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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 14. Dezember 1989, Zl. 30895-3/89, betreffend Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezieht als Geschäftsleiter einer Bank Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung machte er Aufwendungen für sein im Wintersemester 1984/85 an der Universität Innsbruck begonnenes Studium der Studienrichtung Rechtwissenschaften in Höhe von S 40.557,-- (Kilometergelder in Höhe von S 32.418,-- und Tagesgelder in Höhe von S 8.139,--) als Werbungskosten geltend.
Im Einkommensteuerbescheid wurden die genannten Aufwendungen nicht als Werbungskosten, sondern gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1972 mit dem Höchstbetrag von S 12.000,-- als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, weil nicht Berufsfortbildung, sondern Berufsausbildung vorliege.
In der Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, die geltend gemachten Aufwendungen seien Fortbildungskosten. Er leite eine Bank mit neun Angestellten. Nach dem vom Fachverband dieses Bankensektors erarbeiteten Anstellungsprofil für Geschäftsleiter sei ab zehn Angestellten ein Akademiker erwünscht. Um dieser Anforderung zu entsprechen und die bisherige Position beibehalten zu können, sei das Studium notwendig.
In der mündlichen Berufungsverhandlung ergänzte der Beschwerdeführer, er sei 46 Jahre alt, die Ausbildung für einen anderen juristischen Beruf komme für ihn daher nicht mehr in Frage.
Die belangte Behörde gab der Berufung keine Folge. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung an, die Ausbildung an einer Universität sei auch dann als Fortbildung anzusehen, wenn sie neben einem bereits ausgeübten Beruf erworben werden, weil das vermittelte Wissen Grundlage für eine Vielzahl verschiedener Berufe darstelle. Dies gelte unabhängig vom Lebensalter des Studierenden. Es sei keine Vorschrift erkennbar, nach der die Leitung selbst einer Großbank zwingend einem Akademiker übertragen werden müßte. Das vom Beschwerdeführer eingewendete Anforderungsprofil für Geschäftsleiter gehe über den Charakter einer bloßen Empfehlung nicht hinaus.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde und macht sowohl Rechswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, in "Die Einkommensteuer EStG 1988", Kommentar, § 20 Tz 5, Stichwort "Ausbildungskosten-Fortbildungskosten", und Doralt, EStG, 2. Auflage, § 16 Tz 220, Stichwort "Fortbildung", und die dort angeführte hg. Judikatur) zählen Aufwendungen für die berufliche Fortbildung zu den Werbungskosten, nicht jedoch Aufwendungen für die Berufsausbildung. Während die berufliche Fortbildung der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dient, dient die Berufsausbildung der Erlernung eines Berufes. Aufwendungen für die berufliche Fortbildung sind indes nicht nur dann Werbungskosten, wenn ohne sie eine konkrete Gefahr für die berufliche Stellung oder das berufliche Fortkommen bestünde oder durch sie ein konkret abschätzbarer Einfluß auf die gegenwärtigen oder künftige Einkünfte gegeben wäre. Dem Wesen einer die Berufschancen erhaltenden oder verbessernden Berufsfortbildung entsprechend muß es vielmehr genügen, wenn die Aufwendungen an sich - auch ohne zunächst konkret erkennbare Auswirkungen auf die Einkünfte - geeignet sind, im bereits ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Ausbildungskosten zählen zu den Kosten der privaten Lebensführung im Sinne des § 20 EStG.
Ein Hochschulstudium dient nun in der Regel nicht der Berufsfortbildung, sondern der Berufsausbildung. Das hiebei vermittelte Wissen ist nämlich eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe und dient nicht nur der spezifischen fachlichen Weiterbildung eines vom Studierenden bereits ausgeübten Berufes (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1993, 93/15/0065).
Auch im Beschwerdefall geht das Studium des Beschwerdeführers an der Universität Innsbruck über die bloße Fortbildung der im bisherigen Beruf erworbenen Kenntnisse weit hinaus. Durch den Abschluß dieses Studiums würde eine neue Grundlage für die sodann akademische und nicht auf den derzeitigen Beruf des Beschwerdeführers beschränkte Berufstätigkeit geschaffen. Nicht wesentlich ist in diesem Zusammenhang, ob der Beschwerdeführer diese andere Berufstätigkeit künftig tatsächlich ausüben wird oder auszuüben beabsichtigt. Die durch die akademische Ausbildung erweiterten Lebenschancen, denen auch der intellektuelle Gewinn an sich zuzurechnen ist, liegen außerhalb der Sphäre der gegenständlichen Einkunftsquelle; sie überragen die Bedeutung des Studiums für das aus dieser Einkunftsquelle entspringende Fortkommen dermaßen, daß sie dieser - mangels Teilbarkeit - nicht zurechenbar sind. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, in Anbetracht seines Lebensalters sei das Umsteigen auf klassische Juristenberufe (Notar, Rechtsanwalt, Beamter) kaum möglich, ist schon deshalb nicht geeignet, das Vorliegen von Aufwendungen der privaten Lebensführung im Sinne des § 20 EStG zu widerlegen. Außerdem bestreitet der Beschwerdeführer nicht, daß ihm aus der breiten Palette der für Juristen möglichen Tätigkeiten weitere Berufsmöglichkeiten offen stünden.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, das Studium würde seine Berufschancen im derzeit ausgeübten Beruf als Geschäftsleiter einer Bank verbessern. Der Umstand allein, daß der erfolgreiche Abschluß des Studiums für das berufliche Fortkommen vorteilhaft sein kann, vermag aber an der Beurteilung als Ausbildung nichts zu ändern, weil jede gediegene Ausbildung geeignet ist, die Chancen im (künftigen) Berufsleben zu verbessern, ohne deswegen die Eigenschaft einer Ausbildung zu verlieren (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, 90/14/0244).
Das Universitätsstudium des Beschwerdeführers wurde daher von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht nicht als Berufsfortbildung beurteilt.
Als Verfahrensrüge bringt der Beschwerdeführer vor, es hätten Erhebungen über die für den ausgeübten Beruf erforderlichen Kenntnisse und - mittels berufskundlicher Gutachten - über den vom Arbeitsmarkt im Hinblick auf die ausgeübte Berufstätigkeit erwarteten Ausbildungsstandard eingeholt werden müssen. Derartige Erhebungen waren aber nicht erforderlich, weil die belangte Behörde nicht in Abrede stellte, daß das Universitätsstudium dem beruflichen Fortkommen des Beschwerdeführers im derzeitigen Beruf förderlich ist. Dies ändert allerdings nichts daran, daß ein Universitätsstudium eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe ist. Berufsausbildung fällt selbst dann in den Bereich der privaten Lebensführung, wenn sie für einen bestimmten Beruf unabdingbar ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1990, Zl. 89/14/0171).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990140040.X00Im RIS seit
12.02.2002