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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
KFG 1967 §66 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der E in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. November 1992, Zl. IIb 2-K-2524/7-1992, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. November 1992 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von 16 Monaten, gerechnet ab dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides der Bezirkshauptmannschaft (25. März 1992), entzogen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, mit dem Antrag, diesen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der vorliegenden Entziehungsmaßnahme liegt zugrunde, daß die Beschwerdeführerin am 4. Jänner 1992 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und hiebei einen Verkehrsunfall verschuldet hat, bei dem eine Person getötet und eine weitere Person schwer verletzt wurde. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten hat sich ein Blutalkoholgehalt der Beschwerdeführerin von 2,1 %o im Unfallzeitpunkt ergeben. Die Beschwerdeführerin hielt nach dem Unfall ihr Kraftfahrzeug nicht unmittelbar an, sondern fuhr weiter. Sie wurde deshalb mit den in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheiden des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 14. Oktober 1992, Zl. 1/42-6/1992, wegen der Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und § 5 Abs. 1 StVO 1960 schuldig erkannt und es wurden über sie Geldstrafen verhängt. Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1993 wurde die Behandlung der von ihr erhobenen Beschwerde betreffend Bestrafung wegen Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 abgelehnt und mit Erkenntnis vom selben Tag ihre Beschwerde betreffend Bestrafung wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 als unbegründet abgewiesen (Zlen. 92/03/0263, 93/03/0022).
Die Beschwerdeführerin führt gegen die ausgesprochene Entziehungsmaßnahme ins Treffen, daß die "Vorwürfe nach §§ 4 und 5 StVO" nicht gerechtfertigt seien; sie habe nach dem Unfall die erste Wendemöglichkeit benützt, um an den Unfallsort zurückzukehren und sei nicht alkoholisiert gewesen. Die Beamten hätten auch keinerlei Alkoholisierungssymptome bei ihr feststellen können. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die von der Beschwerdeführerin hiezu angebotenen Beweise aufzunehmen und ein Ermittlungsverfahren abzuführen.
Mit diesen Ausführungen setzt sich die Beschwerdeführerin jedoch über die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinweg, nach der die Kraftfahrbehörde im Falle des Vorliegens einer rechtskräfigen Bestrafung des Besitzers der Lenkerberechtigung an das Straferkenntnis gebunden ist und ihr daher eine selbständige Beurteilung der Vorfrage, ob die Übertretung vorliegt, verwehrt ist (vgl. die in Grundtner-Stratil, Kraftfahrgesetz 19674, unter E 42 zu § 66 KFG angeführten Judikaturhinweise; ferner das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1993, Zl. 92/11/0070, u.v.a.). Es lag demnach kein Verfahrensmangel vor, wenn die belangte Behörde ihre Bindung an die im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen rechtskräftigen Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 14. Oktober 1992 hinsichtlich der Übertretungen nach § 5 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 beachtet und nicht neuerlich ein Ermittlungsverfahren betreffend die Übertretungen durchgeführt hat, die bereits Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens gewesen sind.
Die Beschwerdeführerin rügt darüber hinaus, daß die "Entzugsdauer" zu lang sei und die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, daß die Beschwerdeführerin "noch nie wegen eines Verstoßes gegen § 5 StVO von der Bezirkshauptmannschaft belangt" worden sei und im übrigen auf Grund des gegenständlichen Vorfalles einen schweren Schock erlitten habe.
Damit vermag sie jedoch nicht darzutun, daß die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 rechtswidrig wäre. In Ansehung der Beschwerdeführerin liegen zwei bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 KFG 1967 vor, aus denen ihre Verkehrsunzuverlässigkeit abzuleiten ist, nämlich eine nach § 66 Abs. 2 lit. e und eine nach § 66 Abs. 2 lit. g KFG 1967. Dies übersieht die Beschwerdeführerin, wenn sie allein auf das Alkoholdelikt abstellt. Das Imstichlassen eines schwer verletzten bzw. "tödlich verletzten" Unfallopfers ist schon an sich verwerflich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1993, Zl. 93/11/0108 mit weiterem Judikaturhinweis). Dieses Verhalten zeigt eine Sinnesart der Beschwerdeführerin auf, die eine schwere Gefährdung der Verkehrssicherheit befürchten läßt. Zu dem Alkoholdelikt hat die belangte Behörde zutreffend bei der gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmenden Wertung berücksichtigt, daß die Beschwerdeführerin den bereits festgehaltenen hohen Alkoholisierungsgrad aufwies. Das Ausmaß der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Entziehung der Lenkerberechtigung begegnet somit keinen Bedenken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992110295.X00Im RIS seit
19.03.2001