Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des I in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 30. Juni 1993, Zl. IVc 7022/7100 B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Fotokopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer machte im Anschluß an die einvernehmliche Beendigung seines Dienstverhältnisses mit der X am 30. Dezember 1992 am 5. Jänner 1993 seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld beim Arbeitsamt Gänserndorf geltend. Dieses Arbeitsamt sprach mit Bescheid vom 1. Februar 1993 jedoch im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer für nichtkonsumierten Urlaub Urlaubsentschädigung im Ausmaß von 72 Arbeitstagen ausbezahlt worden war, gemäß § 16 Abs. 1 litl. l AlVG ein Ruhen des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 31. Dezember 1992 bis 24. März 1993 aus. In der Rechtsmittelbelehrung wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, daß eine Weitergewährung des Arbeitslosengeldes nur möglich sei, wenn er nach Wegfall des Ruhenstatbestandes einen neuen Antrag stelle. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer stellte den neuen Antrag am 16. April 1993.
Mit Bescheid vom 12. Mai 1993 sprach das Arbeitsamt Gänserndorf aus, daß dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld erst ab 16. April 1993 zuerkannt werde; die Gewährung auch für den Zeitraum vom 25. März bis 15. April 1993 wurde abgelehnt.
Der vom Beschwerdeführer gegen die eben genannte Ablehnung erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründet wurde dies damit, daß die Gewährung des Arbeitslosengeldes die rechtzeitige Beantragung voraussetze. Auch wenn das Arbeitslosengeld für einen gewissen Zeitraum ruhe, sei es erforderlich, die Leistung nach Wegfall des Ruhensgrundes neuerlich persönlich beim zuständigen Arbeitsamt geltend zu machen . Diese Verpflichtung bestehe lediglich dann nicht, wenn der Ruhenszeitraum weniger als 62 Tage betrage und das Ende dieses Zeitraumes von vornherein bekannt sei. Im gegenständlichen Fall liege aber ein unbestrittenermaßen längerer Ruhenszeitraum vor. Die erstinstanzliche Behörde habe daher korrekt entschieden, wenn es eine neuerliche Geltendmachung verlangt habe. Der Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 1. Februar 1993 habe auch einen entsprechenden Hinweis enthalten. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung einwende, er habe diesen Hinweis so verstanden, daß es nur wichtig sei, irgendwann nach Ablauf des Ruhenszeitraumes beim Arbeitsamt vorzusprechen, so könne dieser Interpretation nicht gefolgt werden. Unter Zugrundelegung eines auch nur durchschnittlichen Sorgfaltsmaßstabes hätte er bei einer allfälligen Unklarheit mit dem Arbeitsamt Kontakt aufnehmen können, um sich über die Modalitäten der neuerlichen Antragstellung zu erkundigen. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmung des "§ 16 Abs. 1 AlVG" (gemeint § 46 Abs. 1 AlVG) habe die belangte Behörde jedenfalls keinen Entscheidungsspielraum für eine rückwirkende Leistungsgewährung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Bezug des Arbeitslosengeldes auch für den Zeitraum vom 25. März bis 15. April 1993 beschwert erachtet. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt er dazu aus, es werde in der mit der Novelle BGBl. Nr. 412/1990 in das AlVG eingefügten Bestimmung des § 46 Abs. 5 nicht geregelt, ob auch im Falle der Bekanntheit des Ruhenszeitraumes eine neuerliche Geltendmachung bzw. eine persönliche Wiedermeldung zu erfolgen habe. Es müsse aber daraus, daß das Arbeitsamt von Amts wegen den Bezug des Arbeitslosengeldes wieder in Wirksamkeit zu setzen habe, wenn das Ende des Ruhenszeitraumes von unter 62 Tagen bekannt sei, geschlossen werden, daß einer Meldung, welche allenfalls für den Fall, daß der Ruhenszeitraum mehr als 62 Tage betrage, zu erstatten wäre, keinerlei anspruchsbegründende Wirkung zuzukommen habe. Vielmehr könne es ausschließlich darum gehen, daß sich das Arbeitsamt vergewissere, daß in der Zwischenzeit keinerlei den Anspruch ausschließende Tatbestände eingetreten seien. Der vorhandene Anspruch bleibe dem Arbeitslosen also dem Grunde nach erhalten. Deshalb wäre sogar davon auszugehen, daß eine Meldung des Arbeitslosen vom Arbeitsamt zwar gefordert werden könne, nicht aber zu erstatten sei. Wenn demgegenüber die belangte Behörde zum Schluß komme, die Verpflichtung zur neuerlichen persönlichen Geltendmachung bestehe nur dann nicht, wenn der Ruhenszeitraum weniger als 62 Tage betrage und das Ende dieses Zeitraumes von vornherein bekannt sei, so bestehe für eine derartige Interpretation weder im Wortlaut des Gesetzes noch im Sinn der betreffenden Gesetzesstelle eine Grundlage.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 412/1990 lauten:
"16. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während
...
