TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/28 90/12/0276

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Veröffentlicht am 28.10.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;
72/12 Studien an den Hochschulen künstlerischer Richtung;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
KHSchOrgG §3 Abs1;
KHSchOrgG §4 Abs2;
KHStG 1983 §49 Abs4;
KHStG 1983 §49 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz vom 7. Juni 1990, Zl. 6-3, betreffend Nostrifizierung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer suchte am 27. November 1989 unter Anschluß verschiedener Beilagen bei der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz um Nostrifizierung seines an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg erworbenen Diploms der Fachrichtung Textilkunst und Flächendesign als gleichwertig mit dem österreichischen akademischen Grad "Mag. artium" der Studienrichtung Textil an.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1990 gab die belangte Behörde diesem Antrag nicht statt. Das abgeschlossene Studium in der Fachrichtung Textilkunst und Flächendesign sei nicht als gleichwertig mit dem Studienabschluß der Studienrichtung Textil an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz anzuerkennen. Zur Begründung führte die belangte Behörde folgendes wörtlich aus:

"Gemäß § 49 Abs. 4 des Kunsthochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 187/1983, idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 3/1988 (richtig wohl: 1989), hat die akademische Behörde unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Ansuchens geltenden inländischen Studienvorschriften zu prüfen, ob das ausländische Studium des Bewerbers nach Umfang, Anforderung und Inhalt als gleichwertig mit dem entsprechenden inländischen Studium anzusehen ist und ob dem Bewerber daher der akademische Grad an einer inländischen Hochschule zuerkannt werden könnte.

Nach Prüfung des von Ihnen absolvierten Studiums hat das Gesamtkollegium der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz festgestellt, daß das Schwerpunktstudium "Glasgestaltung" in der Fachrichtung Textilkunst und Flächendesign nicht beurteilt werden kann, da dieser Schwerpunkt in der Studienrichtung Textil nicht eingerichtet ist. Somit ist eine Nostrifizierung im angestrebten Sinne nicht möglich."

Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß gegen ihn eine Berufung an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zulässig sei.

Die vom Antragsteller gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 25. September 1990 mangels Zuständigkeit der angerufenen Behörde als unzulässig zurückgewiesen.

Am 9. Oktober 1990 richtete der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, dem mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0275, stattgegeben wurde. Gleichzeitig mit diesem Antrag brachte der Beschwerdeführer eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz ein, in der er Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 des Kunsthochschul-Studiengesetzes BGBl. Nr. 187/1983, kann ein von einem österreichischen Staatsbürger oder von einer anderen Person mit einem ordentlichen Wohnsitz in Österreich an einer ausländischen Hochschule oder einer solchen gleichrangigen Anstalt abgeschlossenes ordentliches Studium durch das Gesamtkollegium jener Hochschule (durch das Professorenkollegium in der Akademie der bildenden Künste), an der das entsprechende Studium eingerichtet ist, mit dem Abschluß eines in diesem Bundesgesetz geregelten ordentlichen Studiums als gleichwertig anerkannt werden (Nostrifizierung).

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die gemäß Abs. 1 zuständige akademische Behörde unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Ansuchens geltenden inländischen Studienvorschriften zu prüfen, ob das ausländische Studium des Bewerbers nach Umfang, Anforderungen und Inhalt als gleichwertig mit dem entsprechenden inländischen Studium anzusehen ist und ob dem Bewerber daher aufgrund des von ihm nachgewiesenen Studiums und der Prüfungen der akademische Grad (§ 45 Abs. 1 leg. cit.) an einer inländischen Hochschule zuerkannt werden könnte. Nach Abs. 5 leg. cit. (2. und 3. Satz idF der Novelle, BGBl. Nr. 3/1989), hat die gemäß Abs. 1 zuständige akademische Behörde mit Bescheid die Bedingungen festzulegen, von deren Erfüllung die Nostrifizierung abhängig gemacht wird, wenn mehrere Voraussetzungen nicht zutreffen. Dem Bewerber kann aufgetragen werden, durch ein oder mehrere Semester als außerordentlicher Hörer zu inskribieren, die positive Beurteilung der Teilnahme an bestimmten Lehrveranstaltungen nachzuweisen und sich einzelner der für die Erlangung des angestrebten akademischen Grades im Inland vorgeschriebenen Prüfungen ganz oder zum Teil zu unterziehen. Die Vorschreibung der Prüfungen kann auch ohne Verpflichtung der Inskription erfolgen.

Gemäß § 22 Abs. 1 lit. d des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes (KHSchOrgG), BGBl. Nr. 54/1970, umfaßt der autonome Wirkungsbereich des Gesamtkollegiums unter anderem die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade.

Dem Gesamtkollegium kommt auf Grund seiner organisatorischen Stellung die Funktion einer obersten akademischen Behörde in Angelegenheiten der ihm nach dem Gesetz zugewiesenen Aufgaben des autonomen Wirkungsbereiches zu (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0275). Gemäß Artikel II Abs. 2 lit. B Z. 31 EGVG (BGBl. Nr. 50/1991; vor der Wiederverlautbarung - Artikel II Abs. 2 lit. C Z. 28) findet das AVG auf das behördliche Verfahren der Organe der Kunsthochschulen Anwendung (vgl. im übrigen auch § 4 Abs. 3 bis Abs. 5 KHSchOrgG, die offenkundig von der Anwendbarkeit des AVG ausgehen).

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach der Anordnung des § 58 Abs. 2 AVG 1950 sind Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, zu begründen. Gemäß § 60 AVG 1950 sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Aus der Begründung eines Bescheides muß demnach erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, als welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde den festgestellten Sachverhalt nach einem bestimmten Tatbestand beurteilt.

Diesen an die Begründung eines Bescheides gestellten gesetzlichen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.

Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde zutreffend geltend gemacht hat, läßt sich dem angefochtenen Bescheid der maßgebliche Sachverhalt nicht entnehmen. Die belangte Behörde führte lediglich an, daß das Schwerpunktstudium "Glasgestaltung" in der Fachrichtung Textilkunst und Flächendesign nicht beurteilt werden könne, da dieser Schwerpunkt in der Studienrichtung "Textil" nicht eingerichtet sei. Diese (schon rechtliche Wertungen miteinschließende) Feststellung ermöglicht mangels jeglicher Darlegung über die konkreten Studien - bzw. Lehrinhalte (der zu vergleichenden Studien) keine Prüfung der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der § 49 Abs. 4 oder 5 KHStG gegeben sind oder nicht (vgl. dazu z.B. das zur vergleichbaren Bestimmung des § 40 AHStG ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1988, Zl. 87/12/0088). In der Gegenschrift kann die erforderliche Begründung nicht nachgeholt werden.

Daraus folgt, daß einerseits infolge fehlender Sachverhaltsfeststellung der angefochtene Bescheid ergänzungsbedürftig geblieben ist, andererseits die belangte Behörde Verfahrensvorschriften über die Begründungspflicht außer acht gelassen hat, bei deren Einhalt sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren, die nach dem Gesetz nicht zu entrichten waren. (Vergebührung jeder Beschwerde ohne Rücksicht auf ihren Umfang a S 120,--).

Schlagworte

Begründung Allgemein Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990120276.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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