TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/27 92/03/0099

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Veröffentlicht am 27.10.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §36 lite;
KFG 1967 §57a Abs5;
KFG 1967 §57a Abs6;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/03/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheide der Tiroler Landesregierung und des Landeshauptmannes von Tirol vom 21. Februar 1992, Zl. IIb2-V-9287/2-1992, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.782,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheiden der Tiroler Landesregierung und des Landeshauptmannes von Tirol vom 21. Februar 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Oktober 1990 um 20.45 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen von Fieberbrunn nach St. Ulrich a.P. gelenkt und dabei die als Einbahnstraße gekennzeichnete "Dorfstraße" in Fieberbrunn entgegen dem Hinweiszeichen nach § 53 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 befahren; ferner habe er beim Cafe "Hörfahrter" einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und ungeachtet dessen sein Fahrzeug nicht angehalten und den Verkehrsunfall nicht ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle gemeldet, obwohl ein Identitätsnachweis gegenüber dem Geschädigten unterblieben ist, und weiters das Fahrzeug auf öffentlichen Verkehrsflächen gelenkt, wobei die Gültigkeit der angebrachten Begutachtungsplakette abgelaufen war. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Verwaltungsübertretungen nach § 7 Abs. 5 StVO 1960, § 4 Abs. 1 lit. a leg. cit., § 4 Abs. 5 leg. cit. und § 36 lit. e KFG 1967 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangten Behörden haben die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Übertretung nach § 7 Abs. 5 StVO 1960:

Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang, daß die belangte Behörde nicht hinreichend deutlich gemacht habe, wo das Verkehrszeichen nach § 53 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 angebracht gewesen sei und wo der Beschwerdeführer in die Einbahnstraße eingefahren sei.

Die belangte Behörde hat die Feststellung getroffen, daß das Hinweiszeichen nach § 53 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 am Beginn der Dorfstraße angebracht wurde. Aus den von der belangten Behörde dem Akt angeschlossenen Kopien der Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 17. Dezember 1987 bzw. 1. August 1988 ergibt sich, daß die Einbahnstraße für den Bereich der Dorfstraße ab Haus Niedermoser - Dorfstraße 1, Richtung Marktgemeinde bis Dorfplatz in Fieberbrunn vorgeschrieben wurde. Daß das genannte Hinweiszeichen auch tatsächlich am Beginn der Dorfstraße aufgestellt war, folgt aus der dem Bericht des Meldungslegers angeschlossenen Skizze, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Beschwerdeführer nicht bestritten hat. Ebenso ergibt sich aus dieser Skizze, daß vom aufgestellten Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z. 2 StVO 1960 ("Einfahrt verboten") bis zu dem bereits erwähnten Hinweiszeichen keine Nebenstraße in die "Dorfstraße" einmündet; Gegenteiliges wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Damit ist der Bezug des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1986, Zl. 85/02/0240, ohne Relevanz.

Zur Übertretung nach § 36 lit. e KFG 1967:

Der Beschwerdeführer rügt hier, daß die belangte Behörde unterlassen habe, im Spruch aufzunehmen, wann die letzte Begutachtung erfolgt sei und was das Zulassungsdatum des Fahrzeuges gewesen sei. Ferner habe die belangte Behörde nicht beachtet, daß "§ 57a Abs. 3 KFG eine sechsmonatige Toleranzfrist" enthalte. Dem ist zu entgegnen, daß nach der Vorschrift des § 36 lit. e KFG 1967 Kraftfahrzeuge und Anhänger (mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden dürfen, wenn eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist. Wesentlich ist hiebei, daß die gültige Begutachtungsplakette ANGEBRACHT IST, sodaß aus ihr jederzeit zu entnehmen ist, daß die Begutachtungsfrist (samt Nachfrist) noch nicht abgelaufen ist. Es kommt somit nicht darauf an, wann die Begutachtung selbst erfolgte. Auch das Zulassungsdatum ist für die Zuordnung des Tatverhaltens zur Vorschrift des § 36 lit. e KFG 1967 nicht erforderlich. Es besteht weiters keine Notwendigkeit, bei Übertretungen des § 36 lit. e KFG 1967 die Lochung (und Nummer der vorschriftswidrigen Begutachtungsplakette) im Schuldspruch anzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1985, Zl. 85/18/0287), sodaß es nicht rechtswidrig war, wenn die belangte Behörde die Worte "im März 1990 (Lochung 3/90)" entfallen ließ. Der Beschwerdeführer übersieht ferner, daß die von ihm ins Treffen geführte "Toleranzfrist" des § 57a Abs. 3 leg. cit. nicht sechs, sondern vier Monate beträgt. Gemäß § 57a Abs. 5 KFG 1967 ist die Begutachtungsplakette so am Fahrzeug anzubringen, daß das Ende der gemäß Abs. 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist AUßERHALB DES FAHRZEUGES stets leicht festgestellt werden kann. Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht mehr verwenden durfte, weil die Begutachtungsplakette zufolge Fristablaufs ungültig geworden ist. Es reichte nicht aus, wenn der Beschwerdeführer bloß "im Besitz" einer gültigen Begutachtungsplakette war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1984, Zlen. 83/03/0285, 0287).

