TE Vfgh Erkenntnis 1991/3/15 G131/90

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Veröffentlicht am 15.03.1991
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Index

L4 Innere Verwaltung
L4410 Feuerpolizei, Kehrordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
Oö KatastrophenhilfsdienstG §1 Abs1
Oö KatastrophenhilfsdienstG §2 Abs3
Oö FeuerpolizeiO §17 Abs2 lita
Oö FeuerpolizeiO §17 Abs4
Oö FeuerpolizeiO §18 Abs1
Oö FeuerpolizeiO §22 Abs2 lita
Oö FeuerpolizeiO §24
Oö FeuerpolizeiO §28

Leitsatz

Ausreichende Determinierung des §22 Abs2 lita Oö FeuerpolizeiO betreffend den Ausschluß eines Mitgliedes aus einer freiwilligen Feuerwehr im Hinblick auf Art18 B-VG; keine Unsachlichkeit im Vergleich zu dem die Dienststrafe des Ausschlusses regelnden §28 Oö FeuerpolizeiO

Spruch

Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt gemäß Art140 B-VG, die Bestimmung des §22 Abs2 lita des Gesetzes vom 6. Dezember 1951 über die Feuerpolizeiordnung im Lande Oberösterreich (O.ö. Feuerpolizeiordnung), LGBl. für Oberösterreich 8/1953 (im folgenden: oö. FeuerpolizeiO) als verfassungswidrig aufzuheben. Dieser Antrag wird aus Anlaß einer beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde gegen einen Bescheid der oö.

Landes-Feuerwehrleitung gestellt, mit dem der Beschwerdeführer aus der Freiwilligen Feuerwehr H ausgeschlossen wurde.

Zur Begründung seines Antrages führt der Verwaltungsgerichtshof nach Zitierung der bekämpften Gesetzesstelle sowie des zum Vergleich herangezogenen §28 leg.cit. (wird im folgenden unter II. zitiert) ua. aus:

"Der Verwaltungsgerichtshof erachtet nun §22 Abs2 lita leg.cit., der seinem Wortlaut nach keinerlei Grund für einen darauf gestützten Ausschluß eines Mitgliedes einer Freiwilligen Feuerwehr vorsieht, insbesondere gemessen an §28 leg.cit., der einen Ausschluß eines Mitgliedes aus einer Freiwilligen Feuerwehr als Dienststrafe kennt, und zwar als Sanktion für Zuwiderhandlungen gegen Dienstvorschriften, als eine Norm, die dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gleichheitsgebot widerspricht. Dies aus dem Blickwinkel des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1989, Zl. G88/89-10, deshalb, weil es scheint, daß die Vorschrift des §22 Abs2 lita der Feuerpolizeiordnung dem Feuerwehrkommando die Befugnis zu einem vollkommen grundlosen Ausschluß eines Mitgliedes aus einer Freiwilligen Feuerwehr einräumt, wohingegen §28 leg.cit. den Ausschluß als Instrument des Dienststrafrechtes an den Grund einer vorliegenden Zuwiderhandlung gegen Dienstvorschriften bindet. Es erscheint unsachlich, daß der Landesgesetzgeber einerseits in §28 leg.cit. den Ausschluß eines Mitgliedes aus einer Freiwilligen Feuerwehr als Maßnahme dienststrafrechtlicher Natur als Sanktion gegen ein Zuwiderhandeln gegen Dienstvorschriften - also insoferne an das Vorliegen eines zweifellos wichtigen Grundes gebunden - geregelt hat, wenn es daneben auf Grund des §22 Abs2 lita der Feuerpolizeiordnung die Möglichkeit gibt, ein Mitglied aus einer Freiwilligen Feuerwehr auch vollkommen ohne jeden Grund auszuschließen und solcherart schwerwiegend in die durch die Mitgliedschaft des Betroffenen bei der Freiwilligen Feuerwehr bestehende Position einzugreifen, der vor allem im ländlichen Raum nicht unwesentliche soziale Bedeutung zukommt. Bemerkt sei, daß z.B. auch im Vereinsrecht die Meinung vertreten wird, ein Ausschluß dürfe nicht grundlos erfolgen (vgl. Fessler-Kölbl, Österreichisches Vereinsrecht2 36).

