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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1993, Zl. 142 505/4-IV/10/93, betreffend Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der am 30. Juli 1967 geborene Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe an die belangte Behörde vom 24. August 1992 den Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes bis Juni 1994. Dieser mit Schreiben vom 8. April 1993 wiederholte Antrag wurde mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid gemäß § 14 Z. 2 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) abgewiesen.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 Z. 2 ZDG ist Zivildienstpflichtigen, die einem Hochschulstudium obliegen oder sich nach dessen Abschluß auf eine zugehörige Prüfung vorbereiten, sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis längstens 1. Oktober des Jahres, in dem sie das 28. Lebensjahr vollenden, aufzuschieben.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht die Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren zugrunde. Er habe in seinem Antrag angegeben, sein Hochschulstudium im Juni 1994 abschließen zu können. Zur Vorlage von Zeugnissen über zuletzt abgelegte Prüfungen aufgefordert, habe der Beschwerdeführer am 8. April 1993 bekanntgegeben, daß er nach kurzer Zeit das Studium der Statistik nur mehr zum Besuch für ihn besonders interessanter Vorlesungen benutzt und eine Berufstätigkeit in einer Großbank als Vermögensverwalter und Wertpapieranalyst begonnen habe. Nunmehr sei er als freiberuflicher Journalist tätig. Außerdem baue er ein Vertriebssystem für Vitamin- und Mineralstoffpräparate auf. Das hiefür notwendige Soziologiewissen wolle er sich durch den Besuch von Vorlesungen an der Universität Wien aneignen. Diesen Sachverhalt wertete die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht dahin, daß der Beschwerdeführer laut den vorgelegten Bestätigungen zwar nach wie vor inskribiert sei, daß er aber dem Studium der Statistik nicht im Sinne des § 14 Z. 2 ZDG obliege. Die selbständige oder unselbständige Ausübung eines Berufes könne den Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes nicht rechtfertigen.
Der Beschwerdeführer läßt die Wiedergabe seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren in der Begründung des angefochtenen Bescheides unbekämpft. Die belangte Behörde habe aber die Manuduktionspflicht insofern verletzt, als sie den unvertretenen Beschwerdeführer nicht angeleitet habe, ein geeignetes, rechtlich relevantes Vorbringen zu erstatten. Andernfalls hätte der Beschwerdeführer dargetan, daß er dem Studium der Statistik neben seiner beruflichen Tätigkeit, die allein zur Finanzierung des Studiums und zur Lebensführung erforderlich sei, im Sinne des § 14 Z. 2 ZDG obliege. Insbesondere hätte er deutlicher als in seinen Anträgen klargestellt, daß er dieses Studium nicht zu beenden trachte, sondern vor allem das darin auch vermittelte Wissen in Soziologie für seine nunmehrige Tätigkeit zu nutzen bestrebt sei.
Dieses Vorbringen läßt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen. Aufgrund der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG hat die Behörde den nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen Parteien die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Die Behörden sind jedoch nicht verpflichtet, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. die bei Hauer-Leukauf,Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 178, unter E 3 angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die gegenständliche Verfahrensrüge läuft im Ergebnis auf den Vorwurf hinaus, die belangte Behörde habe eine Unterweisung im besagten Sinn unterlassen.
Im übrigen hätte das Vorbringen, das der Beschwerdeführer laut Beschwerde im Falle einer entsprechenden Anleitung erstattet hätte, zu keiner anderen Entscheidung führen können. Dieses Vorbringen läßt noch deutlicher zu Tage treten, was bereits aus den Angaben des Beschwedeführers im Verwaltungsverfahren erkennbar war, daß er nämlich gar nicht die Absicht hegt, das Studium der Statistik weiter zu betreiben und auch abzuschließen, sondern daß es ihm einzig und allein darum geht, durch den Besuch von Vorlesungen in einem in diesem Studium vorgesehenen Gegenstand das dort vermittelte, für seine nunmehrige selbständige berufliche Tätigkeit nützliche Wissen zu erwerben. Es bedeutet kein Verkennen der Rechtslage, wenn die belangte Behörde bei diesem Sachverhalt verneint hat, daß der Beschwerdeführer im Sinne des § 14 Z. 2 ZDG "einem Hochschulstudium obliegt". Dazu genügt es nicht, wie schon der Wortlaut zeigt ("obliegt"), daß der Betreffende immatrikuliert und inskribiert ist. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob dieser Begriff gleichbedeutend ist mit den Begriffen "ein Studium zielstrebig betreiben" (§ 16 Abs. 1 Z. 1 und § 17 Studienförderungsgesetz 1992) bzw. "ein Studium ernsthaft und zielstrebig betreiben" (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 311/1992). Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch impliziert der Begriff "einem Studium obliegen" jedenfalls die Absicht, das gewählte Studium in dem durch die einschlägigen Vorschriften vorgezeichneten Rahmen tatsächlich zu betreiben und es auch abzuschließen. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn der Betreffende - wie im vorliegenden Fall - nicht mehr die Absicht hegt, das gewählte Studium tatsächlich weiter zu betreiben und auch abzuschließen, sondern sich nur noch mit einem einzigen in der betreffenden Studienordnung vorgesehenen und für den ausgeübten Beruf nützlichen Gegenstand befaßt. In einem solchen Fall kann ungeachtet der aufrechten Inskription nicht mehr davon die Rede sein, daß der Betreffende im Sinne des § 14 Z. 2 ZDG einem Hochschulstudium obliegt.
Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man vom Zweck eines Aufschubes nach § 14 Z. 2 ZDG ausgeht. Dieser liegt darin, daß der Zivildienstpflichtige sein Studium nicht unterbrechen muß. Er soll nicht gezwungen sein, das Studium unter den erschwerten Voraussetzungen, die eine durch die Leistung des Zivildienstes bedingte Unterbrechung mit sich bringt, abzuschließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1993, 93/11/0001). Dieser Zweck kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen da es dem Beschwerdeführer offensichtlich nicht um den Abschluß des Studiums (oder auch nur um die Ablegung einzelner Prüfungen), sondern nur (noch) um den Erwerb von Wissen in einem bestimmten Fachgebiet geht.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den (zu hg. Zl. AW 93/11/0039 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993110141.X00Im RIS seit
11.07.2001