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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde 1. des I und 2. des A, beide in Graz, sowie 3. des E in L, alle vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 15. April 1993, Zl. A 17 - K - 8.319/1992 - 9, betreffend Erteilung einer Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Ö-Gesellschaft m.b.H. in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der - nach Ablehnung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde und Abtretung derselben an den Verwaltungsgerichtshof - vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung in Verbindung mit der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 21. Dezember 1991 wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung der Widmung des Grundstückes Nr. 2726/1, EZ 2401, KG III X, für Bauzwecke unter Festsetzung von Bebauungsgrundlagen und Auflagen erteilt, darunter die Festlegung der Bebauungsdichte mit mindestens 0,2 und höchstens 0,5 der Bauplatzfläche sowie der Gebäudehöhe mit 9,50 m, wobei für die höchste Stelle des Gebäudes ein Höchstmaß von 11 m bestimmt worden ist.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. April 1993 keine Folge gegeben wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren (bzw. im Widmungsbewilligungsverfahren nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung) in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A uva.).
Gemäß § 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, zuletzt geändert durch die Novelle LGBl. Nr. 43/1992 und die Kundmachung LGBl. Nr. 54/1992 (BO), bedarf die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen oder eine Widmungsänderung der Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz BO sind im Widmungsverfahren die Bestimmungen über die Bauverhandlung (§ 61) sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 61 Abs. 2 BO kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Dazu zählen gemäß § 61 Abs. 2 lit. c und e die Bestimmungen über das Planungsermessen bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen (§ 3 Abs. 3) und über die Gebäudehöhe (§ 5). Keine nachbarschützende Wirkung im Sinne der taxativen Aufzählung des § 61 Abs. 2 BO kommt hingegen der Bestimmung des § 1 Abs. 1 über die Eignung des Bodens bzw. des § 1 Abs. 2 über die Zufahrtsmöglichkeit von der öffentlichen Verkehrsfläche zu. Soweit daher die vorliegende Beschwerde einen Mangel der Planunterlagen betreffend die Zufahrt zum Widmungsgrundstück geltend macht, ist auf sie - mangels subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführer in diesem Punkt - nicht näher einzugehen.
Zulässigerweise wenden sich die Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid unter zwei Gesichtspunkten, nämlich gegen die Ausschöpfung der zulässigen Bebauungsdichte mit (höchstens) 0,5, gegen die Festlegung des Bebauungsgrades und gegen die Festlegung der Gebäudehöhe. Da es sich dabei um Festlegungen im Sinne des § 3 Abs. 3 BO handelt, dem gemäß § 61 Abs. 2 lit. c und e nachbarschützende Wirkung zukommt, besteht insoweit ein Mitspracherecht der Beschwerdeführer.
Was die Festlegung des Bebauungsgrades betrifft, so ist aus den im angefochtenen Bescheid offenkundig auf photomechanischem Wege vollständig wiedergegebenen Berufungsausführungen der Beschwerdeführer zu entnehmen, daß sie sich im Berufungsverfahren mit keinem Wort gegen die Festlegung des Bebauungsgrades gewendet haben. Die diesbezüglichen Festlegungen des erstinstanzlichen Widmungsbescheides waren daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, weshalb es ausgeschlossen ist, daß die Beschwerdeführer insoweit durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten verletzt sein könnten. Auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher gleichfalls nicht weiter einzugehen.
Hinsichtlich der Bebauungsdichte versuchen die Beschwerdeführer - wie schon in ihrer Berufung - darzulegen, daß diese zu Unrecht mit dem höchstzulässigen Ausmaß von 0,5 festgelegt worden ist.
