TE Vfgh Erkenntnis 2007/2/26 B857/06

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Veröffentlicht am 26.02.2007
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Index

66 Sozialversicherung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

ASVG §341
BSVG §181 Z1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchAbweisung der Anträge eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Bezahlungvon Leistungen aus einer - mit der Sozialversicherungsanstalt derBauern im Jahr 1996 abgeschlossenen - Sondervereinbarung unabhängigvon bestehenden Fachgruppenbeschränkungen; denkmögliche Annahme desErlöschens des Einzelvertrages und der dazu abgeschlossenenSondervereinbarung nach Auflösung des früheren Gesamtvertrages

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Arzt für Allgemeinmedizin in Niederösterreich. Er steht mit der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: NÖ GKK) und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (im Folgenden: SVA der Bauern) in einem einzelvertraglichen Verhältnis und hat mit der SVA der Bauern am 9. Februar 1996 eine Sondervereinbarung geschlossen, wonach ihm echokardiographische und sonographische Leistungen unabhängig von bestehenden "Fachgruppenbeschränkungen" vergütet werden.

Seit dem Inkrafttreten des §181 Z1 BSVG idF der 21. BSVG-Novelle (Art10 Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 - ASRÄG 1997 - BGBl. I Nr. 139/1997) am 1. Juli 1998 werden dem Beschwerdeführer keine echokardiographischen und sonographischen Leistungen mehr honoriert, die er an Patienten der SVA der Bauern erbringt. Er hat daher mehrere Anträge auf Bezahlung dieser Leistungen betreffend näher bezeichneter Quartale der Jahre 1998 bis 2002 sowohl gegen die NÖ GKK (als Verrechnungsstelle) als auch gegen die SVA der Bauern (als Vertragspartnerin) bei der paritätischen Schiedskommission gestellt.

Die paritätische Schiedskommission für Niederösterreich blieb teils untätig oder wies teils die Anträge ab, weshalb die Landesberufungskommission teils im Devolutionswege (vgl. §345 Abs2 Z2 iVm §344 Abs3 BSVG) oder teils im Berufungswege zuständig wurde (vgl. §345 Abs2 Z1 iVm §344 Abs4 BSVG).

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Februar 2006 hat die Landesberufungskommission - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - die Anträge zur gemeinsamen Verhandlung verbunden (Spruchpunkt I.), die Rückziehung der Anträge gegen die NÖ GKK zur Kenntnis genommen (Spruchpunkt II.) und sämtliche Anträge auf Bezahlung von Leistungen abgewiesen, die in dem in Rede stehenden Zeitraum im Rahmen der Sondervereinbarung erbracht wurden (Spruchpunkt III.).

Dies im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Sondervereinbarung mit der SVA der Bauern aus dem Jahre 1996 sei mit Inkrafttreten des §181 Z1 BSVG idF der 21. BSVG-Novelle und durch die Aufkündigung des dieser Sondervereinbarung zugrunde liegenden Gesamtvertrages mittels Beschlusses der Österreichischen Ärztekammer vom 22. Oktober 1997 der Boden entzogen. Vielmehr gründe sich seit dem 1. Juli 1998 das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen auf §181 Z1 BSVG, wonach ausschließlich der namens der NÖ GKK auf der Grundlage des §341 Abs1 ASVG geschlossene Gesamtvertrag und die darin enthaltene Honorarordnung zur Anwendung kämen.

Nach der Honorarordnung zu diesem Gesamtvertrag seien grundsätzlich nur die im "Verzeichnis der vertragsärztlichen Leistungen und Vergütungen" taxativ angeführten Leistungen verrechenbar. Die einzelnen Leistungen seien den Fachgebieten entsprechend zusammengefasst. Die Honorarordnung sehe bei allen strittigen Leistungen "Facharztbeschränkungen" vor. Bestehe in Einzelfällen die Notwendigkeit, die angegebenen Fachbeschränkungen zu überschreiten, so sei die vorherige chefärztliche Genehmigung einzuholen. Nach den Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung sei diese Genehmigung nicht erforderlich, wenn die Anwendung der betreffenden Behandlungsmethode in Fällen der Ersten Hilfe oder zur Abwendung einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung unverzüglich notwendig gewesen sei; dies sei vom Arzt auf dem jeweiligen Abrechnungsbeleg schriftlich zu begründen. Eine derartige Begründung für die Überschreitung der Fachbeschränkung habe der Beschwerdeführer aber nicht vorgenommen.