Der Landesgesetzgeber scheint bei der Erlassung der Regelungen des §22 Abs2 lita und §28 der Feuerpolizeiordnung undifferenziert und überschießend vorgegangen zu sein."

2. Die oö. Landesregierung verteidigt die angefochtene Regelung mit folgender Begründung:

"a) Zur Frage der Verletzung des Art18 Abs1 B-VG:

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dürfen nach Art18 Abs1 B-VG die Verwaltungsbehörden durch das Gesetz nicht zu einem Handeln ermächtigt werden, das inhaltlich nicht hinreichend vorausbestimmt ist. Die o.ö. Landesregierung vertritt zu den in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof zu §22 Abs2 lita O.ö. Feuerpolizeiordnung angestellten Überlegungen die Auffassung, daß diese Bestimmung jedenfalls im Zusammenhalt mit §26 leg.cit. zu sehen ist. Diese Bestimmung lautet: . . .

Die in §26 der O.ö. Feuerpolizeiordnung vorgesehene Dienstordnung für die Freiwilligen Feuerwehren wurde in der Sitzung der Landes-Feuerwehrleitung am 11. Juli 1961 beschlossen und mit Erlaß des Amtes der o.ö. Landesregierung, Fp(Pol)-411/1-1961, vom 29. August 1961 genehmigt. Eine Ausfertigung dieser Dienstordnung, die bei jeder Freiwilligen Feuerwehr aufliegt und die jedem Feuerwehrmann anläßlich der erforderlichen Absolvierung des Grundlehrganges bekanntgegeben wird bzw. deren Kenntnis geprüft wird, ist dieser Äußerung als Anlage 1 angeschlossen.

§2 der genannten Dienstordnung, der die Mitgliedschaft zur Freiwilligen Feuerwehr regelt, lautet:

'§2

(1) Zur Aufstellung einer Freiwilligen Feuerwehr sind soviele männliche Personen erforderlich, daß die Schlagkraft und Einsatzfähigkeit der Feuerwehr gegeben ist.

(2) In die Freiwillige Feuerwehr können nur gesunde und kräftige Personen aufgenommen werden, die den Anforderungen des Feuerwehrdienstes gewachsen sind. Sie sollen nicht jünger als 16 und nicht älter als 60 Jahre sein und den ständigen Wohnsitz in der Gemeinde haben, in der die Feuerwehr ihren Standort hat. Für Minderjährige ist die schriftliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über die Tauglichkeit zum Feuerwehrdienst kann vom Feuerwehrkommando verlangt werden.

(3) Mitglieder einer Freiwilligen Feuerwehr dürfen einer anderen Freiwilligen Feuerwehr nicht angehören.

(4) Aufnahmegesuche in die Freiwillige Feuerwehr sind schriftlich an das Feuerwehrkommando zu richten.

(5) Bei der Aufnahme hat der Aufzunehmende vor der versammelten Feuerwehrmannschaft folgendes Gelöbnis abzulegen:

'Ich gelobe, meine freiwillig übernommene Pflicht als Feuerwehrmann pünktlich und gewissenhaft zu erfüllen, die Befehle meiner Vorgesetzten zu befolgen, die mir übergebenen Ausrüstungsgegenstände vorsorglich zu behandeln und allen Mitgliedern ein treuer Kamerad zu sein.'

Das abgelegte, dem Feuerwehrkommandanten oder seinem Stellvertreter mit Handschlag bekräftigte Gelöbnis ist zu protokollieren.

(6) Bei Aufnahme in die Freiwillige Feuerwehr erhält das Mitglied einen Feuerwehrpaß, in dem alle wichtigen Vorfälle, wie einschlägige Lehrgangsbesuche, Ernennungen, Auszeichnungen usw., von den hiefür zuständigen Organen einzutragen sind.

