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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine willkürliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs aufgrund der Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung (beabsichtigter Erwerb des Grundstückes zum Schutz einer benachbarten Quelle) iS des §4 Abs1 lita Bgld GVG; keine Verletzung der Liegenschaftserwerbsfreiheit; keine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Inanspruchnahme der EntscheidungskompetenzSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der "S Mineralwassergesellschaft mbH", die die auf dem Grundstück EZ 4549 KG Oberschützen befindliche Mineralwasserquelle "S" gepachtet hat. Er hat am 21. Mai 1990 einen Kaufvertrag über den Erwerb des streitgegenständlichen Grundstückes, EZ 4548 - ein Nachbargrundstück - abgeschlossen. Beide Grundstücke (sowie das Grundstück EZ 4547) sind durch Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland als Wasserrechtsbehörde (Zl. VI/1-1202/16-1990 vom 30. März 1990) Beschränkungen unterworfen. Insbesondere sind die genannten Grundstücke zum Schutzgebiet erklärt, und auf ihnen ist die Errichtung von Senkgruben, Düngerstätten, Aborten, Mistablagerungsstätten, das Weiden von Vieh sowie die Düngung jeglicher Art und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln untersagt worden. Außerdem wird die Aufforstung für unzulässig erklärt und ein mindestens zweimaliges Mähen pro Jahr aufgetragen.
b) Die Grundverkehrsbezirkskommission hat ihre Zustimmung zum Eigentumsübergang am Grundstück EZ 4548 mit Bescheid vom 25.Juni 1990, Zl. IX/Gr-K-43-1990, unter Berufung auf §4 Abs1 lita, b, c, d, e und f des burgenländischen Landesgrundverkehrsgesetzes, LGBl. 4/1986, (im folgenden kurz: LGVG), versagt.
2. Die Grundverkehrslandeskommission des Landes Burgenland wies die dagegen eingebrachte Berufung als unbegründet ab. Der angefochtene Bescheid wurde dahingehend abgeändert, daß dem Rechtsgeschäft die Zustimmung (lediglich) aus dem Grunde des §4 Abs1 lita und b LGVG verweigert wird. Ihre Entscheidung begründete die belangte Behörde wie folgt:
"Nach §1 Abs1 LGVG ist unter anderem die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit Zustimmung der zuständigen Grundverkehrskommission zulässig.
Nach §3 Abs1 LGVG ist eine solche Eigentumsübertragung nur zuzulassen, wenn sie dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht.
Die Grundverkehrslandeskommission erblickt die agrarpolitische Zielsetzung dieser Bestimmung darin, daß landwirtschaftliche Flächen grundsätzlich in bäuerlicher Hand verbleiben sollen.
Aus diesem Grunde sollen Personen, die aus der Landwirtschaft in Form eines bäuerlichen Betriebes ihr Haupteinkommen oder aus mittlerem oder kleinem Grundbesitz einen wesentlichen Teil ihres Einkommens schöpfen, beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke, die sie zur Aufstockung ihres Besitzstandes benötigen, vor der oft übermächtigen Konkurrenz durch Personen, die ihr Haupteinkommen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft schöpfen, geschützt werden.
In §4 Abs1 LGVG sind die Versagungsgründe beispielsweise aufgezählt; diese Tatbestände stellen sohin Spezialregelungen zur Generalklausel des §3 Abs1 LGVG dar. Nach lita leg.cit. ist die Zustimmung zu versagen, wenn das Grundstück ohne hinreichenden Grund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen oder jemandem überlassen würde, der es nicht selbst bewirtschaften wird; nach litb dann, wenn anzunehmen ist, daß das Grundstück nur zur Kapitalsanlage oder zu dem Zwecke erworben wird, um es als ganzes oder geteilt mit Gewinn weiter zu veräußern.
Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, daß das Kaufgrundstück auf Grund seiner bisherigen Ackernutzung als dem landwirtschaftlichen Betrieb gewidmet anzusehen ist.
Aus dem zitierten Bescheid des Landeshauptmannes vom Burgenland geht hervor, daß für die Bewirtschaftung der im Schutzgebiet liegenden Grundstücke nicht nur rigorose Beschränkungen auferlegt wurden, sondern daß auch ein Bewirtschaftungsgebot in Form eines mindestens zweimaligen Mähens (der anzulegenden Wiesen) ausgesprochen wurde.
Die landwirtschaftliche Nutzung des Kaufgrundstückes in Form einer Magerwiese ist daher nicht nur als möglich anzusehen, sie ist sogar vorgeschrieben.
Infolge der dinglichen Wirkung des zitierten Wasserrechtsbescheides, mit dem die genannten Grundstücke zum Schutzgebiet erklärt wurden, ist entgegen der Ansicht des Berufungswerbers ein Erwerb des Grundstückes zum Schutz der Quelle keineswegs erforderlich (wobei darauf hinzuweisen ist, daß nicht etwa die Pächterin, sondern ein Gesellschafter der Pächterin als Käufer aufgetreten ist).
