sei schon in der Berufung darauf hingewiesen worden, daß die dargestellten Figuren (laut Spielbeschreibung Comic-Figuren mit menschlichen Zügen) keineswegs einen Vergleich mit lebenden Menschen zuließen. Die im Spielapparat erscheinenden Wesen würden ähnlich den Figuren aus der Märchenwelt vom Zuschauer keinesfalls als Menschen empfunden.
In den bisherigen Ausführungen sei die Beschwerdeführerin davon ausgegangen, daß nach dem festgestellten Sachverhalt weder optisch noch akustisch eine Verletzung oder Tötung von Menschen direkt dargestellt werde. Dies sei allerdings nur aus dem Fehlen diesbezüglicher Feststellungen zu schließen. Zur Ermöglichung einer umfassenden Überprüfung der Rechtsansicht der belangten Behörde wäre es allerdings erforderlich gewesen,. Feststellungen darüber zu treffen, ob mit der Darstellung der getroffenen Gangster (gemeint wohl: Gegner?) irgendein (optischer oder akustischer) Hinweis auf eine Verletzung oder Tötung eines Gangsters (gemeint: Gegners?) verbunden sei.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 idF LGBl. Nr. 3/1990 lautet auszugsweise:
"Für das Halten von Apparaten, ..., oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat S 14.000,--."
2.2. Zutreffend geht die Beschwerdeführerin davon aus, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht die Feststellung getroffen hat, durch die Betätigung des Apparates werde die Verletzung oder Tötung von Menschen dargestellt. Die belangte Behörde hätte daher den Apparat nicht unter den ersten der beiden vom Gesetzgeber beispielsweise angeführten Tatbestände subsumieren können - und hat dies auch nicht getan.
Der Verwaltungsgerichtshof ist ferner mit der Beschwerdeführerin der Rechtsauffassung, daß die festgestellte Spielbeschreibung eine Unterstellung auch unter den zweiten der beiden Beispielsfälle nicht als rechtmäßig erscheinen läßt. Die Darstellung von Kämpfen mittels Fäusten, Schwertern und Spießen (wohl: Kämpfe in einer Schlacht, Zweikämpfe) kann nicht unter den Wortlaut "Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist" subsumiert werden. Gemeint ist hier die indirekte Darstellung der Verletzung oder Tötung von Menschen durch Vernichtung von Zielen, mit der dieser "Erfolg" üblicherweise verbunden ist, etwa die Versenkung von Schiffen, der Abschuß von bemannten Flugzeugen, die Kanonade von Städten, Burgen und dgl. Insofern vermag der Verwaltungsgerichtshof der Auslegung der belangten Behörde nicht zu folgen.
Dies erweist aber - im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin - noch keineswegs, daß sich der Spruch des angefochtenen Bescheides als rechtsirrig erwiese. Es ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr davon auszugehen, daß der Gesetzgeber nur
zwei Beispiele für die optische oder akustische Darstellung einer aggressiven Handlung im Sinne des anzuwendenden § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 gegeben hat. Er hat damit den Maßstab für die Art und Intensität des aggressiven Verhaltens im Sinne dieser Gesetzesbestimmung festgelegt. Zum Beispiel werden aggressives, lautes Schreien, drohende Gesten, aggressive, jedoch regelgebundene Sportarten allein den gesetzlichen Tatbestand nicht erfüllen. Geht man von diesem Maßstab aus, der sich an der Tötung oder Verletzung von Menschen orientiert (aber allenfalls nicht ausschließt, daß etwa auch eine besonders aggressive Darstellung der Hetze und Abschlachtung von Tieren als tatbestandsmäßig aufgefaßt werden müßte), dann fällt unter den gesetzlichen Tatbestand nicht nur die beispielsweise genannte Darstellung der Bekämpfung von Zielen, sondern auch die Darstellung von Handlungsweisen, mit denen üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist. Daß dies bei den dargestellten Kämpfen zwischen "Römern und Galliern", hier: "mittels Fäusten, Schwertern und Spießen durchgeführt", der Fall ist, ist offenkundig, findet sich doch bei diesem Kampf zwischen Römern und Galliern kein Anhaltspunkt, daß es sich etwa nur um harmlose, regelgebundene Tunierkämpfe oder dgl. handelte. Ausgehend von der nicht als unrichtig bekämpften Darstellung des Sachverhaltes (gerügt wird nur dessen Mangelhaftigkeit im Hinblick auf ein - wie ausgeführt - zu Unrecht für erforderlich gehaltenes Tatbestandsmerkmal) erweist sich somit der angefochtene Bescheid im Ergebnis nicht als rechtswidrig.
2.3. Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, ausgehend von der Spielbeschreibung ("Comicfiguren mit menschlichen Zügen", "Gallier und Römer"), die (an sich schon rechtlich bedeutungslose) Behauptung der Beschwerdeführerin widerlegt, die Figuren müßten als eine Art von Märchenfiguren angesehen werden.
2.4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993170269.X00Im RIS seit
20.11.2000