(7) Den Feuerwehrmitgliedern sind Dienstzeiten in Öffentlichen Feuerwehren, Feuerwehrvereinen, ausländischen Feuerwehreinheiten sowie Luftschutz-, Brandschutz- und Feuerwehrjugendorganisationen voll auf die aktive Dienstzeit anzurechnen und im Feuerwehrpaß zu vermerken.

(8) Die aktive Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr endet mit dem vollendeten 65. Lebensjahr. Mit diesem Zeitpunkt tritt das Feuerwehrmitglied in den Altgedientenstand über. Eine Ausnahme von dieser Altersgrenze kann über Antrag des Feuerwehrmitgliedes das Feuerwehrkommando bewilligen.

Der Altgediente ist vom Übungs- und Einsatzdienst befreit. Er bleibt im Genuß aller Wohlfahrtseinrichtungen der Feuerwehr. Er hat die Pflicht, an den Versammlungen der Feuerwehr teilzunehmen und die Kameradschaft in der Feuerwehr zu pflegen.'

§22 der O.ö. Feuerpolizeiordnung regelt sowohl den Erwerb als auch den Verlust der Mitgliedschaft, wobei der Erwerb der Mitgliedschaft im §2 der Dienstordnung für die Freiwilligen Feuerwehren näher umschrieben ist. Nach Ansicht der o.ö. Landesregierung ist nun §22 Abs2 lita der O.ö. Feuerpolizeiordnung verfassungskonform keineswegs so auszulegen, daß ein Ausschluß eines aktiven Mitgliedes der Freiwilligen Feuerwehr aus jedem beliebigen oder auch vollkommen ohne jeden Grund erfolgen darf. Aus dem gegebenen Zusammenhang ist vielmehr in verfassungskonformer Auslegung zu folgern, daß ein Verlust der Mitgliedschaft gemäß dieser Bestimmung als contrarius actus zur Aufnahme dann zulässig ist, wenn eine Voraussetzung für die Aufnahme - abgesehen vom Alter - weggefallen ist, wenn also beispielsweise die Tauglichkeit zum Feuerwehrdienst - abgesehen aus Altersgründen - nicht mehr vorliegt, wenn das Mitglied seinen ständigen Wohnsitz in der Gemeinde aufgibt, in der die Feuerwehr ihren Standort hat oder wenn das Mitglid einer anderen Freiwilligen Feuerwehr angehört. Noch im Rahmen dieser Auslegung befindlich scheinen aber auch Gründe für den Verlust der Mitgliedschaft, die sich auf den Bruch des Gelöbnisses ('allen Mitgliedern ein treuer Kamerad zu sein') zurückführen lassen oder die sich darauf stützen, daß ein Ausschluß deshalb erfolgen muß, um die Schlagkraft und Einsatzfähigkeit der Feuerwehr nicht zu gefährden.

b) Zum Vorwurf der Unsachlichkeit der Regelung des §22 Abs2 lita der O.ö. Feuerpolizeiordnung im Verhältnis zu den Regelungen des §28 leg.cit. ist zu bemerken, daß unter Hinweis auf die Ausführungen unter 2.a) die Regelung des Verlustes der Mitgliedschaft gemäß §22 Abs2 lita O.ö. Feuerpolizeiordnung inhaltlich keineswegs - unsachlich - weniger bestimmt ist als jene eines Ausschlusses gemäß §28 leg.cit. Es ist nach Auffassung der o. ö. Landesregierung auch nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber zwischen einem Verlust der Mitgliedschaft aus außerdienstlichen Gründen, der keine Strafe ist, und einem strafweisen Ausschluß aus der Freiwilligen Feuerwehr unterscheidet, der wegen Zuwiderhandlungen gegen Dienstvorschriften erfolgen kann.