Da ein Erwerb des Grundstückes zum Schutz der Quelle nicht erforderlich ist, das Grundstück bisher dem landwirtschaftlichen Betrieb gewidmet war und eine eingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich und sogar geboten ist, und der Berufungswerber nicht die Absicht hat, das Grundstück zu bewirtschaften, liegt nach Ansicht der Grundverkehrslandeskommission der Ablehnungsgrund nach §4 Abs1 lita LGVG vor; da andere wirtschaftliche Überlegungen für den Erwerb des Grundstückes durch den Gesellschafter der Pächterin sohin nicht vorliegen bzw. als nicht stichhältig anzusehen sind, ist ein Erwerb zu Spekulationszwecken nicht von der Hand zu weisen, sodaß für die Ablehnung des Kaufes auch §4 Abs1 litb LGVG heranzuziehen war."
3.a) Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter sowie die Verletzung der Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
b) Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.a) Der Beschwerdeführer behauptet, das kaufgegenständliche Grundstück unterliege überhaupt nicht den Bestimmungen des LGVG.
Wäre diese Behauptung richtig, so hätte sich die belangte Behörde eine ihr nicht zustehende Kompetenz angemaßt und damit das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Diese Beschwerdebehauptung trifft aber nicht zu:
Dem §1 Abs1 LGVG zufolge ist u.a. die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmeten Grundstück unter Lebenden nur mit Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zulässig.
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 9063/1981, 7838/1976) ist ein landwirtschaftliches Grundstück iS der Grundverkehrsgesetze ein solches, auf dem gegenwärtig Landwirtschaft auf eine für einen Landwirt signifikante Weise betrieben wird, wobei es gleichgültig ist, aufgrund welchen Rechtstitels das Grundstück derart genutzt wird.
Hier hat die belangte Behörde in einem verfassungsrechtlich unbedenklichen Ermittlungsverfahren festgestellt, daß das Kaufgrundstück in den letzten drei Jahren vor Abschluß des Kaufvertrages (Mai 1990) als Acker genutzt wurde. Eine solche Nutzung ist - ohne daß es weiter begründungsbedürftig wäre - als "landwirtschaftliche" zu qualifizieren. Das Grundstück kann auch nach dem wasserrechtlichen Bescheid des Landeshauptmannes vom 30. März 1990 (s.o. I.1.a) landwirtschaftlich, wenngleich eingeschränkt (nämlich als mindestens zweimal jährlich für Fütterungszwecke zu mähende Wiese), genutzt werden.
2.a) Die Verletzung des Gleichheitsrechtes wird vom Beschwerdeführer im wesentlichen deshalb behauptet, weil die belangte Behörde die Entscheidung leichtfertig gefällt und somit willkürlich gehandelt habe, da sie die Bereitschaft des Beschwerdeführers, die Wiese entsprechend der wasserrechtlichen Auflagen zu mähen, nicht als Bewirtschaftung im Sinne des §4 Abs1 lita leg. cit. anerkennt und in der Folge als erwiesen annimmt, daß der Beschwerdeführer das Grundstück in Spekulationsabsicht erworben hat. Außerdem meint der Beschwerdeführer, ein etwaiger anderer Erwerber (z.B. die Urbarialgemeinde Oberschützen) hätte ohne Probleme die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erhalten.
b) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Daß die angewendeten materiell-rechtlichen Bestimmungen des LGVG, nämlich der §4 Abs1 lita und b LGVG verfassungswidrig wären, wird von den Beschwerdeführern gar nicht behauptet, derartige Bedenken sind auch im Verfassungsgerichtshof nicht entstanden (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der zitierten Bestimmungen ua. VfSlg. 11768/1988). Ebensowenig wurde behauptet, daß den angewendeten Bestimmungen ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt worden wäre.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen käme eine Verletzung des Gleichheitsgebotes nur in Frage, wenn die belangte Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985).
Auch dies ist offenkundig nicht der Fall:
Die belangte Behörde geht davon aus, daß der Beschwerdeführer das Grundstück nicht selbst bewirtschaften werde. Diese Annahme stellt auch der Beschwerdeführer nicht in Zweifel; er gesteht in der Beschwerde vielmehr zu, daß er seine landwirtschaftlichen Grundstücke verpachtet habe und nicht selbst bewirtschafte.
Gemäß §4 Abs1 lita LGVG ist einem Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen, wenn das Grundstück ohne hinreichenden Grund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen oder jemandem überlassen würde, der es nicht selbst bewirtschaftet.
Die dem Schutz der auf dem Nachbargrundstück befindlichen Quelle dienenden Pflichten, die sich aus dem erwähnten wasserrechtlichen Bescheid ergeben, können auch erfüllt werden, wenn Eigentümer des kaufgegenständlichen Grundstückes jemand anderer als der Beschwerdeführer ist und die andere Person es "landwirtschaftlich" nutzt.
Es indiziert also nicht Willkür, wenn die belangte Behörde - auch unter Berücksichtigung des sich aus §3 Abs1 LGVG ergebenden Gesetzeszweckes - unter diesen Umständen zur Annahme gelangte, das Grundstück werde ohne hinreichenden Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden, weshalb der Versagungsgrund nach §4 Abs1 lita LGVG vorliege.
Da schon dieser eine Versagungstatbestand gegeben ist, braucht nicht erörtert zu werden, ob auch jener nach §4 Abs1 litb LGVG vorliegt.
Die behauptete Gleichheitsverletzung ist somit nicht erfolgt.
3. Der Beschwerdeführer rügt des weiteren die Verletzung des Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes.
Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit nur dann verletzt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen (VfSlg. 9070/1981, 10.797/1986). Dies konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.
4. Eine Verletzung weiterer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat das Verfahren nicht ergeben. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B209.1991Dokumentnummer
JFT_10089390_91B00209_00