Als Arzt für Allgemeinmedizin habe der Beschwerdeführer daher auf Grund der geltenden Facharztbeschränkung keinen Anspruch auf Vergütung der von ihm durchgeführten echokardiographischen und sonographischen Untersuchungen. Die strittige Facharztbeschränkung sei sachlich gerechtfertigt, zudem hätten die Parteien des Einzelvertrages die Möglichkeit, im Einzelfall Sondervereinbarungen zu treffen. Im vorliegenden Fall sei eine solche aber nicht geschlossen worden. Bei Nichtvorliegen einer entsprechenden Sondervereinbarung könne an Fachärzte überwiesen werden.

3. Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden (vgl. §345 Abs3 iVm §346 Abs7 ASVG) - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§181 Z1 BSVG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beschwerdeführer stütze seine Ansprüche lediglich auf die mit der Sozialversicherungsanstalt der Bauern im Jahre 1996 abgeschlossene Sondervereinbarung. Die belangte Behörde unterstelle dem §181 BSVG einen verfassungswidrigen Inhalt, weil sie aus dieser Bestimmung die Abänderung der kurativen Einzelverträge - und so auch der Sondervereinbarung des Beschwerdeführers - herleite. Ein derartiger Regelungsinhalt sei jedoch §181 BSVG nicht zu entnehmen.

Eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ihm einzelvertraglich die Verrechnungsbefugnis der ansonsten "Fachgruppenbeschränkungen" unterliegenden Leistungen eingeräumt worden sei, sei unterblieben; vielmehr begnüge sich die belangte Behörde mit der vermeintlichen Feststellung, dass mit der Änderung des Gesamtvertrages auch den Einzelverträgen "der Boden entzogen" sei. Darin sei eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz zu erblicken.

§181 Z1 BSVG sei verfassungswidrig, weil dadurch von Gesetzes wegen der mit der SVA der Bauern geschlossene Gesamtvertrag durch einen namens einer Gebietskrankenkasse auf der Grundlage des §341 ASVG geschlossenen Gesamtvertrag ersetzt werde. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in die "Privatautonomie der Gesamtvertragsparteien" dar.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten. Die am Beschwerdeverfahren beteiligte SVA der Bauern erstattete eine schriftliche Äußerung, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Vor Inkrafttreten des ASRÄG 1997 hatte §181 BSVG idF BGBl. 678/1991 samt Überschrift folgenden Wortlaut:

"Beziehungen zu den Vertragspartnern

§181. Hinsichtlich der Beziehungen des Versicherungsträgers zu den Ärzten, Dentisten, Hebammen, Apothekern, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen bzw. freiberuflich tätigen Psychotherapeuten, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern gelten die Bestimmungen des Sechsten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, daß

1. ...

2. die Beziehungen des Versicherungsträgers zu den freiberuflich tätigen Ärzten durch einen Gesamtvertrag geregelt werden, der für den Versicherungsträger durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit der Österreichischen Ärztekammer abzuschließen ist und der Zustimmung des Versicherungsträgers bedarf;

..."

§181 BSVG lautete idF BGBl. I Nr. 139/1997 (ASRÄG 1997) samt Überschrift folgendermaßen:

"Beziehungen zu den Vertragspartnern

§181. Hinsichtlich der Beziehungen des Versicherungsträgers zu den Ärzten, Dentisten, Hebammen, Apothekern, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen bzw. freiberuflich tätigen Psychotherapeuten, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern gelten die Bestimmungen des Sechsten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, daß

1. §343 Abs1 zweiter Satz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes für die im §85 Abs1 Z1 bis 3 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes den Ärzten Gleichgestellten nicht anzuwenden ist;

..."

Durch das ASRÄG 1997 wurde in §343 Abs1 ASVG eine Bestimmung eingefügt, wonach die nach dieser Bestimmung geschlossenen Einzelverträge für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues und auch für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam sind.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Sechsten Teiles des ASVG haben samt Überschriften folgenden Wortlaut:

"Regelung durch Verträge

§338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen, Gruppenpraxen nach den §§52a und 52b des Ärztegesetzes 1998 und §26 des Zahnärztegesetzes, BGBl. I Nr. 126/2005, Dentisten/Dentistinnen, Hebammen, Apothekern/Apothekerinnen, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen/Psychologinnen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen, freiberuflich tätigen Heilmasseuren/Heilmasseurinnen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach §151 erbringen, und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form.

(2) Durch die Verträge nach Abs1 ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Eigene Einrichtungen der Versicherungsträger dürfen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden.

...

Gesamtverträge

§341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

(2) Aufgehoben.

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

(4) ...

Inhalt der Gesamtverträge

§342. (1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

...

3.

die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung;

4.

die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise;

...

(2) Die Vergütung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist grundsätzlich nach Einzelleistungen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind in Honorarordnungen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit (einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe [§131]) enthalten.