Gerade durch eine solche Differenzierung kann nämlich erreicht werden, daß der vom Verwaltungsgerichtshof erkannte, vor allem im ländlichen Raum schwerwiegende Eingriff in die soziale Position eines Mitgliedes einer Freiwilligen Feuerwehr dadurch vermieden wird, daß ein Verlust der Mitgliedschaft eben durchaus auch aus Gründen erfolgen kann, denen keine Zuwiderhandlungen gegen Dienstvorschriften zugrundeliegen. Die Möglichkeit des Verlustes einer Mitgliedschaft derart, daß sie keinen strafweisen Ausschluß darstellt, scheint gerade auch diesem sozialen Aspekt Rechnung zu tragen."

Im Anschluß an diese Ausführungen werden entsprechende Anträge gestellt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. In Oberösterreich waren die Feuerwehren ursprünglich vereinsrechtlich organisiert.

a) Nach §34 des Gesetzes, womit eine Feuerpolizei-Ordnung für das Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns erlassen wird, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns 18/1873, wurde die Feuerwehr durch freiwilligen Beitritt gebildet; welche Personen ausgeschlossen werden konnten, hatten die Satzungen der Feuerwehr zu bestimmen. Nach §36 leg.cit. waren die Satzungen in der Hauptversammlung der Feuerwehr zu beraten und zu beschließen, sodann dem Gemeinde-Ausschuß zur Genehmigung vorzulegen. Ausfertigungen der genehmigten Satzungen waren nach Vorschrift des Vereinsgesetzes der k.k. Statthalterei einzusenden.

§37 leg.cit. enthielt die Anordnung, daß die Satzungen der bereits bestehenden 'Freiwilligen Feuerwehren' mit den Bestimmungen dieser Feuerpolizei-Ordnung in Einklang zu bringen waren; die weitere Vorgangsweise war wie in §36 leg.cit. geregelt.

Nach §38 der Feuerpolizei-Ordnung 1873 fand die Dienstleistung der freiwilligen Feuerwehr "in Ausübung eines ihr von der Gemeinde übertragenen Befugnisses statt." Die freiwilligen Feuerwehren standen unter der Aufsicht der Gemeinden (§§40 ff. leg.cit.).

b) An dieser Organisationsstruktur änderte das Gesetz betreffend die Feuerpolizei in Oberösterreich, LGBl. für Oberösterreich 33/1932, grundsätzlich nichts. Vielmehr ordnete dessen §36 Abs1 ausdrücklich an:

"§36. (1) Die freiwilligen Feuerwehren sind Vereine, die durch den freiwilligen Beitritt von zum Feuerlöschdienst geeigneten Gemeindebewohnern gebildet werden. Sie gelten jedoch als 'Freiwillige Feuerwehren' im Sinne dieses Gesetzes nur dann, wenn sie sich in ihren Satzungen den Bestimmungen dieses Gesetzes unterwerfen. Nur in diesem Falle kann ihnen von der Gemeinde der Feuerlöschdienst übertragen werden und kommen ihnen die Rechte und Vorteile zugute, die dieses Gesetz den Feuerwehren einräumt."

Die §§37 und 40 leg.cit. enthielten im wesentlichen die gleichen Regelungen, wie sie unter a) dargestellt wurden.

c) Vom Grundsatz der Organisation der freiwilligen Feuerwehren als Vereine wurde in Oberösterreich jedoch durch das Gesetz vom 15. Dezember 1937 über die Brandverhütung und Brandbekämpfung in Oberösterreich (Feuerpolizeiordnung), LGBl. für Oberösterreich 8/1938, abgegangen. Dessen §49 Abs1 lautete:

"§49. (1) Die öffentlichen freiwilligen Feuerwehren sind Körperschaften öffentlichen Rechtes. Es kommt ihnen Rechtspersönlichkeit zu."

Nach Abs2 dieser Regelung waren die öffentlichen freiwilligen Feuerwehren im oberösterreichischen Landesverband für Feuerwehr- und Rettungswesen vereinigt und unterstanden dem Landesfeuerwehrführer, nach Abs3 erlangten die öffentlichen freiwilligen Feuerwehren durch die Eintragung in das bei der Landesregierung geführte Feuerwehrbuch Rechtspersönlichkeit.

