Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des EE in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. April 1993, Zl. SD 166/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen philippinischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 5 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. Juli 1992 rechtskräftig wegen des Vergehens der versuchten Schlepperei (nach § 15 StGB, § 14a Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden sei. Nach dem Inhalt der in den Verwaltungsakten erliegenden gekürzten Urteilsausfertigung hätten der Beschwerdeführer und zwei Mittäter am 1. März 1992 in Gmünd versucht, "im einverständlichen Zusammenwirken um ihres Vorteiles willen gewerbsmäßig (§ 70 StGB) Schlepperei zu begehen oder an jener mitzuwirken und damit die gemeinsame rechtswidrige Einreise von mehr als fünf Fremden zu fördern, indem sie sich mit einem Kleinbus und einem PKW in Gmünd trafen und dort nach einer Gruppe von 11 philippinischen Staatsangehörigen, die die österreichische Staatsgrenze überquert und sich zur Abholung bereithielten, suchten, um jene aufnehmen und gemeinsam nach Wien zu bringen; die Vollendung der Tat ist nur deshalb unterblieben, weil sie vor Zusammentreffen mit jener Gruppe von einer Zollwache- und Gendarmeriestreife angehalten und zum Gendarmerieposten Gmünd gebracht wurden." Es bestehe ein eminentes öffentliches Interesse daran, die Schlepperei mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu unterbinden. Im Beschwerdefall seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG und jene des § 18 Abs. 1 leg. cit. gegeben. In Übereinstimmung mit § 19 FrG sei aber auch der Entzug der Aufenthaltsberechtigung trotz des zweifellos gegebenen Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers zulässig. Auf Grund der vom Beschwerdeführer begangenen Tat müsse davon ausgegangen werden, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegen würden, als die - bedeutsamen - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Dem habe der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen gehabt, selbst wenn man entsprechend seinem Vorbringen davon ausgehe, daß er sich seit dem Jahre 1986 in Österreich aufhalte und hier mit seiner Ehegattin und seinem bereits in Wien geborenen Sohn lebe (drei weitere Kinder des Beschwerdeführers lebten aber nach wie vor in seinem Heimatstaat) und voll integriert sei.
Über die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem mit Beschluß vom 21. Juni 1993, B 1100/93, abgelehnte und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Unbestritten ist, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG auf Grund der der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Tat verwirklicht ist. Wenn der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, nicht begründet zu haben, warum auf Grund dieser "bestimmten Tatsache" die in § 18 Abs. 1 (näherhin Z. 1) umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, übersieht er die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, mit denen die belangte Behörde das eminente öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Schlepperei hervorgehoben hat. In diesem Zusammenhang sei außer auf das schon von der belangten Behörde angeführte hg. Erkenntnis vom 11. November 1991, Zl. 90/19/0447, auch auf das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1992, Zl. 92/18/0304, verwiesen, demzufolge einer gerichtlich zu ahndenden Schlepperei - wie sie im Falle des Beschwerdeführers vorliegt - ein noch höherer Unwertgehalt als einer lediglich als Verwaltungsübertretung zu ahndenden Schlepperei zukomme. Daß über den Beschwerdeführer nur eine bedingte Strafe verhängt wurde, hindert entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht die Berechtigung der Annahme im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG. Abgesehen davon, daß die für eine solche Annahme erforderlichen Voraussetzungen nicht mit denen des § 43 StGB für die bedingte Strafnachsicht ident sind, kommt die der Gewährung einer bedingten Strafnachsicht zugrundeliegende Annahme des Gerichtes, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken, gegenüber der zur Entscheidung über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zuständigen Behörde keine bindende Wirkung zu.
Auf Grund des Gewichtes der hier maßgebenden öffentlichen Interessen (vgl. die oben angeführten hg. Erkenntnisse) ist der belangten Behörde auch darin beizutreten, daß der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung begegnet keinen Bedenken. Trotz der gewiß erheblichen nachteiligen Folgen des Aufenthaltsverbotes für den Beschwerdeführer und seine Familie kann angesichts des mit Recht als besonders groß veranschlagten Gewichtes der maßgebenden öffentlichen Interessen nicht gesagt werden, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1992, Zl. 92/18/0304). Der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, daß seine Gattin und eines seiner Kinder österreichische Staatsbürger seien, vermag daran nichts Entscheidendes zu ändern. Daß - wie der Beschwerdeführer vorbringt - "sämtliche Lebensinteressen der Familie E" in Österreich lägen, trifft insofern nicht zu, als drei weitere Kinder des Beschwerdeführers und seiner Gattin im Heimatstaat des Beschwerdeführers leben. Warum die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zur Folge hätte, daß dessen Gattin nunmehr allein für den Unterhalt der vier Kinder aufzukommen hätte, ist nicht einsichtig, kann doch der Beschwerdeführer seiner Unterhaltspflicht auch von einem anderen Land als von Österreich aus nachkommen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 1992, Zl. 92/18/0367).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180305.X00Im RIS seit
11.07.2001