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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der N in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 3. Mai 1993,
Zlen. UVS-14/57/5-1993 und UVS-12/41/5-1993, betreffend Übertretungen nach dem Salzburger Landespolizeistrafgesetz und Art. IX EGVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 5. Jänner 1993 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 31. Mai 1992 (durch ein im Spruch näher bezeichnetes Verhalten) den öffentlichen Anstand verletzt und die Ordnung an einem öffentlichen Ort in ärgerniserregender Weise gestört. Sie habe hiedurch die Übertretungen nach § 1 des Salzburger Landespolizeistrafgesetzes und nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG begangen. Es wurden Geldstrafen verhängt.
In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe die ihr zur Last gelegten Übertretungen nicht begangen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. Mai 1993 bestätigte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den angefochtenen Bescheid insoweit, als die Beschwerdeführerin der Übertretung nach Art. IX EGVG schuldig erkannt und gegen sie nach dieser Vorschrift eine Strafe verhängt wurde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß ihr näher beschriebenes Verhalten nicht dem Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG subsumiert werde, obwohl die zitierte Vorschrift mit Wirkung vom 1. Mai 1993 abgeändert worden und das beschriebene Verhalten nach Art. IX EGVG in der geltenden Fassung seit 1. Mai 1993 nicht mehr strafbar sei.
In Ausführung des oben umschriebenen Beschwerdepunktes bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte der Berufung stattgeben müssen, weil zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (3. Mai 1993) das der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten nicht mehr gemäß Art. IX EGVG strafbar gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG idF BGBl. Nr. 50/1991 zugrunde gelegt. Mit 1. Mai 1993 ist Art. IX EGVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 143/1992 in Kraft getreten; der von der belangten Behörde herangezogene Straftatbestand ist in der zitierten Vorschrift in der nunmehr geltenden Fassung nicht mehr enthalten. Ein dem Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG idF BGBl. Nr. 50/1991 ähnlicher Straftatbestand ist nunmehr in § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. Nr. 662/1992 enthalten.
Das Außerkrafttreten der von der belangten Behörde ihrem Bescheid zugrundegelegten Strafnorm mit 1. Mai 1993 macht den angefochtenen Bescheid jedoch nicht rechtswidrig. Die Berufungsbehörde hat Änderungen in den Rechtsvorschriften, die bis zur Erlassung des Berufungsbescheides eintreten, zu berücksichtigen, wenn es sich im betreffenden Fall um die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung handelt. Gerade letzteres trifft aber auf Straferkenntnisse nicht zu, die darüber absprechen, ob der Beschuldigte einer zur Zeit der Tatbegehung geltenden Norm, an deren Stelle nicht etwa bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz eine dem Beschuldigten günstigere Vorschrift getreten ist (§ 1 Abs. 2 VStG), zuwidergehandelt hat, und welche Strafe hiefür nach dieser Norm angemessen ist. Ein Straferkenntnis schafft nicht Recht, sondern stellt fest, ob geltendes Recht verletzt wurde. Dies kann aber - in dem oben umschriebenen Rahmen - nur nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht entschieden werden (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, § 51 VStG E 109, § 51 h VStG, Anm. 2). Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind somit irrelevant (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1991, Zlen. 91/07/0093, 0096, vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0098, und vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0196).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993100095.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
15.01.2013