Neben zahlreichen weiteren organisationsrechtlichen Anordnungen enthielt ua. §51 dieser Feuerpolizeiordnung 1938 Regelungen über die Mitgliedschaft (die Mitgliedschaft bei einer öffentlichen freiwilligen Feuerwehr wurde durch freiwilligen Beitritt begründet und verpflichtete zur unentgeltlichen Dienstleistung und zum Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten - §51 Abs1); dessen Abs2 normierte die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft und dessen Abs6 ordnete an, daß über die Aufnahme und über den Ausschluß der Mitglieder der Feuerwehrausschuß aufgrund der Dienstordnung zu entscheiden hatte; gegen seine Entscheidung wurde die Möglichkeit eingeräumt, Beschwerde an den Landesfeuerwehrführer zu erheben.

§53 Abs1 leg.cit. trug den Mitgliedern der öffentlichen freiwilligen Feuerwehr auf, die ihnen nach der Dienstordnung obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen; Pflichtverletzungen wurden mit einer Rüge, einer Verwarnung, der zeitweisen Enthebung vom Dienste oder mit dem Ausschlusse aus der Feuerwehr bestraft.

§56 Abs1 leg.cit. übertrug dem Bürgermeister das Aufsichtsrecht über die öffentliche freiwillige Feuerwehr im Gemeindegebiet, und §58 Abs3 leg.cit. verfügte, daß der Feuerwehrführer das Dienststrafrecht über die Mitglieder der Feuerwehr auszuüben hatte; gegen die Strafe der zeitweisen Enthebung vom Dienste und des Ausschlusses stand dem Beschuldigten die Beschwerde an den Landesfeuerwehrführer offen.

Gemäß §60 Abs1 leg.cit. oblag die Leitung der öffentlichen freiwilligen Feuerwehren im Lande dem Landesfeuerwehrführer; er und sein Stellvertreter waren gemäß §63 Abs1 leg.cit. vom Landeshauptmann zu ernennen.

Zwischen Gemeindeebene und Landesebene bestanden entsprechende Organisationseinheiten auch auf Bezirksebene.

2.a) Die oö. FeuerpolizeiO hat dieses organisatorische Konzept der Freiwilligen Feuerwehren grundsätzlich übernommen. Dies zeigt insbesondere auch §76 der oö. FeuerpolizeiO, überschrieben mit "Rechtsüberleitung bezw. -nachfolge." Nach Abs1 dieser Bestimmung bestehen die auf Grund der Feuerpolizeiordnung 1938 in das Feuerwehrbuch eingetragenen Feuerwehren als öffentliche Feuerwehren auf Grund dieses Gesetzes weiter.

Die oö. FeuerpolizeiO unterscheidet innerhalb der öffentlichen Feuerwehren zwischen Freiwilligen Feuerwehren (vgl. insbesondere §§21 ff.), Pflichtfeuerwehren (§§30 ff.), Berufsfeuerwehren (§§38 ff.) und den Betriebsfeuerwehren (§§45 ff.). Die öffentlichen Feuerwehren entstehen gemäß §20 Abs1 leg.cit. als juristische Personen durch Eintragung in das Feuerwehrbuch, welches von der Landesregierung in gesonderten Teilen für die einzelnen Typen von öffentlichen Feuerwehren zu führen ist (§20 Abs2 leg.cit.). Gemäß §20 Abs3 leg.cit. sind die öffentlichen Feuerwehren, somit auch die Freiwilligen Feuerwehren, im O.ö. Landes-Feuerwehrverband vereinigt, der Rechtspersönlichkeit besitzt. Der O.ö. Landes-Feuerwehrverband steht unter der Aufsicht der Landesregierung; diese Aufsicht ist in der zitierten Bestimmung im Grundsatz gesetzlich geregelt.

§19 Abs1 leg.cit. ordnet an, daß der Feuerwehrkommandant der öffentlichen Feuerwehr, die im Pflichtbereich ihren Standort hat, bezüglich der Schlagkraft und bezüglich des Einsatzes der Feuerwehr ein dem Bürgermeister bzw. den Bürgermeistern des Pflichtbereiches unterstelltes Organ der Gemeinde ist und die seinem Kommando Unterstellten diesbezüglich Hilfsorgane der Gemeinde sind.