...

Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und

Auflösung des Vertragsverhältnisses

§343. (1) Die Auswahl der Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen und der Abschluß der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Zu diesem Zweck sind auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer durch Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen verbindliche Kriterien für die Reihung der Bewerber (Bewerberinnen) um Einzelverträge festzulegen (Reihungskriterien). Dabei sind auch die fachliche Eignung der Bewerber (Bewerberinnen) und die zeitliche Reihenfolge der Bewerbungen um Einzelverträge zu berücksichtigen; die Reihungskriterien haben jedenfalls dem Gleichheitsgebot, der Erwerbsausübungs- und Niederlassungsfreiheit sowie den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958, zu entsprechen. Vor Erlassung dieser Verordnung ist der Hauptverband anzuhören. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam. Einzelverträge, die nicht im Rahmen der jeweils nach §342 Abs1 Z1 vereinbarten Zahl und örtlichen Verteilung abgeschlossen werden, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Hauptverbandes und der zuständigen Ärztekammer, bei Nichteinigung der Zustimmung des Hauptverbandes und der Österreichischen Ärztekammer. Mit approbierten Ärzten (§44 Abs1 des Ärztegesetzes 1998) kann kein Einzelvertrag abgeschlossen werden, es sei denn, der Arzt hat gemäß Artikel 36 Abs2 der Richtlinie 93/16/EWG das Recht erworben, den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben.

(2) - (5) ..."

2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass für die Regelung der Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer als Arzt für Allgemeinmedizin und der mitbeteiligten SVA der Bauern seit Inkrafttreten des §181 Z1 BSVG idF der 21. BSVG-Novelle (ASRÄG 1997) der - namens der NÖ GKK vom Hauptverband auf der Grundlage des §341 ASVG geschlossene - Gesamtvertrag maßgeblich ist und die von ihm geltend gemachten Ansprüche in diesem Gesamtvertrag bzw. in dessen Honorarordnung keine Deckung finden.

2.2. Der Beschwerdeführer ist aber in der Beschwerde zu Unrecht der Auffassung, dass der Wegfall allfälliger Ansprüche aus der in Rede stehenden Sondervereinbarung bloß dem Inkrafttreten des §181 Z1 BSVG idF des ASRÄG 1997 anzulasten sei. Er übergeht nämlich in diesem Zusammenhang die Feststellungen der belangten Behörde, wonach der frühere Gesamtvertrag von der Ärztekammer am 22. Oktober 1997 aus wichtigem Grund aufgelöst worden sei. Einer weiteren Anwendung dieses Gesamtvertrages und der Honorarordnung für Praktische Ärzte und Fachärzte im hier strittigen Zeitraum war somit schon aufgrund der Auflösung des Vertragsverhältnisses der Boden entzogen.

2.3. Was nun die strittige Sondervereinbarung als einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage der geltend gemachten Ansprüche des Beschwerdeführers betrifft, so beruhte sie nach seinem eigenen Vorbringen auf dem gekündigten Gesamtvertrag. Es muss nicht untersucht werden, ob diese Sondervereinbarung in den Bestimmungen des Gesamtvertrages bzw. in dessen Honorarordnung überhaupt Deckung gefunden hat und daher rechtsgültig gewesen ist (§341 Abs3 ASVG): Es steht jedenfalls fest (und wird auch nicht bestritten), dass diese Sondervereinbarung das Bestehen des Einzelvertrages zur Voraussetzung hatte. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung führt die Beendigung eines Gesamtvertrages ipso iure zur Beendigung der Einzelverträge (vgl. OGH vom 15. Dezember 2003, 16 Ok 12/03; Mosler, in Strasser [Hrsg.], Arzt und gesetzliche Krankenversicherung [1995] 150; Selb/Schrammel, in Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 15. Erg.-Lfg., Pkt. 5.3.3.3). Es ist daher nicht denkunmöglich, wenn die belangte Behörde den Bestand dieses Einzelvertrages und der dazu abgeschlossenen Sondervereinbarung als an den Bestand des Gesamtvertrages gebunden und beide daher mit der Beendigung des Gesamtvertrages als erloschen erachtete.

3. Der Verfassungsgerichtshof hegt aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalls daher weder verfassungsrechtliche Bedenken ob des §181 Z1 BSVG, noch besteht Anlass, der belangten Behörde eine Grundrechtsverletzung anzulasten:

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nämlich nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Keiner dieser Mängel liegt nach dem Gesagten hier vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen den Bescheid einer sogenannten Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art133 Z4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 6760/1972, 7121/1973, 7654/1975 und 9541/1982 mwN).

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Sozialversicherung, Ärzte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B857.2006

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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