l) des Zeitraumes, für den Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses ... gebührt bzw. gewährt wird, nach Maßgabe des Abs. 4.
...
(4) Gebührt Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses, beginnt der Ruhenszeitraum mit dem Ende des anspruchsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses, ...
§ 17. (1) Sofern sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung.
§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist vom Arbeitslosen persönlich bei dem nach seinem Wohnsitz, mangels eines solchen bei dem nach seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen Arbeitsamt geltend zu machen.
Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der vom Arbeitsamt festgesetzten Frist beim Arbeitsamt persönlich abgegeben wurde. Hat der Arbeitslose die vom Arbeitsamt festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrages ohne triftigen Grund versäumt, so ist der Anspruch erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag beim Arbeitsamt abgegeben wurde. Über die Abgabe des Antrages ist dem Antragsteller eine Bestätigung auszustellen.
Die Abgabe des Antrages kann auch durch einen Vertreter erfolgen, wenn der Arbeitslose aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben.
...
(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder das Ruhen des Anspruches (§ 16) ausgesprochen, wobei dem Arbeitsamt das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bzw. auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn in der Folge der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung beim Arbeitsamt. Ist aber dem Arbeitsamt das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes bekannt und überschreitet die Unterbrechung bzw. das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist vom Arbeitsamt ohne gesonderter Geltendmachung und ohne persönliche Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Der Arbeitslose ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum eintreten, dem Arbeitsamt zu melden."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0116, mit der Auslegung des § 46 Abs. 5 AlVG befaßt und gelangte hiebei zum Ergebnis, daß nunmehr
"für die Fälle, in denen "der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder das Ruhen des Anspruches (§ 16) ausgesprochen" wird, unter der weiteren Voraussetzung, daß "dem Arbeitsamt das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes nicht bekannt ist", die grundsätzliche Verpflichtung des Arbeitslosen zur neuerlichen Geltendmachung seines Anspruches (im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG, das heißt mit den darin vorgesehenen Erfordernissen und Rechtswirkungen) statuiert ist. Von diesem Grundsatz sieht der zweite Satz für die Fälle, in denen "in der Folge der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt", eine Ausnahme dergestalt vor, daß "für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung beim Arbeitsamt" genügt. Der dritte Satz erweitert den Anwendungsbereich des Grundsatzes gegenüber seinem Wortlaut dahin, daß es nicht nur auf die Bekanntheit des Endes des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes ankommt, sondern auch darauf, daß "die Unterbrechung bzw. das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht" überschreitet; nur unter dieser weiteren Voraussetzung hat das Arbeitsamt von Amts wegen "ohne gesonderter Geltendmachung und ohne persönliche Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden"; andernfalls bleibt es trotz der Bekanntheit des Endes des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes beim Grundsatz des ersten Satzes."
Der Verwaltungsgerichtshof findet sich durch die Beschwerdeausführungen nicht bestimmt, von der eben wiedergegebenen Rechtsauffassung abzugehen. Demnach hätte aber der Beschwerdeführer, um die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes bereits nach Ablauf des Ruhenszeitraumes, also ab 25. März 1993 zu erreichen, seinen Anspruch mit Wirksamkeit ab diesem Tag im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG geltend zu machen gehabt. Da er dies nicht getan hat, hat die belangte Behörde seinen Antrag auf Gewährung des Arbeitslosengeldes auch für den Zeitraum vom 25. März bis 15. April 1993 mit Recht abgewiesen.
Da die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG, und zwar wegen Klarstellung der maßgebenden Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung in einem gemäß § 12 Abs.1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993080189.X00Im RIS seit
18.10.2001