Hingegen ordnet §23 Abs6 leg.cit. an, daß die Organe der Freiwilligen Feuerwehren - das sind gemäß §23 Abs1 leg.cit. das Feuerwehrkommando und der Feuerwehrkommandant - in den Angelegenheiten der Schlagkraft und des Einsatzes im Wege des Feuerwehrkommandanten des Pflichtbereiches an die Weisungen des Bürgermeisters bzw. der Bürgermeister des Pflichtbereiches und der zuständigen Organe des O.ö. Landes-Feuerwehrverbandes gebunden sind; bei einer Brandbekämpfung haben sie die Befehle des Leiters der Brandbekämpfungsaktion zu befolgen. Im übrigen gelten für sie die Befehle der zuständigen Organe des O.ö. Landes-Feuerwehrverbandes.

Zwar stehen gemäß §29 leg.cit. die Freiwilligen Feuerwehren unter der Aufsicht jener Gemeinde, in deren Gebiet ihr Standort ist. Doch steht etwa die Dienstenthebung des Feuerwehrkommandanten der Landesregierung zu (§23 Abs4 leg.cit.) und bei einem Ausschluß aus einer Freiwilligen Feuerwehr wird ein Rechtszug an die Landes-Feuerwehrleitung eingeräumt (§22 Abs2 lita leg.cit. - vgl. dazu gleich weiter unten). Auch ist die Landes-Feuerwehrleitung berechtigt, ua. von allen Organen der öffentlichen und mithin auch der Freiwilligen Feuerwehren unbeschadet sonstiger gesetzlicher Bestimmungen Auskünfte zu verlangen und diesen Organen Richtlinien für ihre Tätigkeit zu geben (§54 Abs3 leg.cit.).

b) Die zur Beurteilung des vorliegenden Antrages des Verwaltungsgerichtshofes unmittelbar maßgeblichen Vorschriften der oö. FeuerpolizeiO haben folgenden Wortlaut (in §22 ist der angefochtene Teil hervorgehoben):

"Mitgliedschaft.

§22.

(1) Die Erstmitgliedschaft wird mit der Eintragung der Feuerwehr im Feuerwehrbuch wirksam. Im übrigen wird die Mitgliedschaft dadurch erworben, daß das Feuerwehrkommando den freiwilligen Beitritt annimmt.

(2) Die Mitgliedschaft geht verloren

a) durch einen entsprechenden Beschluß des Feuerwehrkommandos, der binnen zwei Wochen, nachdem er dem Betreffenden nachweisbar zur Kenntnis gebracht wurde, wirksam wird, wenn nicht binnen dieser Frist bei der Landes-Feuerwehrleitung Beschwerde ergriffen wird, über die die Landes-Feuerwehrleitung endgültig entscheidet;

b) durch schriftlich erklärten Austritt des Mitgliedes, der vier Wochen nach der Übergabe der Erklärung an den Feuerwehrkommandanten wirksam wird.

. . .

Dienstordnung; allgemeine Befehle.

§26.

Das Nähere über die Oganisation einschließlich der dienstgradmäßigen Rangordnung, die Geschäftsführung und den Dienstbetrieb wird in einer für alle Freiwilligen Feuerwehren verbindlichen Dienstordnung und in ebenso für alle Freiwilligen Feuerwehren verbindlichen allgemeinen Befehlen geregelt, die von der Landes-Feuerwehrleitung erlassen werden. Die Dienstordnung bedarf der Zustimmung der Landesregierung.

. . .

Dienststrafen.

§28.

(1) Das Feuerwehrkommando übt die Dienststrafgewalt aus und ahndet Zuwiderhandlungen gegen Dienstvorschriften mit Dienststrafen.

(2) Dienststrafen sind

a) die zeitlich begrenzte Aberkennung des Dienstgrades;

b) der Ausschluß aus der Freiwilligen Feuerwehr.