Zu den Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960:

Der Beschwerdeführer rügt zu diesen Fakten die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen L durch die belangte Behörde, der "zur Wahrheitsfindung maßgebend hätte beitragen können". Konkrete Feststellungen, die sich aus der Aussage dieses Zeugen ergeben hätten und die zu treffen die belangte Behörde unterlassen hat, werden vom Beschwerdeführer jedoch nicht dargetan. Im Verwaltungsstrafverfahren (siehe die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 21. März 1991) hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, daß er einen Dritten ersucht habe, die Gendarmerie zu verständigen, dieser Dritte "war wahrscheinlich Herr L", dessen Einvernahme er zu diesem Beweise beantragt hatte. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 unter anderem zwar auch durch einen Dritten erfüllt werden kann; das bedeutet jedoch nicht, daß die Verpflichtung an sich übertragbar wäre, sondern es wird dem Verpflichteten (dem Beschwerdeführer) damit lediglich die rechtliche Möglichkeit eingeräumt, sich diesbezüglich auch der Mitwirkung eines Dritten zu bedienen, weshalb der Verpflichtete strafbar bleibt, wenn er sich nicht davon überzeugt, ob der Bote auch den Auftrag im Sinne des Gesetzes befolgt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1993, Zl. 92/02/0343). Davon, daß sich der Beschwerdeführer in irgendeiner Form hinsichtlich der Erfüllung seines Auftrages vergewissert hätte, kann schon auf Grund seines Vorbringens nicht die Rede sein.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß die belangte Behörde in diesen Fakten von der Schuldform des bedingten Vorsatzes ausgegangen sei. Abgesehen davon, daß für beide Delikte die Schuldform der Fahrlässigkeit ausreicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1981, 81/02/0128) und der Beschwerdeführer einen diesbezüglichen Entlastungsbeweis nicht erbracht hat, hatte die belangte Behörde schon auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers bei seiner ersten Einvernahme am 6. Oktober 1990 Grund zur Annahme des bedingten Vorsatzes beim Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich auch die Strafbemessung durch die belangten Behörden. Die im einzelnen verhängten Geldstrafen von S 500,-- betreffend die Übertretung nach § 7 Abs. 5 StVO 1960, S 2.000,-- betreffend die Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a leg. cit, S 3.000,-- betreffend die Übertretung nach § 4 Abs. 5 leg. cit. und S 500,-- betreffend die Übertretung nach § 36 lit. e KFG 1967 begegnen jedoch keinen Bedenken. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte bisherige Unbescholtenheit konnte schon auf Grund der - sich aus der von den belangten Behörden eingeholten Strafauskunft ergebenden - zwei Vorstrafen aus dem Jahre 1989 nicht als erwiesen angenommen werden. Was die Schätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers betrifft, haben die belangten Behörden ohnehin unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse angenommen. Es ist daher unerfindlich, inwieweit in diesem Zusammenhang ein relevanter Verfahrensmangel vorliegen soll, zumal der Beschwerdeführer keinerlei nähere Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht hat.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Vorlagenaufwand den belangten Behörden nur einmal erwachsen ist.

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992030099.X00

Im RIS seit

25.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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