Dabei übersehen die Beschwerdeführer, daß gemäß § 3a BO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 43/1992 auf die Ausschöpfung der für Baugebiete im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte ein Rechtsanspruch besteht, sofern ein Bebauungsplan oder Bebauungsrichtlinien nichts näheres bestimmen. Stehen der Ausschöpfung der höchstzulässigen Bebauungsdichte andere baurechtliche Bestimmungen entgegen, so besteht der Rechtsanspruch auf die Ausschöpfung der höchstmöglichen Dichte innerhalb der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Werte, bei der diesen Bestimmungen entsprochen wird.
Von der belangten Behörde wurde nicht festgestellt, daß ein Bebauungsplan oder Bebauungsrichtlinien eine Einschränkung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte enthielten. Dies behaupten auch die Beschwerdeführer nicht. Unter "anderen baurechtlichen Bestimmungen", die zu einer Einschränkung der höchstzulässigen Bebauungsdichte führen können, sind jene Bestimmungen zu verstehen, die bei Einhaltung der höchstzulässigen Bebauungsdichte verletzt werden würden, wobei hier in erster Linie an die Bestimmungen über die Abstandsvorschriften zu denken ist. Es besteht jedoch seit der genannten Novelle zur Steiermärkischen Bauordnung kein Planungsermessen der Baubehörde bei Festlegung der Bebauungsdichte im Widmungsverfahren. Ein solches Planungsermessen kann vielmehr ausschließlich durch Erlassung eines Bebauungsplanes oder durch Erlassung von Bebauungsrichtlinien wahrgenommen werden.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich daher die Festlegung der Bebauungsdichte im (wie in der Beschwerde nicht bestritten wird) nach dem Flächenwidmungsplan höchstzulässigen Ausmaß nicht als rechtswidrig. Alle Beschwerdeausführungen, die darzulegen versuchen, daß die belangte Behörde ihr Planungsermessen nicht im Sinne des Gesetzes gehandhabt habe, gehen daher ins Leere.
Dies trifft letztlich auch für das Beschwerdevorbringen zu, mit welchem die Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit der Planunterlagen behaupten, insbesondere einen Widerspruch zwischen den vorgelegten Planunterlagen und den Katastergrenzen und die damit verbundene (behauptete) Unklarheit hinsichtlich der Grundstücksgröße. Mit diesem Vorbringen wird nämlich - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - keine Rechtswidrigkeit der in einer VERHÄLTNISZAHL festgelegten Bebauungsdichte aufgezeigt, da das Ausmaß dieser Verhältniszahl vom tatsächlichen Ausmaß der Grundfläche unabhängig ist. Ob das konkrete Bauprojekt gemessen an der tatsächlichen Grundstücksgröße die festgelegte Bebauungsdichte einhält, ist hingegen eine Frage, die ausschließlich im Baubewilligungsverfahren geprüft werden kann.
Aus den gleichen Gründen erweisen sich auch die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die Festlegung der Gebäudehöhe als unzutreffend: Sie bringen dazu vor, im Bescheid fehle jede Angabe, von welchem Geländepunkt die Gebäudehöhe zu messen ist. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß gemäß § 5 zweiter Satz BO als Gebäudehöhe das Maß von der Verschneidung mit dem tiefsten Geländepunkt bis zur Dachtraufe gilt. Es bedarf daher keiner Festlegung im Bescheid, auf welche Weise die Gebäudehöhe zu ermitteln ist. Zum anderen ist den Beschwerdeführern zu erwidern, daß im Widmungsverfahren lediglich die höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt wurde. Ob das konkrete Bauvorhaben diese festgelegte Gebäudehöhe einhält, kann ebenfalls nur im Baubewilligungsverfahren beurteilt werden.
Letztlich machen die Beschwerdeführer geltend, daß die Bestimmung des § 71 BO, welche einen "Rechtszug an ein "Tribunal" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK" ausschließe, verfassungswidrig sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11500/1987 ausgesprochen hat, hegt er keine diesbezüglichen Bedenken (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 28. November 1991, Zlen. 90/06/0172, 0174, und vom 20. August 1992, Zl. 92/06/0149). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993060169.X00Im RIS seit
03.05.2001