(3) Gegen jede Dienststrafe kann der Betroffene binnen zwei Wochen, nachdem sie ihm nachweisbar zur Kenntnis gebracht wurde, bei der Landes-Feuerwehrleitung mit aufschiebender Wirkung Beschwerde erheben; die Landes-Feuerwehrleitung entscheidet endgültig darüber.

(4) Bloße Ordnungswidrigkeiten ahndet der Feuerwehrkommandant in leichteren Fällen mit einer mündlichen Verwarnung, in schwereren Fällen mit einem schriftlichen Verweis."

3. Wie auch die oö. Landesregierung in ihrer Äußerung zugesteht, spricht nichts gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofes, daß er die angefochtene Gesetzesstelle als eine der Rechtsgrundlagen bei Prüfung des bei ihm angefochtenen Bescheides anzuwenden hat. Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg. 10.621/1985 betreffend das Salzburger Feuerwehrgesetz ausgeführt, daß der Ausschluß aus der Freiwilligen Feuerwehr - anders als die Streichung von der Liste ehrenamtlicher Bewährungshelfer (s. VfSlg. 8774/1980) - dem Betroffenen gegenüber als bekämpfbarer Bescheid in Erscheinung tritt. §22 Abs2 lita der oö. FeuerpolizeiO sieht die Möglichkeit eines Rechtsmittels gegen den Ausschluß vor. Insbesondere aber ordnet §75 Abs1 leg.cit. an, daß die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes bei der Handhabung dieses Gesetzes, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, auch in jenen Fällen, soweit es möglich ist, sinngemäß anzuwenden sind, die ansonsten von der zwingenden Vorschrift, sie anzuwenden, ausgenommen sind. Hinsichtlich des Ausschlusses eines Mitgliedes aus einer Freiwilligen Feuerwehr sieht die oö. FeuerpolizeiO nicht ausdrücklich etwas anderes vor. Daraus ergibt sich, daß der Ausschluß die Rechtssphäre des Mitgliedes betrifft und bescheidmäßig auszusprechen ist. Dies war in jenem Verfahren auch der Fall, das dem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zugrunde liegt und Anlaß des vorliegenden Antrages des Verwaltungsgerichtshofes auf Gesetzesprüfung bildet.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag zulässig.

4. Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch nicht begründet:

4.1. Der Verwaltungsgerichtshof macht zunächst geltend, der angefochtene §22 Abs2 lita der oö. FeuerpolizeiO widerspreche dem Legalitätsgebot des Art18 Abs1 B-VG, weil das Verwaltungshandeln durch diese Rechtsvorschrift nicht hinreichend vorausbestimmt werde. §22 Abs2 lita leg.cit. sehe seinem Wortlaut nach keinerlei Grund für einen darauf gestützten Ausschluß eines Mitgliedes einer Freiwilligen Feuerwehr vor.

Dem Verwaltungsgerichtshof ist zuzugestehen, daß die angefochtene Regelung diesbezüglich keine ausdrückliche Anordnung enthält. Doch ist bei Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung nicht nur deren ausdrücklicher Wortlaut heranzuziehen, sondern es sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen läßt, was im konkreten Fall Rechtens ist, verletzt die Norm die im Art18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. ua. VfSlg. 8395/1978, 10.296/1984).

Eine systematische Zusammenschau folgender Regelungen der oö. FeuerpolizeiO zeigt unter Bedachtnahme auf das hier mitzuberücksichtigende oö. Katastrophenhilfsdienst-Gesetz, LGBl. für Oberösterreich 88/1955, nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des §22 Abs2 lita leg.cit. im Hinblick auf Art18 B-VG:

Den gesetzlichen Regelungen insgesamt ist zu entnehmen, daß ein Ausschluß eines Mitgliedes aus einer Freiwilligen Feuerwehr nur aus wichtigen Gründen zulässig ist. Ein solcher, bescheidmäßig auszusprechender Ausschluß ist im Instanzenzug überprüfbar.

Welche Gründe in diesem Sinne als wichtige anzusehen sind, ergibt sich aus den Rechtsvorschriften über Aufgaben und Zweck Freiwilliger Feuerwehren. So ist gemäß §18 Abs1 der oö. FeuerpolizeiO jede öffentliche Feuerwehr, also auch die Freiwillige Feuerwehr, verpflichtet, innerhalb des Gebietes der Gemeinde, in der sie ihren Standort hat, nach Bedarf mit allen ihren verfügbaren Kräften und Mitteln Brände zu bekämpfen und zu löschen, ohne daß es einer besonderen Aufforderung bedarf. Um der Verpflichtung einer ordnungsgemäßen Brandbekämpfung gerecht werden zu können, bedarf es insbesondere etwa einer den zuzuweisenden Aufgaben entsprechenden körperlichen Konstitution und sonstigen Eignung des Mitgliedes. Wegen der bei einer Brandbekämpfung auftretenden besonderen Gefahren für die Mitglieder einer Feuerwehr sind aber auch ein entsprechender Zusammenhalt, Kameradschaft zwischen den Mitgliedern sowie nachhaltiger Einsatz eine unabdingbare Voraussetzung für die Realisierung des Zweckes Freiwilliger Feuerwehren erforderlich.

Im Hinblick auf die durch §2 Abs3 oö.

Katastrophenhilfsdienst-Gesetz eröffnete Möglichkeit, ua. Freiwillige Feuerwehren bescheidmäßig als Katastrophenhilfsdienst der Gemeinde zu bestimmten Aufgaben zu verpflichten, sind dabei auch die in §1 Abs1 leg.cit. umschriebenen Aufgaben des Katastrophenhilfsdienstes zu berücksichtigen.

Ferner ergibt sich aus der oö. FeuerpolizeiO (vgl. etwa §17 Abs2 lita), daß die Mitglieder von (auch Freiwilligen) Feuerwehren ihrer fachlichen Schulung besonderes Augenmerk zu widmen haben. Auch konkretisiert der die Pflichten und Rechte der Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren regelnde §24 der oö. FeuerpolizeiO das Handeln der zum Ausschluß befugten Verwaltungsorgane. Schließlich ist in Betracht zu ziehen, daß bei der Brandbekämpfung insgesamt (vgl. etwa §17 Abs4 oö. FeuerpolizeiO) ebenso wie bei Wahrnehmung von Aufgaben des Katastrophenhilfsdienstes in hohem Maße Sachkunde Bedeutung hat, womit ein zusätzlicher Maßstab für das Verwaltungshandeln gewonnen wird.

Ein Mitglied kann folglich aus einer Freiwilligen Feuerwehr ausgeschlossen werden, wenn es nicht mehr geeignet ist, an der Wahrnehmung der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben Freiwilliger Feuerwehren mitzuwirken. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte erhält die angefochtene Bestimmung einen hinreichend konkretisierten, dem Legalitätsgebot des Art18 B-VG entsprechenden Inhalt. Dies zumal auch unter Würdigung des Umstandes, daß bei Freiwilligen Feuerwehren, wie schon der Begriff klarstellt, in beachtlichem Maß auf Freiwilligkeit abgestellt wird und ihre Organisationsform jener von Vereinen nahesteht.

4.2. Aus eben diesen Erwägungen ist §22 Abs2 lita der oö. FeuerpolizeiO im Vergleich zu §28 leg.cit. aber auch - entgegen dem zweiten vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken - keine Unsachlichkeit vorzuwerfen. Die angefochtene Bestimmung gilt mit ihrem - wie unter 4.1. dargetan - auf interpretativem Weg ermittelten Maßstab für alle jene Fälle, in denen neben §28 leg.cit. (der bei Zuwiderhandlungen gegen Dienstvorschriften zur Anwendung kommt) ein Verlust der Mitgliedschaft aus wichtigen Gründen auszusprechen ist.

4.3. Damit ist den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes der Boden entzogen, weshalb seinem Antrag keine Folge zu geben ist.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

Feuerpolizei, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G131.1990

Dokumentnummer

JFT_10089685_90G00131_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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